Mehrfach ausgezeichnet.

Focus Markenrecht
en

Spam ist auch in ansonsten sachbezogener E-Mail möglich

Ihr Ansprechpartner
E-Mail Werbung Sachbezug
© Cloud7 – fotolia.com

Nicht nur der Postbriefkasten am Haus beinhaltet unliebsame Werbeprospekte. Auch das E-Mail-Postfach ist Sammelstelle für automatisch generierte Werbung per E-Mail. Oft stellt sich dann die Frage nach der Zulässigkeit solcher E-Mails. Insbesondere, wenn der überwiegende Inhalt der E-Mail einen Sachbezug aufweist, so wie in dem vorliegenden Fall.

Zwei E-Mails, zwei Mal Werbung

Die Beklagte ist ein Telekommunikationsunternehmen. Der Kläger ist Rechtsanwalt und vertrat zuvor Mandanten in Rechtsstreitigkeiten mit der Beklagten. Aus diesem Grund waren seine Kontaktdaten, u.a. die geschäftliche E-Mail-Adresse, bei der Beklagten hinterlegt.

Zunächst versandte die Beklagte eine Produktumfrage per E-Mail an die bei ihr hinterlegte E-Mail-Adresse des Klägers, ohne dass dieser eine Einwilligung in den Erhalt von E-Mail-Werbung erteilt hatte.

Nachdem der Kläger die Beklagte wegen des Versands von E-Mail-Werbung abmahnte, bestätigte die Beklagte den Eingang der Abmahnung per E-Mail. In der Signaturzeile der E-Mail forderte die Beklagte erneut zur Teilnahme an Kunden-Zufriedenheitsumfragen auf und warb für aktuelle Handys, Tarife und persönliche Produktempfehlungen.

Gegen die E-Mails erhob der Kläger Klage auf Unterlassung, an seine E-Mail-Adresse ungebetene Werbung, Markt- oder Meinungsforschung, einschließlich Umfragen, zu senden oder senden zu lassen. Das AG Bonn gab der Klage vollumfänglich statt (AG Bonn, Urteil v. 09.05.2018, Az. 111 C 136/17).

Unterschied zwischen sachbezogener und Werbe-E-Mail

Die Kammer führt in ihrer Urteilsbegründung aus: Bei der E-Mail mit der Aufforderung zur Teilnahme an der Produktumfrage handelt es sich um eine Werbe-E-Mail. Sie soll der (mittelbaren) Absatzförderung der Produkte der Beklagten dienen und Kunden an das Unternehmen binden. Eine Einwilligung in die Werbemaßnahme durch den Kläger liegt nicht vor, weil er bezüglich eines früheren Mandats um Korrespondenz über ihn gebeten hatte.

Bei der E-Mail zur Eingangsbestätigung der Abmahnung handelt es sich ebenfalls um eine unberechtigte Werbemaßnahme. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass die E-Mail der Beklagten sich hauptsächlich auf die erfolgte Abmahnung durch den Kläger bezog. Die E-Mail selbst ist zwar keine Werbung. Allerdings stellen die Hinweise in der Signaturzeile Direktwerbung dar. Direktwerbung ist gegeben, wenn der Werbende einen unmittelbaren Kontakt zu einem bestimmten Adressaten herstellt, sei es durch persönliche Ansprache, Briefsendungen oder durch Einsatz von Telekommunikationsmitteln wie Telefon, Telefax oder E-Mail.

Nach Ansicht des Gerichts wurde die E-Mail-Adresse des Klägers bei der letzten E-Mail von der Beklagten in zweifacher Hinsicht genutzt. Einmal für die zulässige Reaktion auf die Abmahnung und ein weiteres Mal für Zwecke der unzulässigen Werbung.

Auf einer Linie mit der Rechtsprechung

Bereits der Bundesgerichtshof entschied (BGH, Urteil v. 15.12.2015, Az. VI ZR 134/15), dass eine unzulässige Werbe-E-Mail vorliegt, wenn die E-Mail sowohl eine Eingangsbestätigung in Bezug auf zuvor versandte Nachrichten als auch Werbung enthält.

Zwar sei die Eingangsbestätigung selbst keine Werbung. Dies habe aber nicht zur Folge, dass die in der E-Mail enthaltene Werbung von vornherein keine Direktwerbung darstellen könnte. Für die Annahme, die Nutzung der E-Mail-Adresse sei durch die zulässige Bestätigungs-E-Mail insgesamt gerechtfertigt, sei indes kein Raum. Entscheidend sei, dass der Empfänger diese Art der Werbung und damit ein gegenständliches Eindringen in seine Privatsphäre ausdrücklich abgelehnt hat und sich praktisch nicht zur Wehr setzen kann.

Werbung kann sich nicht verstecken

Die Entscheidung folgt der bisherigen Rechtsprechung und verdeutlicht nochmals, dass Werbung in jeglicher Hinsicht unzulässig ist. Egal wie sie „verpackt“ ist. Für Verbraucher ist das eine gute Nachricht, da sie sich weiterhin gegen unerwünschte Werbung zur Wehr setzen können.

Die Unternehmen sind dagegen weiter in ihrer Marketingtätigkeit eingeschränkt und können sich nicht darauf berufen, dass die E-Mail selbst vorwiegend einen Sachbezug aufweist und lediglich auf die Kontaktaufnahme durch den Kunden antwortet. Es ist also weiterhin Kreativität gefragt, Kunden für das eigene Unternehmen zu gewinnen und zu binden.

Praxishandbuch Anspruchsdurchsetzung im Wettbewerbsrecht

2., vollständig überarbeitete und aktualisierte Auflage

Chronologisch aufgebaut, differenzierte Gliederung, zahlreiche Querverweise und, ganz neu: Umfangreiche Praxishinweise zu jeder Prozesssituation.

Mehr erfahren

Praxishandbuch Anspruchsdurchsetzung im Wettbewerbsrecht