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LG Frankfurt: Testkäufer darf sich in Bewertung nicht als normaler Kunde ausgeben

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Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Einem aktuellen Beschluss des Frankfurter Landgerichts nach, dürfen Testkäufer, die nach abgebrochener Transaktion eine Bewertung der Ware im Internet abgeben, nicht so tun, als seien sie „normale“ Kunden und von der Transaktion enttäuscht gewesen.

Testkäufe sind im Allgemeinen zulässig. Allerdings darf nicht der Eindruck entstehen, ein „normaler“ Verbraucher habe die entsprechende Evaluierung des Produkts abgegeben, und der Verkauf sei grundlos abgebrochen worden.

Böses Blut und böse Bewertungen

Im Vorfeld der Entscheidung hatte ein Unternehmern eBay gewerblich Klimaanlagen und ähnliche Waren zum Verkauf angeboten. Nachdem dies entdeckt hatte, dass eine ihr nicht allzu wohlgesonnene Person eines ihrer Geräte erstanden hatte, wurde der Handel ihrerseits abgebrochen. Dass ihr Misstrauen berechtigt war, zeigte sich nur wenig später. Kurz nach Einstellung des Verkaufs erschien auf der eBay-Seite eine Bewertung mit folgenden Inhalt:

Kauf abgebrochen von Verkäufer, Verkäufer nahm hierzu KEINE Stellung!

Im weiteren Verlauf kam darüber hinaus ans Tageslicht, dass der Käufer tatsächlich von der – vermeintlichen – Konkurrenz dazu beauftragt worden war, das besagte Gerät nur zum Schein zu kaufen. Hierdurch sollte ein Verstoß gegen ein gerichtliches Unterlassungsverbot bewiesen werden. Nachdem der (Schein)-Käufer erfolgslos abgemahnt und zur Abgabe einer Unterlassungserklärung aufgefordert worden war, stellte die Betroffenen einen Eilantrag vor dem Frankfurter Landgericht.

Käuflicher Scheinkäufer erscheint als unscheinbarer Käufer

Die Antragsstellerin argumentierte gegenüber der Kammer wie folgt: Ein Anspruch auf die Unterlassung der Bewertung ergebe sich grundsätzlich aus den §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB in Verbindung mit Art. 2 Abs. 1 GG. Ein solcher besteht, wenn das allgemeine Persönlichkeitsrecht verletzt wird, welches auch den Schutz der sozialen Anerkennung und der Berufsehre umfasst.

Davon sei im vorliegenden Fall auch auszugehen, denn im Rahmen einer fundierten Abwägung überwiege letztlich das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Antragstellerin das der Meinungsfreiheit der Gegenseite. Zwar handele es sich bei der getätigten Aussage für sich genommen um Fakten, da der Kauf tatsächlich ohne weitergehende Begründung abgebrochen worden war. Auch an der grundsätzlichen Zulässigkeit von Testkäufen bestünden keine Zweifel. Allerdings werde durch die abgegebene Bewertung der Eindruck vermittelt, es habe sich hier um eine gewöhnliche Kundenbestellung gehandelt. Gegenüber anderen Nutzer werde daher suggeriert, die Transaktion sei gänzlich grundlos und damit auch zur Verwunderung des Käufers eingestellt worden. Dies sei aber gerade nicht der Fall, da – wie dargestellt – der Kauf nur zum Schein durchgeführt und letztlich deshalb auch gestoppt wurde. Aus diesem Grund liege der Äußerung im Endeffekt ein unwahrer Tatsachenkern zugrunde, weswegen im Rahmen der Interessenabwägung die Meinungsfreiheit im Ergebnis zurückzutreten habe.

Darüber hinaus vertrat die Antragstellering die Auffasung, dass „Fake“-Bewertungen wie im vorliegenden Fall einen Verstoß gegen § 4 Nr. 1,2 und 4 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb darstellen. In der Vorschrift heißt es:

Unlauter handelt, wer

1. die Kennzeichen, Waren, Dienstleistungen, Tätigkeiten oder persönlichen oder geschäftlichen Verhältnisse eines Mitbewerbers herabsetzt oder verunglimpft;

2. über die Waren, Dienstleistungen oder das Unternehmen eines Mitbewerbers oder über den Unternehmer oder ein Mitglied der Unternehmensleitung Tatsachen behauptet oder verbreitet, die geeignet sind, den Betrieb des Unternehmens oder den Kredit des Unternehmers zu schädigen, sofern die Tatsachen nicht erweislich wahr sind;

3. (…)

4. Mitbewerber gezielt behindert.

Der Antrag vor dem Landgericht war im Ergebnis vollumfänglich erfolgreich. Die Kammer schloß sich der Argumentation der Anstragstellerin an, und verpflichtete die Gegenseite zur Unterlassung der Bewertung auf eBay (LG Frankfurt, Beschluss v. 07.09.2020, Az. 2-03 O 316/20). So hätte seitens des Verfassers jedenfalls darauf hingewiesen werden müssen, dass er sowohl zum Kauf als auch zur Abgabe der Evaluierung beauftragt worden war. In dessen Verhalten sei außerdem ein Verstoß gegen die eBay-Grundsätze zu sehen. Diese untersagen das Erwerben von Artikeln ohne echte Kaufabsicht mit dem einzigen Ziel, letztlich lediglich eine negative Bewertung abzugeben.

Fazit

Grundsätzlich sind Testkäufe zulässig, und im Sinne einer Qualitätssicherung mitunter auch notwendig. Nicht zulässig sind indes spätere Bewertungen, die den Eindruck eines „normalen“ Einkaufs vermitteln, wenn dadurch suggeriert wird, der Handel sei grundlos abgebrochen worden.

Im Übrigen können negative Bewertungen im Internet für Unternehmer weitreichende Folgen bis hin zu existenzbedrohenden Umsatzeinbußen nach sich ziehen. Dies gilt nicht nur für eBay, sondern auch im Rahmen anderer Portale, auf denen der Verbraucher seine Erfahrungen teilen kann. Umso wichtiger ist es, sich gegen ungerechtfertigte Beiträge effektiv zu wehren. Umfassende Beratung zu dieser Thematik finden Sie daher hier:

(Offenlegung: Die Antragsstellerin wurde im vorliegenden Verfahren durch unsere Kanzlei vertreten.)

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