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BGH-Entscheidung zur Haftung von Videoportalen und Sharehosting-Plattformen

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Haftung Urheberrecht Videoportale
Andreas Gruhl – stock.adobe.com

Wie gut, dass wir den BGH haben! Denn dieses höchste Zivilgericht der deutschen Rechtsordnung kann lange schwelende, lodernde oder schon licherloh brennende Konflikte verbindlich klären.

Getrennte Verfahren, geteilte Linie

So wie am 2. Juni 2022, als der Gerichtshof in mehreren Verfahren entschied, dass Videoplattformen wie YouTube und Sharehoster wie uploaded für Urheberrechtsverletzungen durch von Nutzern hochgeladene Inhalte haften können (BGH, Urteile v. 02.06.2022, YouTube – Az.: I ZR 140/15, uploaded – Az.: I ZR 53/17 et al.).

Videoportal YouTube haftet als Täter

In dem YouTube-Verfahren ging es um eine Sängerin, von der sowohl privat mitgeschnittene Konzertauftritte als auch Musikstücke aus Studioalben auf der Videoplattform abrufbar waren. Ihr Produzent hat diese Urheberrechtsverletzungen vor Gericht gebracht und auf Unterlassung, Auskunftserteilung und Feststellung der Schadensersatzpflicht seitens YouTube geklagt. Der Fall ging durch die Instanzen, wobei Produzent und Musikerin teilweise Recht bekamen. Sie wollten aber mehr und gingen in Revision.

Der BGH entschied nun, dass Youtube eine Unterlassungspflicht für alle Videos trifft (die Vorinstanzen hatten zwischen Konzert und Studioalbum einen Unterschied gemacht bzw. auch dort nur bei einigen Titeln einen Unterlassungsanspruch erkannt). Zugleich sei Youtube nicht verpflichtet, die E-Mail-Adressen der Nutzer preiszugeben (die Vorinstanzen sahen hier eine Pflicht zur Auskunftserteilung). Der BGH stellte in seinem Urteil fest, dass der Betreiber eines Videoportals, also: Youtube, jedoch verpflichtet sei, nach Hinweis auf eine Urheberrechtsverletzung umgehend für eine Sperrung der Inhalten zu sorgen, durch deren Veröffentlichung Urheberrechte verletzt wurden. Tut er es nicht, haftet er nicht nur als Störer, sondern als Täter, so der BGH, der damit neuere europarechtliche Regelungen verbindlich macht.

Sharehoster uploaded ebenfalls

Ein noch strengeres Urteil trifft Sharehosting-Plattformen. Hier braucht es keinen gezielten Hinweis seitens geschädigter Rechteinhaber, hier reicht bereits die „allgemeine Kenntnis von der Verfügbarkeit von Nutzern hochgeladener rechtsverletzender Inhalte“ als hinreichender Grund für die Unterlassungspflicht. Der Plattformbetreiber wird bei fortgesetzter Duldung der urheberrechtsverletzenden Inhalte so behandelt, als hätte er diese selbst online gestellt. Die Begründung der BGH: Das Geschäftsmodell der Sharehosting-Plattformen motiviere geradezu die User zur rechtswidrigen Veröffentlichung geschützter Inhalte.

Mit zahlreichen Verfahren ist der Sharehosting-Dienst uploaded in den letzten Jahren überzogen worden. Geklagt hatten Verlage, Musikproduzenten, die GEMA und ein Filmunternehmen. Auch hier ging es um Unterlassung, Auskunftserteilung und Schadensersatz. Die Klagen wurden in den Vorinstanzen abgewiesen bzw. uploaded nur eine Störerhaftung auferlegt, aus der sich die Unterlassungpflicht ableitet. Der BGH sah das nun anders und gab der Revision seitens der Kläger statt. Analog zu den Videoportalen erkannten die Karlsruher Richter auch für Sharehosting-Plattformen weitgehende Unterlassungspflichten, die darin bestehen, bei Kenntnisnahme einer Urheberrechtsverletzung unverzüglich die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um den Zugang zu den entsprechenden Inhalten zu verhindern. Zudem müsse uploaded generell Urheberrechtsverletzungen hinreichend effektiv entgegenwirken – und nicht umgekehrt dazu verleiten.

Der Beitrag stammt von unserem freien Autor Josef Bordat. Er ist Teil unserer Reihe “Berichte aus der Parallelwelt”. Dort werfen Autoren aus anderen Fachbereichen einen Blick auf die Rechtswissenschaft in Theorie und Praxis. Die Beiträge betrachten, anders als unsere sonstigen Fachbeiträge Begebenheiten und Rechtsfälle daher auch nicht juristisch, sondern aus einem völlig anderen Blickwinkel. Aus welchem, das soll der Beurteilung der Leser überlassen bleiben. Interessant wird es, wie wir meinen, allemal.

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