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Focus Markenrecht
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Kosten der Rechtsverfolgung

Wer zahlt wann wieviel?

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Soll ein Rechtsverletzer abgemahnt oder verklagt werden, stellt sich regelmäßig die Frage, ob die Vorteile - bspw. der Erhalt eines Unterlassungstitels gegen den Mitbewerber - den Nachteilen einer rechtlichen Auseinandersetzung - bspw. das Kostenrisiko aufgrund des ungewissen Ausgangs des Prozesses - überwiegen. Dabei ist von entscheidender Bedeutung, welche Prozesskosten entstehen und ob diese auf die gegnerische Seite abgewälzt werden können.

Regelmäßig scheuen Unternehmer rechtliche Auseinandersetzungen aus Sorge davor, auf den Kosten der Streitigkeit sitzenzubleiben. Dies liegt oft daran, dass das Wissen darüber fehlt, bei wem die Kosten einer rechtlichen Auseinandersetzung anfallen. Dieses Wissen ist aber gerade essentiell, um beurteilen zu können, ob eine rechtliche Auseinandersetzung wirtschaftlich ist. Um Unternehmer hierbei zu unterstützen, klären wir über wesentliche Grundsätze des Kostenrechts auf und gehen insbesondere auf die Rechtsanwaltsvergütung ein.

Kosten einer rechtlichen Auseinandersetzung

Bei einer rechtlichen Auseinandersetzung können unterschiedliche Kosten entstehen. Diese teilen sich grundsätzlich in Prozesskosten und vorgerichtliche Kosten auf.

Prozesskosten

Für die Berechnung von Prozesskosten ist zunächst die Differenzierung zwischen außergerichtlichen Kosten und Gerichtskosten notwendig.

Berechnung von Gerichtkosten nach Maßgabe des GKG

Gerichtskosten sind grundsätzlich diejenigen Kosten, die dem Gericht infolge seiner Inanspruchnahme entstehen. Sie werden nach Maßgabe des Gerichtskostengesetz (GKG) berechnet und teilen sich in Gebühren und Auslagen auf.

Gebühren

Gebühren werden durch das Gericht infolge der Inanspruchnahme seiner Leistungen erhoben, um entstandene Kosten in gewissem Umfang zu kompensieren.

Beispiel: Gebühren entstehen etwa infolge der Tätigkeit von Richtern, Rechtspflegern oder Justizwachtmeistern.

Bei den Gebühren wird nicht jede einzelne Tätigkeit abgerechnet. Nach § 3 GKG in Verbindung mit dem Kostenverzeichnis (KV) der Anlage 1 zum GKG werden Gebühren pauschal für gewisse Tätigkeiten erhoben. Dabei hat der Kläger grundsätzlich zum Zeitpunkt der Klageerhebung einen Gerichtkostenvorschuss zu leisten, § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GKG. Solange dieser nicht geleistet wird, wird das Gericht die Klage dem Beklagten nicht zustellen, § 12 Abs. 1 Satz 1 GKG.

Beispiel: Der Kläger erhebt erstinstanzlich Klage auf Schadensersatz in Höhe von € 30.000, – wegen einer Verletzung seines Markenrechts. Nach Nr. 1210 KV der Anlage 1 GKG hat der Kläger die dreifache Streitwertgebühr nach Maßgabe der Anlage 2 des GKG (zu § 34 GKG) mit Einreichung der Klage zu leisten: Der Streitwert beträgt € 30.000, -, woraus sich aus Anlage 2 des GKG eine Gerichtsgebühr in Höhe von € 406, – ergibt. Diese Gebühr ist nach Maßgabe der Nr. 1210 KV der Anlage 1 des GKG drei Mal zu entrichten. Insofern hat der Kläger zunächst den Betrag in Höhe von € 1.218, – an das Gericht zu leisten (Gerichtskostenvorschuss).

Hinweis: Kann eine Partei diese Gerichtskosten nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht oder nur teilweise aufbringen, kann die Partei Prozesskostenhilfe beantragen, vergleiche §§ 114 Abs. 1 Satz 1, 117 ZPO. Dazu muss der Rechtsstreit hinreichende Aussicht auf Erfolg bieten und er darf nicht mutwillig erscheinen. Wird Prozesskostenhilfe gewährt, so trägt grundsätzlich die Bundes- oder Landeskasse die Gerichts- und Gerichtsvollzieherkosten, § 122 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) ZPO.

Beiträge zum Thema Prozesskostenhilfe:

Auslagen

Auslagen betreffen demgegenüber alle dem Gericht zu erstattenden Aufwendungen.

Beispiele: Dem Gericht entstehen Kosten infolge der Vernehmung von Zeugen (Zeugenentschädigung), für die Beauftragung gerichtlicher Sachverständiger, für die Herstellung und Überlassung von Dokumenten und die Zustellung von Schriftsätzen, etc. Diese Kosten werden zunächst aus der Gerichtskasse gezahlt. Im Anschluss lässt sich das Gericht die Auslagen zurückerstatten.

Die für die jeweilige Tätigkeit zu entrichtenden Beträge sind den Nrn. 9000 ff. der Anlage I der KV GKG zu entnehmen.

Beispiel: Die Versendung einer Akte durch das Gericht wird nach Nr. 9003 der Anlage I der KV GKG mit einer Pauschale in Höhe von € 12, – berechnet.

Berechnung der außergerichtlichen Kosten nach Maßgabe des RVG

Außergerichtliche Kosten sind vor allem die Rechtsanwaltskosten, die sich nach Maßgabe des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) berechnen sowie die sonstigen Kosten der Partei.

Beispiel: Sonstige Kosten sind etwa Reisekosten, die Kosten für die Beauftragung eines Patentanwaltes oder für die Anfertigung eines privaten Sachverständigengutachtens.

Die Berechnung der Rechtsanwaltskosten erfolgt grundsätzlich nach dem Wert, den der Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit hat, sogenannter Gegenstandswert, § 2 Abs. 1 RVG. Dabei entspricht der Gegenstandswert demjenigen Wert, den das Gericht als Streitwert festlegt.

Beispiel: In obigem Beispiel beträgt die infolge der Markenrechtsverletzung geltend gemachte Schadensersatzforderung € 30.000, -. Diesen Wert wird der Richter als Streitwert festsetzen. Insofern beträgt der Gegenstandswert im Sinne des § 2 Abs. 1 RVG € 30.000, -.

Die Berechnung des konkreten Betrages der Rechtsanwaltskosten erfolgt nach Maßgabe der Anlagen 1 und 2 des RVG. Dabei sind in Anlage 1 diejenigen Multiplikatoren aufgeführt, die für die jeweilige konkrete anwaltliche Tätigkeit anzusetzen sind. Im gewöhnlichen Klageverfahren berechnet der Rechtsanwalt eine allgemeine Verfahrensgebühr, Nr. 3100 Anlage 1 RVG, eine Terminsgebühr, Nr. 3104 Anlage 1 RVG, und eine Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikation Nrn. 7001 f. Anlage 1 RVG. In Anlage 2 RVG werden Festbeträge als Gebühren aufgelistet, die sich am Gegenstandswert bzw. dem Streitwert orientieren.

Die Rechtsanwaltsgebühr nach dem RVG berechnet sich nach folgender Formel:

Multiplikator aus Anlage 1 RVG x Gebühr aus Anlage 2 RVG = Rechtsanwaltskosten nach RVG
Beispiel: Der Markenrechtsinhaber klagt auf Schadensersatz in Höhe von € 30.000, -. In Anlage 2 RVG ist für einen Gegenstandswert bis zu dem Betrag von € 30.000, – eine Gebühr in Höhe von € 863, – festgelegt. Diese Gebühr ist nun entsprechend der anwaltlichen Tätigkeit jeweils zu multiplizieren: 1,3 (allgemeine Verfahrensgebühr, Nr. 3100 Anlage 1 RVG) x 863 (Gebühr nach Anlage 2 RVG) + 1,2 (Terminsgebühr, Nr. 3104 Anlage 1 RVG) x 863 (Gebühr nach Anlage 2 RVG) = € 2157,50. Diese Gebühr kann der Anwalt des Klägers, aber auch der Anwalt des Beklagten, grundsätzlich für seine Tätigkeit verlangen.

Zusätzlich können Entgelte für Post und Telekommunikation entweder in voller Höhe nach Nr. 7001 VV Anlage 1 RVG oder pauschal nach Nr. 7002 VV Anlage 1 RVG abgerechnet werden. Pauschal berechnet, betragen diese Entgelte 20 Prozent der Rechtsanwaltsgebühr, maximal jedoch € 20, -.

Beispiel: Die Gebühr in obigem Beispiel beträgt € 863, -. 20 Prozent der Gebühr entsprechen € 172,60. Maximal können jedoch nur € 20, – für Post und Telekommunikation abgerechnet werden. Daraus ergibt sich im Ergebnis, dass die Rechtsanwälte des Schadensersatzprozesses insgesamt € 2177,50 (€ 2157,50+ € 20) verlangen können.

Die Kosten einer Abmahnung sind, obwohl sie im weiteren Sinne einen Rechtsstreits vorbereiten, keine Prozesskosten. Denn sie können (noch) keinem bestimmten Rechtsstreit zugeordnet werden und sollen in erster Linie einen Rechtsstreit vermeiden. Der Kläger muss diese separat einklagen (vgl. hierzu „Vorgerichtliche Kosten“).

Prozesskosten sind Gerichtskosten, die sich nach Maßgabe des GKG berechnen, und außergerichtliche Kosten, die sich nach Maßgabe des RVG berechnen. Die klagende Partei hat zunächst einen Gerichtkostenvorschuss zu entrichten. Anderenfalls stellt das Gericht die Klage an den Beklagten nicht zu. Die Berechnung der Rechtsanwaltskosten bemisst sich grundsätzlich nach dem Gegenstandswert, der dem Streitwert entspricht.

Kostenerstattung durch den Gegner

Grundsätzlich hat die eine Partei der anderen Partei gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO die ihr entstandenen Prozesskosten zu erstatten. Grundlage für die Kostenerstattungspflicht ist die Kostengrundentscheidung: Das Gericht beschließt, in welchem Umfang die Parteien die Prozesskosten zu tragen haben, sogenannter Kostenfestsetzungsbeschluss. Dabei berechnet das Gericht die Prozesskosten grundsätzlich nach Maßgabe des RVG und des GKG.

Der Verlierer zahlt

Der Umfang der Kostentragungspflicht beurteilt sich nach dem Grundsatz: Die unterlegene Partei trägt die Kosten des Verfahrens. Dieser Grundsatz ist Ausfluss des Verantwortungsprinzips. Danach hat diejenige Partei die Prozesskosten zu tragen, für dessen Entstehung sie verantwortlich ist.

Beispiel: Der Rechtsverletzer verliert den Prozess gegen den Markenrechtsinhaber. Der Rechtsverletzer trägt die Kosten des gesamten Rechtsstreites (die außergerichtlichen Kosten – insbesondere die Kosten des eigenen Rechtsanwalts sowie die des Rechtsanwalts des Klägers – und die Prozesskosten). Verliert hingegen der Markenrechtsinhaber den Prozess, hat er seine ihm entstandenen Rechtsanwaltskosten, die außergerichtlichen Kosten der Gegenseite sowie die Gerichtskosten zu tragen.

In § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO findet oben genannter Grundsatz seine rechtliche Verankerung. Er gilt grundsätzlich für alle gerichtlichen Verfahren, die in der ZPO geregelt sind. Dazu gehört insbesondere das einstweilige Verfügungsverfahren.

Teilweises Obsiegen

Häufig gibt es in der Praxis keinen eindeutigen Sieger oder Verlierer. Wenn jede Partei teils obsiegt und teils unterliegt findet § 92 ZPO Anwendung. Diese Norm regelt drei unterschiedliche Möglichkeiten einer Kostenentscheidung:

Erste Möglichkeit: Die jeweiligen Kosten werden gegeneinander aufgehoben, § 92 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 ZPO. Danach trägt jede Partei ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Die Gerichtskosten hingegen tragen die Parteien jeweils zur Hälfte. Diese Kostenentscheidung trifft das Gericht in aller Regel, wenn die Parteien ungefähr in gleichem Maße obsiegen beziehungsweise unterliegen und auf beiden Seiten außergerichtliche Kosten in ungefähr gleicher Höhe angefallen sind.

Zweite Möglichkeit: Es erfolgt eine Kostenquotelung gemäß § 92 Abs. 1 Satz 1 Fall 2 ZPO.  Bei dieser Kostenentscheidung trägt jede Partei die Kosten in dem Verhältnis, in dem sie unterlegen ist.

Beispiel: Der Markenrechtsinhaber klagt auf Schadensersatz in Höhe von € 30.000, -. Das Gericht spricht dem Markenrechtsinhaber einen Schadensersatzanspruch in Höhe von € 22.500, – zu. Danach unterliegt der Markenrechtsinhaber zu einem Viertel. Ein Viertel der Prozesskosten muss er selber tragen. Der Beklagte hingegen muss drei Viertel der Prozesskosten bezahlen.

Dritte Möglichkeit: Die gesamten Kosten werden einer Partei auferlegt, obwohl diese Partei nicht voll unterliegt, vergleiche § 92 Abs. 2 ZPO. In zwei Fällen stellt weder eine gegenseitige Kostenaufhebung im Sinne des § 92 Abs. 1 Fall 1 ZPO noch eine Kostenquotelung im Sinne des § 92 Abs. 1 Fall 2 ZPO ein gerechtes Ergebnis dar. Aus diesem Grunde räumt der Gesetzgeber dem Gericht in § 92 Abs. 2 ZPO einen gewissen Spielraum bei der Kostenentscheidung ein.

Der erste Fall ist in § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO geregelt: Eine Partei fordert nur geringfügig Zuviel, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Geringfügigkeit ist grundsätzlich anzunehmen, wenn der Unterliegensanteil bis zu 10 % der geltend gemachten Forderung beträgt.

Beispiel: Der Kläger macht Schadensersatz wegen einer Markenrechtsverletzung in Höhe von 30.000,- € geltend. Das Gericht spricht lediglich einen Betrag in Höhe von 28.000,- € zu. Der Kläger unterliegt um einen Betrag in Höhe von 2.000,- €. Dies entspricht 6,7 % der geltend gemachten Forderung. In diesem Fall kann das Gericht dem Beklagten gemäß § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO die gesamten Prozesskosten auferlegen. Spricht das Gericht dem Kläger hingegen lediglich den Betrag in Höhe von 2.000,- € zu, kann das Gericht die gesamten Prozesskosten auch dem Kläger auferlegen.

Der zweite Fall ist in § 92 Abs. 2 Nr. 2 ZPO geregelt:Die Forderung kann nicht allein durch eine Partei beziffert werden, sondern hängt von der Festsetzung durch das Gericht, der Beurteilung eines Sachverständigen oder von einer gegenseitigen Berechnung ab.

 Beispiel: Ein Urheber klagt auf Schadensersatz wegen einer unerlaubten Nutzung seines Werkes. Er beziffert in der Klage denjenigen Betrag, den er verlangt hätte, wenn er dem Rechtsverletzer eine entsprechende Nutzungslizenz eingeräumt hätte (Schadensersatz im Wege der sog. Lizenzanalogie). Der Richter, der die Sache zu entscheiden hat, verfügt jedoch nicht über den nötigen Sachverstand, um die Angemessenheit der geforderten Lizenzgebühr zu beurteilen. Aus diesem Grunde beauftragt er einen Sachverständigen, der die Angemessenheit beurteilen kann. Erachtet der Sachverständige eine geringere Lizenzgebühr für angemessen und schließt sich der Richter dieser Beurteilung an, so wird er dem Kläger eine geringere als die in der Klage geforderte Lizenzgebühr zusprechen. In diesem Fall kann das Gericht dem Beklagten die gesamten Prozesskosten gemäß § 92 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 ZPO auferlegen.

Beachte: § 92 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2  ZPO gilt nicht grenzenlos: Übersteigt der in der Klage geltend gemachte Betrag den vom Sachverständigen festgestellten Betrag um 20% und mehr, bleibt für eine alleinige Kostenauferlegung zu Lasten einer Partei aus Gerechtigkeitserwägungen kein Raum mehr.

Der Gewinner zahlt

Der Grundsatz aus § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO, wonach die unterlegene Partei die Kosten zu tragen hat, gilt nicht immer: Liegen besondere Umstände vor, die eine anderweitige Entscheidung erfordern, erlegt das Gericht auch der obsiegenden Partei Prozesskosten auf.

Das Gesetz erachtet es grundsätzlich als billig, der unterlegenen Partei die Kosten aufzuerlegen. Schließlich ist die unterlegene Partei für die Entstehung der Prozesskosten auch verantwortlich. Es gibt aber auch Fälle, in denen die unterlegene Partei für die Entstehung von Prozesskosten keine Verantwortung trägt.

Beispiel: Erscheint eine Partei in der ersten mündlichen Verhandlung nicht, ist sie grundsätzlich für die Mehrkosten infolge des Nichterscheinens verantwortlich. Aus diesem Grunde legt § 344 ZPO der säumigen Partei (nur) die infolge der Säumnis entstandenen Mehrkosten auf, sollte sie später den Prozess gewinnen.
Die unterlegene Partei trägt grundsätzlich die Prozesskosten. Im Falle teilweisen Obsiegens und Unterliegens werden die Prozesskosten grundsätzlich nach dem Umfang des jeweiligen Unterliegens bestimmt. Es kommt eine gegenseitige Kostenaufhebung oder eine Kostenquotelung in Betracht. Unter Umständen ist auch die volle Auferlegung der Prozesskosten zu Lasten einer Partei möglich. Ausnahmsweise trägt die obsiegende Partei Teile der Prozesskosten, zum Beispiel, wenn die Partei säumig war.

Vorgerichtliche Kosten

Zu den vorgerichtlichen Kosten (nicht zu verwechseln mit den außergerichtlichen Kosten als Teil der Prozesskosten) zählen grundsätzlich alle Kosten, die zum Zwecke der Rechtsverfolgung entstehen, bevor gerichtlich Klage erhoben wird.

 Beispiele: Im Bereich des Wettbewerbsrechtes kann es auf das Verständnis angesprochener Verkehrskreise ankommen, wie sie eine geschäftliche Handlung verstehen. Zur Ermittlung des Verständnisses bietet sich die Durchführung einer Meinungsumfrage an. In Fällen von Produktpiraterie können Testkäufe, in anderen Fällen die Beauftragung eines privaten Gutachters erforderlich sein, um etwaige Rechtsverletzungen feststellen zu können. Die infolge dieser Maßnahmen entstandenen Kosten stellen allesamt vorgerichtliche Kosten dar.

Den Regelfall vorgerichtlicher Kosten bilden aber die Kosten infolge der Beauftragung eines Rechtsanwaltes für eine vorgerichtliche Rechtsdurchsetzung. Dazu gehören insbesondere die für die Anfertigung einer anwaltlichen Abmahnung entstandenen Rechtsanwaltskosten. Vorgerichtliche Kosten können grundsätzlich im Rahmen des sog. materiellrechtlichen Kostenerstattungsanspruches geltend gemacht werden.

Ersatz der Rechtsanwaltskosten für die Anfertigung einer Abmahnung

Der Ersatz von Kosten, die infolge einer anwaltlichen Mahnung/Abmahnung entstanden sind, kann grundsätzlich nach den §§ 280 Abs. 2, 286 BGB verlangt werden. Dieser Ersatzanspruch setzt voraus, dass die Kosten als Folge des Verzuges des Schuldners entstanden sind.

 Beispiel: Ein Schuldner begleicht seine Schuld nicht, obwohl der Gläubiger ihn bereits unter Fristsetzung zur Zahlung aufgefordert hat. In diesem Fall kann der Gläubiger einen Rechtsanwalt mit der Anfertigung einer Mahnung/Abmahnung beauftragen und die dadurch entstandenen Kosten vom Schuldner ersetzt verlangen.

Im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes und Urheberrechtes sind spezialgesetzliche Erstattungsansprüche geregelt.

 Beispiel: Ein Wettbewerber lässt einen anderen Wettbewerber anwaltlich abmahnen und fordert ihn zur Unterlassung des Vertriebs von Produkten auf, die gegen Kennzeichnungsvorschriften verstoßen. Der andere Wettbewerber stellt daraufhin den Vertrieb seiner wettbewerbswidrigen Ware ein. Die dem Wettbewerber infolge der Abmahnung entstandenen Rechtsanwaltskosten kann er von dem anderen Wettbewerber gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG ersetzt verlangen. Eine vergleichbare Regelung ist in § 97a Abs. 3 Satz 1 UrhG geregelt. Diese Norm betrifft den Ersatzanspruch für die Kosten urheberrechtlicher Abmahnungen.
Wer einen anderen anwaltlich abmahnen lässt, kann grundsätzlich die entstandenen Rechtsanwaltskosten vom anderen Teil ersetzt verlangen.

Ersatz von Rechtsanwaltskosten infolge unberechtigter missbräuchlicher Abmahnung?

Im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes und Urheberrechts kursieren hin und wieder unberechtigte missbräuchliche Abmahnungen. Der Abmahnende behauptet einen Rechtsverstoß und fordert zu dessen Unterlassung und zur Zahlung der ihm infolge der Abmahnung entstandenen Kosten auf. Der Abmahnende hofft darauf, dass der Abgemahnte – von dem Schriftsatz und den Drohungen beeindruckt – auf die zu Unrecht verlangte Forderung ungeprüft zahlt. Vielfach zahlen Betroffene aber auch aus Scheu vor hohen Kosten, die im Falle der Beauftragung eines Rechtsanwaltes entstehen könnten. Diese Scheu ist jedoch unbegründet:

Im Falle unberechtigter missbräuchlicher Abmahnungen im Bereich des Urheberrechts hat die Rechtsprechung in der Vergangenheit dem zu Unrecht Abgemahnten diejenigen Kosten zugesprochen, die ihm infolge der Beauftragung eines Rechtsanwaltes entstanden sind. Insofern kann der zu Unrecht Abgemahnte in diesen Fällen einen Rechtsanwalt zu seiner Verteidigung beauftragen, ohne befürchten zu müssen, auf den Rechtsanwaltskosten sitzen zu bleiben. Ein solcher Kostenerstattungsanspruch wurde in § 97a Abs. 4 Satz 1 UrhG gesetzlich geregelt:

Soweit die Abmahnung unberechtigt oder unwirksam ist, kann der Abgemahnte Ersatz der für die Rechtsverteidigung erforderlichen Aufwendungen verlangen, es sei denn, es war für den Abmahnenden zum Zeitpunkt der Abmahnung nicht erkennbar, dass die Abmahnung unberechtigt war.

Im Wettbewerbsrecht hingegen scheidet eine solche Erstattungsmöglichkeit grundsätzlich aus. Einzige Ausnahmen: Die Abmahnung war rechtsmissbräuchlich oder als gezielte Behinderung anzusehen, vgl. §§ 8 Abs. 4 S. 2, 9 UWG.

Wer zu Unrecht missbräuchlich abgemahnt wurde, kann – zumindest im Bereich des Urheberrechts – einen Rechtsanwalt mit der Rechtsverteidigung beauftragen und die dadurch entstandenen Kosten vom Gegner ersetzt verlangen.

Ersatzfähigkeit der Rechtsanwaltsvergütung im Falle eines Stundenhonorars

Allgemeines

Heute entspricht es gängiger Praxis, dass Mandanten mit ihren Rechtsanwälten Vergütungsvereinbarungen treffen. Regelmäßig wird eine Vergütung auf der Basis eines Stundenhonorars vereinbart. Dabei beurteilt sich die Angemessenheit der Vergütungsvereinbarung im Wesentlichen nach der Komplexität der rechtlichen Materie und dem damit verbundenen Arbeitsaufwand für den Rechtsanwalt und seine Kanzlei.

Es ist zu berücksichtigen, ob die Beratung durch jeden Rechtsanwalt erfolgen könnte oder die Angelegenheit einem Spezialgebiet zuzuordnen ist, sodass Expertenrat erforderlich ist. Zudem ist die wirtschaftliche oder ideelle Bedeutung der rechtlichen Auseinandersetzung für den Mandanten zu berücksichtigen.

Beispiel: Eine hohe Vergütungsvereinbarung erscheint bei einfach gelagerten Fällen – wie etwa die Durchsetzung einer Kaufpreiszahlung – mit wenig Arbeitsaufwand unverhältnismäßig. Demgegenüber ist es unüblich und unangemessen, eine anspruchsvolle und zeitintensive Angelegenheit – wie etwa eine wettbewerbsrechtliche Klage auf Unterlassung von Produktpiraterie, auf Schadensersatz und auf die Durchsetzung der Vernichtung hergestellter Plagiate – lediglich nach dem RVG abzurechnen.

Gerade im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes sind Vergütungsvereinbarungen gang und gäbe. Die besondere und teilweise komplexe Spezialmaterie erfordert die Beauftragung eines Experten. Ferner haben Streitigkeiten im gewerblichen Rechtsschutz für Unternehmer eine gewisse Relevanz:

Werden etwa geistige Leistungen in unzulässiger Weise vermarktet, kommt es leicht zu immensen wirtschaftlichen Schäden. Für eine effektive Abwehr, etwa durch Verhinderung einer Flutung des Marktes mit Produktfälschungen, ist es zielführend, erfahrene Experten zu beauftragen. Diese werden in aller Regel nur tätig, wenn ein Stundenhonorar vereinbart wird.

Rückerstattung im Falle einer Vergütungsvereinbarung

Wurde eine Vergütungsvereinbarung getroffen, stellt sich die Frage, ob Teile der an den Anwalt gezahlten Vergütung von der Gegenseite zu erstatten sind. Die gute Nachricht: Ja, das ist der Fall. Die gegnerische unterlegene Partei hat grundsätzlich die gegnerischen Rechtsanwaltskosten zu tragen,

„soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung und Rechtsdurchsetzung notwendig waren“,

vergleiche § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.  Von der gegnerischen Partei können diejenigen Rechtsanwaltskosten verlangt werden, die nach Maßgabe des RVG entstanden sind. Alle über den Maßstab des RVG hinausgehenden Rechtsanwaltskosten, die etwa durch eine Vergütungsvereinbarung entstanden sind, sind grundsätzlich nicht erstattungsfähig.

Rechtsdurchsetzung

Für die Durchsetzung der Kostenerstattung kommt zunächst der prozessuale Kostenerstattungsanspruch in Betracht, der in – wie bereits oben erwähnt – § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO geregelt ist. Im Gegensatz zum materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch wird dieser nicht eigenständig prozessual eingeklagt, sondern bereits in dem Rechtsstreit festgesetzt, in dem er entsteht. Insofern beschließt das Gericht, wer die Kosten des Verfahrens zu tragen hat, nachdem in der Hauptsache entschieden wurde. Der Umfang beschränkt sich grundsätzlich auf die nach dem RVG zu berechnenden außergerichtlichen Prozesskosten.

Spricht etwa das Gericht der obsiegenden Partei den prozessualen Kostenerstattungsanspruch zu, beinhaltet dieser regelmäßig nicht denjenigen Betrag der Vergütungsvereinbarung, der über den gesetzlichen Rahmen nach dem RVG hinausgeht. Die Erstattung der über den gesetzlichen Rahmen hinausgehenden Rechtsanwaltskosten, etwa ein Teil des Stundenhonorars des Rechtsanwaltes, ist grundsätzlich ausgeschlossen.

Beispiel: Der Markenrechtsinhaber klagt auf Schadensersatz in Höhe von € 30.000,00. Er vereinbart mit seinem Rechtsanwalt ein Stundenhonorar in Höhe von € 250. Insgesamt rechnet der Anwalt 10 Stunden ab, sodass ein Rechnungsbetrag von € 2.5000,00 entsteht. Der Markenrechtsinhaber gewinnt den Rechtsstreit. Das Gericht entscheidet, dass der Beklagte gem. § 91 Abs. 1 S. 1 ZPO die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Der Umfang beschränkt sich jedoch auf die nach dem RVG – und nicht nach dem Stundenhonorar – entstandenen außergerichtlichen Kosten. Nach dem RVG sind für die anwaltliche Tätigkeit nur € 2157,50 entstanden (vgl. Beispiel oben). Folglich kann der Markenrechtsinhaber € 342,50 von dem Beklagten nicht ersetzt verlangen.

Materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch

Andererseits können vorgerichtliche Kosten (bspw. Kosten einer Abmahnung) grundsätzlich als Aufwendungs- oder Schadensersatzanspruch gegen die andere Partei geltend gemacht werden, sogenannter materiell-rechtlicher Kostenerstattungsanspruch. Dieser kann entweder mit der Hauptsache in demselben Rechtsstreit, aber auch in einem gesonderten Verfahren gerichtlich eingeklagt werden.

Allerdings beschränkt sich der materiell-rechtliche Kostenerstattungsanspruch – wie auch der prozessuale Kostenerstattungsanspruch – auf die nach dem RVG zu berechnenden Kosten. Die Kosten, die über den gesetzlichen Rahmen aufgrund des Stundenhonorars hinausgehen, sind grundsätzlich nicht erstattungsfähig.

Die Kostenerstattung kann von dem Gegner auf zwei unterschiedlichen Wegen verlangt werden. Einerseits kann die Erstattung der Gerichtskosten direkt in dem Rechtsstreit vom Gegner verlangt werden, in dem über die Hauptsache entschieden wird. Andererseits können vorgerichtliche Kosten im Wege des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs ersetzt verlangt werden. Beide Kostenerstattungsansprüche beschränken sich aber auf die nach dem RVG zu berechnenden Kosten. Die Erstattung der über den gesetzlichen Rahmen hinausgehenden Rechtsanwaltskosten, etwa ein Teil des Stundenhonorars des Rechtsanwaltes, ist grundsätzlich ausgeschlossen.

Besonderheiten für Verbände

Es gelten hinsichtlich der Erstattungsansprüche von Verbänden Besonderheiten. So sind Wettbewerbsverbänden ihre gesamten Rechtsanwaltskosten von der Gegenseite zu erstatten, selbst dann, wenn die Abmahnung nur teilweise berechtigt ist (BGH, Urteil v. 10.12.2009, Az. I ZR 149/09).

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