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Deutliche Worte vom OLG Stuttgart: Wer grenzenlos veröffentlicht, muss auch grenzenlos haften

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Oft gehörter Einwand von Schuldnern von Unterlassungs- und Beseitigungspflichten:

Ja, die (Zutreffendes bitte einsetzen: Rechtswidrige Werbung, der persönlichkeitsrechtswidrige Beitrag, das urheberrechtlich geschützte Foto, etc.) ist von mir ganz bewusst unbeschränkt ins Internet gestellt worden.

Die vollständige Löschung kann nun jedoch nicht von mir verlangt werden. Viel zu aufwändig. Da müsste ich ja gewissermaßen das „ganze Internet“ durchforsten.

Diesem – teilweise von Gerichten leider häufig beachteten – Einwand hat das OLG Stuttgart dankenswerterweise ein deutliche Absage erteilt:

„Im Rahmen des § 890 Abs. 1 ZPO sind an den Vollstreckungsschuldner strenge Anforderungen in Bezug auf seine organisatorischen Maßnahmen und auf deren Überwachung zu stellen.

Im Ausgangspunkt hat sich der Unterlassungsschuldner eines Mediums bedient, das ihm die grenzenlose Verbreitung seiner Werbebotschaften erlaubt. Damit geht auch die grenzenlose Verbreitung rechtswidriger Inhalte einher. Indem der Vollstreckungsschuldner die Vorteile dieser Verbreitungsform nutzt, hat er auch die damit einhergehenden Nachteile zu tragen und die daraus resultierenden Gefahren zu beherrschen. Die in seiner Sphäre entstandenen Gefahren für die Beeinträchtigung fremder Rechte hat er zu beseitigen.

Er kann sich demgegenüber grundsätzlich nicht darauf berufen, dies sei mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden, und genügt seiner Pflicht nur, wenn aus der Sicht eines objektiven Dritten an der Stelle des Vollstreckungsschuldners damit zu rechnen ist, dass die ergriffenen Maßnahmen sicher dazu führen, dass sich die in der Vergangenheit gesetzte Gefahr einer erneuten Verbreitung der unlauteren Aussage im Internet nicht verwirklichen wird.

(…)

Nur dieser strenge Maßstab berücksichtigt die nach Sphären getrennten Verantwortungsbereiche der Parteien. Er ist auch deshalb unabdingbar, weil anderenfalls gerade bei den in der Praxis des Internetverkehrs häufig zu beobachtenden Unzulänglichkeit im Umgang mit rechtlichen Beanstandungen – von solchen berichtet die Vollstreckungsschuldnerin vorliegend selbst – eine nicht mit dem Gebot effektiven Rechtsschutzes zu vereinbarende Rechtsschutzlücke zu Lasten des Anspruchsinhabers entstünde.“

(OLG Stuttgart, Beschluss vom 10.09.2015, Az. 2 W 40/15)

Dem ist nichts hinzuzufügen.

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