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PAYBACK: Gewährung von Bonuspunkten bei Vorbestellung rezeptpflichtiger Arzneimittel ist unzulässig

Bonuspunkteprogramm PAYBACK
© LHR Stockfotos

Das Bonuspunkteprogramm PAYBACK ist sowohl in der Welt des Online-Shoppings als auch beim Einkaufen im örtlichen Supermarkt fest integriert. Kunden erhalten für ihre Einkäufe bei teilnehmenden Händlern Bonuspunkte, die sie später für Sachprämien, Gutscheine oder Ähnliches einlösen können. Doch ist das Einsatzgebiet des PAYBACK-Systems nicht grenzenlos. So urteilte das Oberlandesgericht Karlsruhe (OLG Karlsruhe, Urteil vom 12.10.2022, Az. 6 U 108/21), dass die Gewährung von Bonuspunkten bei der Vorbestellung rezeptpflichtiger Arzneimittel gegen das Wettbewerbsrecht verstoße.

Arzneimitteln per App

Das Gerichtsurteil ging aus einer Unterlassungsklage der Wettbewerbszentrale gegen die Betreiberin einer App hervor. Über die App der Beklagten können Verbraucher bei teilnehmenden Apotheken Arzneimittel bestellen und sich per Chat beraten lassen. Für die Nutzung der Vorbestellungsfunktion bot die Beklagte Endverbrauchern die Möglichkeit, 50 Bonuspunkte im Wert von 50 Cent über das PAYBACK-Programm zu sammeln. Die Rabattaktion galt für rezeptfreie und verschreibungspflichtige Arzneimittel gleichermaßen. Im Falle der rezeotpflichtigen rügte das OLG Karlsruhe einen Wettbewerbsverstoß gemäß §§ 3, 3a UWG i.V.m. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HWG, § 78 Abs. 2 Satz 2 und 3, Abs. 3 Satz 1 AMG.

Keine Werbegeschenke für verschreibungspflichtige Arzneimittel

Die Gewährung von Zuwendungen und sonstigen Werbeabgaben auf dem Gebiet des Heilwesens ist nach § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG grundsätzlich verboten. Durch das Verbot soll einer unsachgemäßen Beeinflussung der Verbraucher sowie einem ruinösen Preiswettbewerb zwischen den Apotheken vorgebeugt werden, um eine flächendeckende und gleichmäßige Arzneimittelversorgung der Bevölkerung sicherzustellen.

Dabei werden jedoch nur solche Werbemaßnahmen erfasst, die einen Bezug zu bestimmten oder zumindest konkret individualisierbaren Produkten aufweisen. Allgemeine Firmenwerbung, die das Image des Unternehmens an sich betrifft, ist hingegen zulässig.

Produktbezogene Werbung

Die Karlsruher Richter sahen einen solchen Produktbezug zwischen der Gewährung der Bonuspunkte und den in der App angebotenen rezeptpflichtigen Arzneimitteln gegeben.

Die Beklagte hatte argumentiert, dass die Gutschrift der Bonuspunkte einzig für die Nutzung der Vorbestellfunktion der App erfolge und unabhängig davon sei, ob der Verbraucher das Arzneimittel später in der Apotheke tatsächlich erwerbe. Eine solche Aufspaltung des Produkterwerbs und der Vorteilsgewährung gehe laut Gericht jedoch an der Sicht des angesprochenen Verbrauchers vorbei. Dieser gehe bei lebensnaher Betrachtung regelmäßig davon aus, bereits durch die Nutzung der App und die Einsendung des Fotos des Rezepts eine verbindliche Vorbestellung eines bestimmten Arzneimittels eingegangen zu sein.

Schließlich könne es sich nicht um eine unternehmensbezogene Imagewerbung handeln, da aufgrund der Vielzahl der teilnehmenden Apotheken nicht ersichtlich sei, auf welches Unternehmen sich die Werbung beziehe.

Keine Ausnahme für Kleinstbeträge bei Verstoß gegen die gesetzliche Preisbindung

Bei der Gewährung von Bonuspunkten handle es sich auch um eine Werbeabgabe im Sinne der Vorschrift, da sie sich aus Sicht des Empfängers als unentgeltliches Geschenk darstelle.

Die Argumentation der Beklagtenseite, es handle sich bei den Bonuspunkten um eine Kompensation für mögliche Unannehmlichkeiten beim Erwerb der Medikamente (und damit nicht um eine Werbeabgabe) vermochte das Gericht nicht zu überzeugen.

Die Beklagte konnte sich auch nicht auf den geringen Betrag (50 Cent) der Bonuspunkte berufen. Die Ausnahme für Kleinstbeträge des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HWG war nicht einschlägig. Grund hierfür ist, dass durch die Koppelung des Erwerbs rezeptpflichtiger Arzneimittel mit Zuwendungen oder Werbeabgaben die Preisbindung des Arzneimittelgesetzes indirekt umgangen wird. Auch wenn die Arzneimittel zu den gesetzlich vorgeschriebenen Preisen verkauft werden, stelle die gekoppelte Vorteilsverknüpfung für den Verbraucher indirekt eine Vergünstigung dar.

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