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Geschäftsführerhaftung für Wettbewerbsverstöße

6 Dinge, die jeder CEO wissen muss

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Wer haftet für Wettbewerbsverstöße? Nur die Gesellschaft oder auch ihr zur gesetzlichen Vertretung berufene Geschäftsführer? Für Mitbewerber ist diese Frage von höchstem Interesse. Sie tragen schließlich das Insolvenzrisiko. Ein weiterer Schuldner ist daher stets von Vorteil.

Die Geschäftsführerhaftung für UWG-Verstöße beschäftigt den Bundesgerichtshof (BGH) seit Jahrzehnten. Die folgende Themenseite klärt über die aktuelle Rechtslage auf. Zu diesem Zweck wird die Entwicklung der BGH-Rechtsprechung skizziert.

Früher: Haftung bereits bei Kenntnis und Untätigkeit

Im Jahr 1963 entschieden die obersten Zivilrichter, dass Geschäftsführer für Wettbewerbsverstöße ihrer Gesellschaft haften, wenn sie die Rechtsverletzung selbst begangen oder in Auftrag gegeben haben (BGH, Urteil vom 19. Juni 1963, Az. Ib ZR 15/62 – Verona-Gerät).

Diese recht großzügige Rechtsprechung wurde im Jahre 1985 verschärft. Damals entschied der BGH, dass Gesellschafter bereits dann haften, wenn sie den Wettbewerbsverstoß gekannt und nicht verhindert haben (BGH, Urteil vom 26. September 1985, Az. I ZR 86/83 – Sporthosen). Hintergrund der Haftungsverschärfung war die Einführung einer Störerhaftung im UWG.

Im Jahre 2010 gab der Bundesgerichtshof die Störerhaftung im UWG auf (BGH, Urteil vom 22. Juli 2010, Az. I ZR 139/08 – Kinderhochstühle im Internet). Dies zwang den BGH in einem wegweisenden Urteil dazu, seine Haftungsverschärfung wieder aufzugeben:

Heute: Bloße Kenntnis des Wettbewerbsverstoßes genügt nicht mehr

Die bloße Kenntnis des Wettbewerbsverstoßes reicht nach einem Grundsatzurteil des BGH vom 18. Juni 2014 nicht mehr aus, um die Haftung des Geschäftsführers zu begründen (BGH, Urteil vom 18. Juni 2014, Az. I ZR 242/12 – Geschäftsführerhaftung).

Haftung bei positivem Tun oder Garantenstellung

Eine persönliche Haftung des Geschäftsführers bestehe nur, wenn er entweder durch positives Tun beteiligt war oder wenn er die Wettbewerbsverstöße aufgrund einer Garantenstellung hätte verhindern müssen. Letztere werde nach allgemeinen Grundsätzen des Deliktsrechts begründet. Erforderlich sei, dass der Wettbewerbsverstoß auf einem Verhalten beruhe, das nach seinem äußeren Erscheinungsbild und mangels abweichender Feststellungen dem Geschäftsführer anzulasten sei.

Beispiele für eine Geschäftsführerhaftung

Der BGH nennt in seinem Urteil Beispiele, für die er eine Haftung des Geschäftsführers grundsätzlich bejaht. Es handelt sich stets um Situationen, in der ein möglicher Wettbewerbsverstoß typischerweise durch den Geschäftsführer erfolgt. Die folgende Aufzählung ist vor diesem Hintergrund nicht als abschließend anzusehen:

  • rechtsverletzende Benutzung einer bestimmten Firmierung,
  • allgemeiner Werbeauftritt eines Unternehmens,
  • allgemeine Konzept einer Kundenwerbung eines Unternehmens,
  • Inhalt einer Presseerklärung eines Unternehmens, in der der Geschäftsführer selbst zu Wort kam und
  • allgemeiner Internetauftritt des Unternehmers

Haftung auch bei wettbewerbsrechtlicher Verkehrspflicht

Darüber hinaus bejaht der BGH auch eine Haftung bei einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht. Eine solche liege beispielsweise vor, wenn der Geschäftsführer sich bewusst der Möglichkeit entziehe, Kenntnis von etwaigen Wettbewerbsverstößen in seinem Unternehmen oder von beauftragten Drittunternehmen zu erhalten. Denn in diesem Fall könne er keinen Einfluss ausüben, um den Wettbewerbsverstoß zu verhindern. Anerkannt ist in der Rechtsprechung der Fall, dass sich der Geschäftsführer dauerhaft im Ausland befindet.

Aufgrund einer eigenen wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht haftet der Geschäftsführer nach Ansicht des BGH ferner dann, wenn er ein auf Rechtsverletzungen angelegtes Geschäftsmodell selbst ins Werk gesetzt habe.

Selbiges gilt, wenn der Geschäftsführer gegenüber Dritten persönlich eine Erfolgsabwendungspflicht übernommen habe, die über die Pflichten hinausgehe, die ihm gegenüber der Gesellschaft obliegen.

Es reicht hingegen nicht aus, wenn sich ein beauftragter Subunternehmer rechtswidrig verhalte. Denn die Auslagerung von Tätigkeiten auf andere Unternehmen sei eine wettbewerbsrechtlich grundsätzlich unbedenkliche Unternehmensentscheidung, die nicht per se als Gefahrenquelle für Wettbewerbsverstöße angesehen werden könne, so der BGH. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn der Geschäftsführer mit einem wettbewerbswidrigen Verhalten rechnen muss oder wettbewerbswidrige Anweisungen erteilt.

Praxistipp beim Erhalt einer Abmahnung

Sollten Sie als Geschäftsführer eine Abmahnung erhalten haben, sollten Sie zunächst prüfen, ob eine Haftung aufgrund der dargestellten Grundsätze in Betracht kommt. Es besteht die Chance, dass sich der Abmahnende noch an der alten Rechtsprechung orientiert.

Bereits abgegebene Unterlassungserklärungen können aufgrund der Rechtsprechungsänderung des BGH möglicherweise angegriffen werden.

Sollten Sie eine strafbewährte Unterlassungserklärung abgegeben haben und anschließend gegen die übernommene Verhaltenspflicht verstoßen haben, wird der Verstoß der Gesellschaft über § 31 BGB zugerechnet. Ungeachtet dessen muss in der Praxis aufgrund eines weiteren BGH-Urteils nur eine Vertragsstrafe gezahlt werden (BGH, Urteil vom 8. Mai 2014, Az. I ZR 210/12 – fishtailparka). Für diese haften die Gesellschaft und der Geschäftsführer als Gesamtschuldner.

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