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Das dreckige Dutzend – Die TOP 12 der Tricks der Betrüger auf Amazon

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Photo by Hello I’m Nik ???????? on Unsplash

Amazon. Noch vor einigen Jahren schien der Marktplatz der heilige Gral zu sein. Viele Profi-Händler und Einzelpersonen witterten im E-Commerce in Kombination mit „Amazon FBA“ das große Geld und tatsächlich war es für einige Seller eine Gelddruckmaschine. 

Doch der Wind hat sich gedreht. Das Klima ist rau und der Marktplatz in gewisser Hinsicht zum Haifischbecken geworden. Noch vor einigen Jahren waren bei Amazon Abmahnungen das große Thema. Hinzu kommt nun, dass auch die Zahl der Betrüger auf Amazon sprunghaft gestiegen ist.

Gute Positionierungen sind hart umkämpft. In die Buy Box wollen sie alle. Halbseidene Amazon-Händler denken sich so allerlei fiese Tricks aus. Anfangs ging es nur darum, sich gegenüber dem Konkurrenten besser zu positionieren. Mittlerweile ist der Kampf jedoch härter geworden und Betrüger auf Amazon scheuen (fast) nichts, um ihre Mitbewerber zu schwächen oder direkt deren Kontensperrung durch Amazon zu bewirken. Das Perfide daran: sie nutzen dazu Amazon-eigene Mechanismen. 

1. Gekaufte TOP-Bewertungen 

Was waren das noch Zeiten, als das Trickreichste der Händler die eingekauften guten Bewertungen waren, um sich selbst aufzuwerten. Das ist zwar nach wie vor ein Phänomen, Amazon versucht jedoch, dies zu unterbinden. Wenn eine Rezension mit dem Vermerk „Verifizierter Kauf“ versehen ist, hat Amazon geprüft, dass tatsächlich ein (nicht „rabattierter“) Kauf des rezensierenden Accounts über Amazon stattgefunden hat. Ohne „motivierendes Sponsoring“ im Vorfeld.

2. Ein-Stern-Bewertungen beim Konkurrenten

Sehr nervig, aber noch vergleichsweise harmlos und durchsichtig: Die Platzierung von gefälschten 1*-Bewertungen im Profil des Wettbewerbers.

3. Auffallende Top-Bewertungen beim Konkurrenten platzieren

Moment: Den Konkurrenten super bewerten? Was ist daran so verwerflich? Nun, genauer gesagt wird der Mitbewerber mit Top-Bewertungen überhäuft, die jedoch so formuliert sind, dass sie ganz offensichtlichen Fake-Charakter (Copy & Paste oder schlechte Übersetzung) haben. Mit der Sperrung des so vermeintlich aufgewerteten Händlerprofils wartet Amazon dann nicht lang. 

4. Produkte des Konkurrenten verwirrend umklassifizieren

Sie entdecken in Ihrem Listing Fotos, Texte oder Kategorien, die so nicht eingestellt waren und überhaupt nicht zum tatsächlichen Artikel passen? Das sind keine Änderungen von Geisterhand, sondern von Konkurrenten, die – wie auch immer – Zugriff auf Ihre Daten erhielten und die Produkte umsortierten. Das forciert zuhauf schlechte Bewertungen und das wiederum kann zu temporärer Sperrung des Amazon-Accounts führen. 

5. Unpassende Google Ads für Mitbewerber schalten

Ähnlich unangenehm: Wenn Amazon-Seller Google Ads für das Produkt des Konkurrenten schalten und es bewusst in völlig unpassenden Kategorien einordnen. Damit korreliert verständlicherweise eine Verschlechterung der sog. conversion rate (also des Kaufs per Klick) und das wird durch den Amazon-Algorithmus abgestraft. 

6. Konkurrenzprodukt anzünden und Bewertung mit Warnhinweisen verfassen

Der Ideenreichtum der Amazon-Betrüger ist beachtlich. Eine Masche ist, ein Produkt des Mitbewerbers zu bestellen, es anzuzünden (sic!) und ein Foto vom brennenden Etwas dann der Bewertung zuzufügen. Wenn die schlechte Bewertung dann mit genauer Artikelbezeichnung und auffallend vielen warnenden Keywords wie etwa „Achtung!“, „gefährlich“, „fängt Feuer“, „Explosionsgefahr“ garniert wird, ist die Sperre durch Amazon nicht weit. Bei Sicherheitsmängeln reagiert das Unternehmen äußerst empfindlich.

7. Nachbau erfolgreicher Produkte

Leider muss man auf Amazon auch mit Fälschungen rechnen. Mit Hilfe von bestimmten Werkzeugen filtern betrügerische Amazon-Seller die meistverkauften Produkte heraus und kopieren sie. Diese billigen Kopien werden dann zu Preisen weit unterhalb des Originalprodukts verkauft. So sichern sich die Betrüger auf Amazon die begehrte Buy Box. Wenn der Original-Händler das entdeckt, muss er sich einem zähen Beschwerdeverfahren bei Amazon aussetzen, das am Ende aber dann doch nicht viel bringt, denn diese Masche nutzen viele Betrüger auf Amazon und wenn der eine enttarnt ist, steht der nächste Fälscher schon in den Startlöchern.

8. Kauf des Originalprodukts,Zurückschicken der Fälschung

Der betrügerische Seller kauft ein Produkt einer bestimmten Marke des Konkurrenten, reklamiert es und schickt ein Plagiat zurück. Gegenüber Amazon behauptet er, eine Fälschung erhalten zu haben. Oder aber er lässt sich entsprechend negativ in den Bewertungen aus. 

9. Forcieren einer Account-Sperrung des Konkurrenten 

Das Melden angeblicher Fälschungen oder Markenrechtsverletzungen ist für die Betrüger auf Amazon daher so ein wirksames Mittel, weil Amazon mit der Sperrung nicht lang fackelt. Zur Klärung derartiger Konflikte verweisen die Amazon-Mitarbeiter dann teils schlicht auf den Markeninhaber. Erst wenn dieser grünes Licht gibt, wird entsperrt. Insofern sind die völlig unschuldigen Seller plötzlich nicht nur zu Unrecht gesperrt, sondern für die Entsperrung dann auch noch vom Gutdünken Dritter abhängig. Das ist natürlich ein GAU für viele Amazon-Händler, weil sie sich mit ihren Verkaufsaktivitäten vollends auf Amazon verlassen. So eine tagelange Sperrung im Vorweihnachtsgeschäft kostet schnell mehrere Tausend Euro. 

10. Erpressung

Doch nicht immer geht es derart subtil zu. Mittlerweile kommt auch offene Erpressung vor. Manch Händler wird aus heiterem Himmel wegen angeblicher Fälschungen von Amazon gesperrt, versucht noch, die Hintergründe herauszufinden, da erhält er schon eine auf Chinesisch verfasste E-Mail mit der Aufforderung, gewisse Produkte nicht mehr zu verkaufen. Ganz offen wird damit gedroht, dass sonst Mittel und Wege gefunden würden, seinen Shop dicht zu machen. 

11. Bestellung und Storno – Hundertfach!

Betrüger bestellen Hunderte von Artikeln, die sie direktemang wieder stornieren. Dies fällt Amazon auf und führte zuweilen bereits zur Kontensperrung. 

12. Datenschutzprobleme bei Amazon

Amazon hat ein Datenschutzproblem und gerät daher zunehmend in die Kritik. Es geht sogar so weit, dass Mitarbeiter im Verdacht stehen, Daten von Händlern an Dritte verkauft zu haben. Wenn jedoch die Illoyalität und Bestechlichkeit einzelner Amazon-Mitarbeiter befürchtet werden muss, ist dem Missbrauch Tür und Tor geöffnet.

Fazit

Amazon ist nach wie vor eine großartige Verkaufsplattform, doch derartige Wildwest-Methoden müssen Sie sich nicht bieten lassen. Problembewusstsein und Vorbeugung sind wichtig. 

  • Ihre Artikel samt Bezeichnungen, Bewertungen und Bildern sollten Sie regelmäßig auf ungewollte Änderungen prüfen. 
  • Die eigene Marke sollte gut auf den Artikeln erkennbar sein, um das Kopieren zu erschweren. Die Eigenmarke sollte man nicht nur beim DPMA, sondern zusätzlich bei Amazon selbst registrieren lassen. 
  • Schlußendlich sollte man sich aber auch nicht nur auf Amazon als einzige Verkaufsplattform verlassen, weil man sich sonst in mehrfacher Hinsicht in eine Abhängigkeit begibt. 

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