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„Vom HNO-Arzt empfohlen“: Unzulässige Werbung für Hörgeräte

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„Vom HNO-Arzt empfohlen“: Unzulässige Werbung für Hörgeräte
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Die an Verbraucher gerichtete Verkaufswerbung für Hörgeräte mit der Aussage „Vom HNO-Arzt empfohlen“ ist irreführend und stellt einen wettbewerbswidrigen Verstoß gegen 11 Abs. 1 Nr. 11 HWG dar, wenn eine solche berufsrechtswidrige Empfehlung von Ärzten für die beworbenen Geräte gar nicht ausgesprochen worden ist.

Dies entschied das OLG Hamm in seinem Urteil vom 13.06.2019 (OLG Hamm, Urteil v. 13.06.2019, I-4 U 5/19). Ausgangspunkt dieser Entscheidung war ein Rechtsstreit zwischen der Wettbewerbszentrale und einem Anbieter von Hörgeräten.

Sachverhalt

Der Kläger ist ein Verband zur Förderung gewerblicher Interessen und damit nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG berechtigt, bei Wettbewerbsverstößen Abmahnungen auszusprechen und Klage zu erheben.

Das Unternehmen der Beklagten bietet deutschlandweit Produkte und Dienstleistungen der Hörakustik in Fachgeschäften an. Über ihren Internetauftritt bewarb die Beklagte ihre Produkte unter anderem mit der Aussage:

„Die neuesten Hörgeräte

Vom HNO-Arzt empfohlen

H“.

Die Wettbewerbszentrale sah in der Werbeaussage „vom HNO-Arzt empfohlen“ einen Verstoß gegen § 11 Abs. 1 Nr. 11 HWG, da es Ärzten nach der Berufsordnung untersagt ist, Patientinnen oder Patienten ohne hinreichenden Grund bestimmte Heil- und Hilfsmittelerbringer zu empfehlen. Danach darf außerhalb der Fachkreise für Arzneimittel nicht geworben werden mit Äußerungen Dritter, insbesondere nicht mit Dank-, Anerkennungs- oder Empfehlungsschreiben, oder mit Hinweisen auf solche Äußerungen, wenn diese in missbräuchlicher, abstoßender oder irreführender Weise erfolgen.

Da Ärzte nach ihrer Berufsordnung eine derartige Empfehlung nicht aussprechen dürften, mache sich die Beklagte deren Verstoß gegen die Berufsordnung für Werbezwecke zunutze. Daher sei die Werbung missbräuchlich. Für den Fall, dass es eine konkrete Empfehlung von Ärzten für die Produkte der Beklagten gar nicht geben solle, sei die Werbung zudem irreführend.

Nach Ansicht des werbenden Unternehmens kam in der Werbeangabe keine konkrete Empfehlung der Hörgeräte aus dem eigenen Hause zum Ausdruck, sondern lediglich eine allgemeine Empfehlung von Hörgeräten. Nach erfolgloser Abmahnung hat die Wettbewerbszentrale Unterlassungsklage erhoben.

Bisheriger Verfahrensgang

Das zuständige Landgericht wies die Unterlassungsklage jedoch u.a. mit der Begründung zurück, dass die streitgegenständliche Aussage für den Verbraucher erkennbar floskelhaft sei und nicht dahingehend verstanden werde, dass tatsächlich Ärzte eine Empfehlung der konkreten Hörgeräte des werbenden Unternehmens ausgesprochen hätten (LG Dortmund, Urteil v. 03.12.2018, Az. 19 O 25/18).

Entscheidung des OLG Hamm: Verstoß gegen 11 Abs. 1 Nr. 11 HWG

Auf die Berufung des Klägers änderte das OLG Hamm das erstinstanzliche Urteil ab und verurteilte den Akustiker zur Unterlassung der beanstandeten Werbung mit der Aussage „vom HNO-Arzt empfohlen“.

Die Äußerung „Vom HNO-Arzt empfohlen“ stelle sich entgegen der von der Beklagten vertretenen Ansicht eindeutig als integrativer Bestandteil einer produkt- bzw. leistungsbezogenen Absatzwerbung dar. Die angebliche ärztliche Empfehlung sei gestalterisch in die Werbung der Beklagten eingebettet, so dass der Betrachter die Anzeige als Einheit wahrnehme und die Empfehlung auf die beworbenen Produkte der Beklagten beziehe.

Das Gericht sah in der entsprechenden Werbung einen Verstoß gegen die Vorgabe des § 11 Abs. 1 Nr. 11 Heilmittelwerbegesetz (HWG). Danach ist die Öffentlichkeitswerbung für ein Arzneimittel dann untersagt, wenn wenn diese in missbräuchlicher, abstoßender oder irreführender Weise erfolgt. Es könne dahinstehen, ob die Werbung missbräuchlich ist, denn sie sei jedenfalls irreführend:

„Eine Irreführung ist insbesondere dann anzunehmen, wenn unwahre, fiktive oder entstellte positive Äußerungen Dritter werblich instrumentalisiert werden. So kommt eine Irreführung durch Verwendung erfundener, quantitativ aufgeblähter, qualitativ verfälschter und einseitigselektiver Darstellung in Betracht(…)

Die angesprochenen Verkehrskreise verstehen die Werbung aus den dargelegten Gründen so, dass eine generelle fachärztliche Empfehlung für die (neuesten) Produkte der Beklagten ausgesprochen wird. Dieser Eindruck ist jedoch tatsächlich unzutreffend und damit irreführend.“

Selbst wenn von der – nach Auffassung des Senats unzutreffenden – Auslegung der Beklagten auszugehen sein sollte, dass mit der Werbeaussage die Empfehlung „eines“ HNO-Arztes weitergegeben werde, wäre eine solche Angabe unzutreffend. Die Beklagte selbst habe nur vorgetragen, dass der von ihr benannte Zeuge bestätigt hat, dass er auf entsprechende Nachfrage die Hörgeräte der Beklagten empfehlen könne. Dass er eine entsprechende Empfehlung jemals ausgesprochen hat, folge aus dem Vorbringen nicht, so das Gericht.

Fazit

Die Revision wurde nicht zugelassen. Es bleibt daher abzuwarten, ob der beklagte Akustiker Nichtzulassungsbeschwerde einlegt oder die Entscheidung des OLG Hamm rechtskräftig werden lässt.

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