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Slogan „100% Original“ stellt wettbewerbswidrige Werbung mit Selbstverständlichkeiten dar

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Einem aktuellen Beschluss des Landgericht Münster nach stellt die Nutzung des Slogans „100% Original“ eine wettbewerbswidrige Werbung mit Selbstverständlichkeiten dar.

Die Richter bestätigten außerdem, dass die Kennzeichnungspflichten der Textilkennzeichnungsverordnung (TextilKennzVO) nicht für gebrauchte Kleidungsstücke gelten.

Der Haken beim Setzen des Hakens

Im Vorfeld des Beschlusses konnten Kunden auf der Internetseite eines Textilvertreibers im Rahmen der Bestellungen per Mausklick einen Haken neben ein Kästchen mit folgender Angabe setzen:

„100% Original – Jeder Second Hand Artikel (…) ist von unseren Experten auf auf Echtheit und Qualität geprüft“.

Darüber hinaus verwendete das Unternehmen bezüglich diverserer angebotener Waren die Bezeichnungen „Lycra“ und „Spandex“. Die Konkurrenz sah sowohl in dem „100% Original“-Slogan als auch in der Nutzung der Beschreibungen einen Verstoß gegen das geltende Wettbewerbsrecht. Letztere, so die Antragstellerin, seien nicht im Katalog der Textilkennzeichnungsverordnung enthalten, und damit wettbewerbswidrig. Im Folgenden wurde daher ein Antrag auf einstweilige Verfügung mit dem Ziel der Unterlassungsverpflichtung gegen den Vertreiber vor dem Münsteraner Landgericht gestellt.

Werbung mit Selbstverständlichkeiten selbstverständlich wettbewerbswidrig?

Und das mit zumindest teilweisem Erfolg. Die Kammer sah in dem angegriffenen Slogan tatsächlich einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht, die Verwendung der genannten Bezeichnungen hingehen war nach Auffassung der Richter rechtmäßig (LG Münster, Beschluss v. 06.06.2020, Az. 22 O 31/20).

Im Einzelnen widerspreche der Slogan „100% Original“ als unzulässige Werbung der Regelung Nr. 10 im Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG. Hier heisst es:

Unzulässige geschäftliche Handlungen im Sinne des § 3 Abs. 3 sind:

(…)

10. die unwahre Angabe oder das Erwecken des unzutreffenden Eindrucks, gesetzlich bestehende Rechte stellten eine Besonderheit des Angebots dar;

So könne für den Kunden der Eindruck vermittelt werden, es handele sich bei dem Versprechen auf „100% Original“-Ware um eine Besonderheit des Angebots. Tatsächlich sei die vollumfängliche Qualität der Ware als Original aber ein gesetzlich „ohnehin“ bestehendes Recht. So könne der Verbraucher im Falle von „gefälschten“ Kleidungsstücken nämlich auf kaufrechtliche Gewährleistungsansprüche bestehen. Dass die Selbstverständlichkeit der Originalität als Besonderheit präsentiert wurde, ergebe sich auch aus der Aufmachung der Anzeige. Im Einzelnen sei dies auf die abgegrenzte Darstellung mittels Trennlinien zum übrigen Angebotstext, sowie die vorangestellten, sogenannten „Checkboxen“ und eine größere Schriftart zurückzuführen.

Allerdings sah die Kammer in der Verwendung der Bezeichnungen „Lycra“ und „Spandex“ kein wettbewerbswidriges Verhalten, da die Antragsgegnerin ausschließlich gebrauchte Klamotten in ihrem Angebot hatte. Auf selbige sei die TextilKennzVO (die im Übrigen als Marktverhaltensregelung gemäß § 3 a) UWG zu qualifizieren sei) nicht anwendbar, weswegen die dort festgesetzten Kennzeichnungspflichten für das Unternehmen nicht bindend seien.

Von einer Irreführung hätte dann ausgegangen werden können, wenn die von der Antragsgegnerin für einige ihrer Kleidungsstücke verwendeten Bezeichnungen „Lycra“ und „Spandex“, die für äußerst dehnbare Chemiefasern mit hoher Elastizität stehen, die tatsächliche Materialzusammensetzung unzutreffend wiedergeben würden. Dies sei aber von der Antragsstellerin nicht aufgezeigt worden.

Fazit

§ 3 a) UWG ist sowohl aus Verbraucher- als auch aus Unternehmersicht eine entscheidende Vorschrift im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb. So werden unter anderem spezielle Verordnungen als Marktverhaltensregelungen „ins Boot geholt“. Das bedeutet, dass im Falle eines Verstoßes gegen derartige Verordnungen gleichsam ein Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht einhergeht. Als Folge können dann Unterlassungsansprüche und unter Umständen auch Schadensersatzansprüche drohen oder durchgesetzt werden.

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