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Meinungsfreiheit vs. Persönlichkeitsrecht

Meinungsfreiheit vs. Persönlichkeitsrecht
© Derya Cakirsoy – Adobe Stock

Kritik ist stets im Kontext einer Äußerung zu betrachten. Eine Influencerin hat eine Designerin, die Leder verarbeitet, „Mörderin“ genannt und die Präsentation von Lederprodukten als „Mordschauen“ bezeichnet. Das Landgericht Hamburg hält dies für zulässig (LG Hamburg, Beschluss vom 12.04.2023, Az. 324 O 96/23). Ein wichtiges Urteil zu den Grenzen der Meinungsfreiheit:

 

 

Eine Influencerin hatte behauptet, eine Designerin sei eine „Mörderin“ und organisiere „Mordschauen“, „Leichenschauen“ oder „Kadaverschauen“ und ihre Geschäfte seien „blutig“. Die Modedesignerin verarbeitete und vertrieb Kleidungsstücke mit Leder und mahnte die Influencerin für die Äußerungen ab. Die Designerin sah sich in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt.

Kritik im Kontext einer öffentlich geführten Diskussion über Leder

Für das LG Hamburg war entscheidend, dass die Äußerungen im Rahmen einer öffentlich geführten Diskussion über die Verwendung von Leder als Kleidung getätigt wurden. Das Verständnis, die betroffene Designerin sei für die Tötung von Menschen verantwortlich, entstehe deshalb beim Rezipienten nicht. Es handle sich um eine zulässige Meinungsäußerung und um Kritik an der Verwendung von Leder als Kleidung. Die Grenzen der Meinungsfreiheit seien eingehalten.

Scharfe Kritik, aber zulässige Meinungsäußerung

Die Äußerungen beinhalteten zwar eine „durchaus scharfe Kritik“. Vor dem Hintergrund der öffentlich geführten Diskussion über die Verwendung von Leder als Kleidung seien die Äußerungen jedoch zulässig, beschloss das LG Hamburg. Die Influencerin habe sich auf diese Weise äußern dürfen.

Homepage mit Artikeln unter anderem aus Krokodilleder

Die Influencerin hatte geäußert, „auf der Seite dieser Designerin (…) findest du Krokoleder, Kobraleder, Babysalamanderleder“. Zum hatte die Influencerin die Angaben der Designerin auf deren Homepage als „irreführend und falsch“ bezeichnet. Das LG Hamburg stellte fest, dass auf der Homepage der Designerin ein „Krokokleid“ mit „Krokopatches aus echtem Leder“, eine „Jacke Cobraleder“ und eine „Jacke, Baby-Salamander-Leder“ angeboten wurden. Die Darstellung der Designerin verstehe ein Besucher der Webseite so, dass dort tatsächlich Kleidungsstücke aus den benannten Lederarten angeboten würden, so das LG Hamburg in seinem Beschluss. Die Designerin hatte in ihrem Abmahnschreiben nämlich darauf verwiesen, dass sämtliche verarbeitete Lederpatches aus Kalbsleder bestünden. Laut LG Hamburg ist die Äußerung der Influencerin, die Angaben auf der Homepage seien „irreführend und falsch“ daher „eine zulässige Meinungsäußerung, für die auch Anknüpfungstatsachen bestehen“.

Vorwurf, die Designerin organisiere „Mordschauen“, innerhalb der Grenzen der Meinungsfreiheit

Das LG Hamburg verneinte einen Anspruch der Designerin auf Unterlassung der angegriffenen Äußerungen aus den §§ 1004 Abs. 1 Satz 2 analog, 823 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch in Verbindung mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der Designerin aus Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG bzw. dem Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Designerin.

Die Entscheidung des LG Hamburg ist noch nicht rechtskräftig, da noch sofortige Beschwerde nach § 567 Abs. 1 Nr. 2 Zivilprozessordnung erhoben werden kann.

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