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Medienprivileg

Geltungsbereich. Ausnahmen. Datengeheimnis.

Die DSGVO sieht besondere Ausnahmen vor für Medienvertreter. Diese Themenseite erklärt, wer sich auf das Medienprivileg berufen kann und wann es zur Anwendung kommt.

Was ist das Medienprivileg?

Datenschutzbehörden haben umfangreiche Befugnisse. Damit diese nicht zu weit in die grundrechtlich garantierte Pressefreiheit eingreifen, gibt es das sogenannte Medienprivileg. Danach ist eine Datenverarbeitung, die ausschließlich journalistischen Zwecken dient, nicht der DSGVO unterworfen. Das Medienprivileg nimmt journalistische Tätigkeit vom Regelungsregime des Datenschutzes aus, sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.

Privilegierung von Journalismus, Wissenschaft, Kunst, Literatur

Das Medienprivileg ist in Art. 85 DSGVO (‚Verarbeitung und Freiheit der Meinungsäußerung und Informationsfreiheit‘) DSGVO geregelt. Gemäß Art. 85 Abs. 1 DSGVO haben die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) durch Rechtsvorschriften das Datenschutzrecht mit dem Recht auf freie Meinungsäußerung und Informationsfreiheit „einschließlich der Verarbeitung zu journalistischen Zwecken“ in Einklang zu bringen. Nach Art. 85 Abs. 2 DSGVO sehen die einzelnen EU-Mitgliedstaaten für die Verarbeitung, die zu journalistischen, wissenschaftlichen, künstlerischen oder literarischen Zwecken erfolgt, Abweichungen oder Ausnahmen von den Kapiteln II bis IX der DSGVO vor, „wenn dies erforderlich ist, um das Recht auf Schutz der personenbezogenen Daten mit der Freiheit der Meinungsäußerung und der Informationsfreiheit in Einklang zu bringen“.

Sonderregeln für den Rundfunk

Das Medienprivileg ist ebenso in § 23 Medienstaatsvertrag (MStV) und den §§ 9c, § 57 Rundfunkstaatsvertrag (RStV) verankert. In diesen Normen wird das Medienprivileg allerdings beschränkt auf die ARD, das ZDF, das Deutschlandradio, private Rundfunkveranstalter sowie Unternehmen und Hilfsunternehmen der Presse, die „als Anbieter von Telemedien personenbezogene Daten zu journalistischen Zwecken verarbeiten“. Printmedien und ein Teil der Onlinemedien sind nach dem Wortlaut der Norm also nicht mitumfasst. Es ist jedoch herrschende Meinung, dass das Medienprivileg für diese Gruppen ebenfalls gilt. Denn der Begriff des Journalismus ist hier weit auszulegen. In Erwägungsgrund 153 Satz 7 der DSGVO ist die Rede davon, dass „Begriffe wie Journalismus“, die sich auf das Recht auf freie Meinungsäußerung beziehen, „weit ausgelegt werden“ müssen, „um der Bedeutung des Rechts auf freie Meinungsäußerung in einer demokratischen Gesellschaft Rechnung zu tragen“.

Abwägung von Datenschutzinteresse und Pressefreiheit

Bei Datenverarbeitungen, die das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen berühren, ist trotz des Medienprivilegs stets eine Abwägung zwischen dem Interesse des Betroffenen am Schutz seiner Daten und der Informations- und Meinungsfreiheit des Mediums vorzunehmen.
Die Abwägung kann im Einzelfall schwierig sein und erfordert Kenntnis der einschlägigen Rechtsprechung. Wir beraten Sie hier gerne mit unserem breiten Erfahrungsschatz.

Auskunft und Widerspruch: Weniger Betroffenenrechte

Wegen des Medienprivilegs benötigen Journalisten keine Einwilligung des Betroffenen nach Art. 6 Abs. 1 lit. a, 7 DSGVO, um rechtmäßig personenbezogene Daten zu verarbeiten. Ebenso steht Betroffenen gegenüber Medienunternehmen nicht der übliche Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO zu. Grund dafür ist der journalistische Quellenschutz. Wäre eine Auskunft regulär möglich, könnte dies dazu führen, dass auf journalistische Quellen und Informanten geschlossen werden kann oder die verfassungsrechtlich garantierte journalistische Arbeit behindert wird. Das Medienprivileg lässt auch das Widerspruchsrecht nach Art. 21 Abs. 1 DSGVO entfallen. Journalisten müssen nicht auf die Betroffenenrechte hinweisen. Auch sind für Medien für Fälle, in denen gegen die DSGVO verstoßen wird, keine Geldbußen vorgesehen, die ansonsten bis zu 20 Millionen Euro reichen.

Es bestehen allerdings zwei Ausnahmen: § 9c RStV sieht ein begrenztes Auskunftsrecht für den Fall vor, dass der Betroffene durch eine Berichterstattung in seinem Persönlichkeitsrecht beeinträchtigt wird. Nach § 9c RStV kann der Betroffene außerdem bei unrichtigen personenbezogenen Daten Berichtigung verlangen.

Parallele Geltung des Kunst- und Urhebergesetzes (KUG)

Bei Bildnissen von Personen gelten, auch nach Inkrafttreten der DSGVO, parallel die Bestimmungen des KUG. Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs füllt das KUG die Öffnungsklausel in Art. 85 DSGVO aus. Daher ist das KUG auch dann, wenn das Medienprivileg einschlägig ist, neben der DSGVO anwendbar.

Was ist nicht vom Medienprivileg umfasst?

Trotz Medienprivileg gelten für Journalisten die Kapitel I, III, X und XI der DSGVO. In diesen Kapiteln geht es um den sachlichen und räumlichen Anwendungsbereich der DSGVO, die Haftung und Schadenersatz bei Verstößen gegen das Datengeheimnis sowie um Rechtsakte und Schlussbestimmungen.

Wer kann sich auf das Medienprivileg berufen?

Das Medienprivileg gilt für Medienvertreter, also Angehörige der Presse wie Mitarbeiter von Redaktionen, Verlagen und Rundfunkanstalten, einschließlich freier Mitarbeiter . § 57 RStV umfasst auch „Hilfsunternehmen der Presse als Anbieter von Telemedien“. Dazu gehören auch Produktionsfirmen oder Content-Agenturen.

Berufsjournalisten in Redaktionen können sich in jedem Fall auf das sogenannte Medienprivileg berufen. Doch auch andere Personengruppen können sich je nach Einzelfall das Medienprivileg in Anspruch nehmen. Art. 85 Abs. 1 DSGVO spricht nämlich nicht nur von einer Verarbeitung zu journalistischen Zwecken, die privilegiert ist, sondern auch von einer Verarbeitung zu wissenschaftlichen, künstlerischen oder literarischen Zwecken.

EU-Gericht: Medienprivileg gilt auch für Hobbyjournalisten

Eine neuere Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urteil vom 14.02.2019, Az. C-345/17) erstreckt den Schutzbereich der DSGVO auch auf Hobbyjournalisten. In dem zugrundeliegenden Fall veröffentlichte ein Hobbyjournalist Aufnahmen seiner Vernehmung in einer Polizeidienststelle, auf denen Polizisten zu sehen und zu hören waren, bei Youtube. Die lettische Datenschutzbehörde sah darin einen Datenschutzverstoß. Der oberste Gerichtshof Lettlands legte dem EuGH die Frage vor, ob in der Veröffentlichung des Youtube-Videos eine journalistische Tätigkeit liegt und das Medienprivileg in einem solchen Fall gilt. Der EuGH urteilte, dass das Medienprivileg auch für Personen gilt, die keine hauptberuflichen Journalisten sind, wie zum Beispiel Hobbyblogger/-vlogger. Entscheidend ist, ob die Aufzeichnung und die Veröffentlichung des Videos ausschließlich zum Ziel hatte, Informationen, Meinungen oder Ideen in der Öffentlichkeit zu verbreiten.

Wenn Sie als Musiker, Künstler, Kreativer, Blogger, Podcaster oder Youtube-Influencer wissen möchten, ob Sie unter das Presseprivileg fallen, können wir Ihnen diese und andere Fragen genau beantworten.

Was gilt für Telemedien?

Anders als die Presse, also Printmedien wie Tageszeitungen, genießen Telemedien wie Online-Nachrichtenportale nicht automatisch das Medienprivileg. § 19 MStV sieht vor, dass „Telemedien mit journalistisch-redaktionell gestalteten Angeboten“ den „anerkannten journalistischen Grundsätzen zu entsprechen“ haben. Sie müssen Nachrichten vor deren Verbreitung mit der gebotenen Sorgfalt auf Inhalt, Herkunft und Wahrheit prüfen. Bei Verstößen kann die zuständige Landesmedienanstalt Maßnahmen verhängen und z.B. Inhalte sperren (§ 109 Abs. 1 MStV).

Freiwillige Selbstregulierung durch den Deutschen Presserat

Stattdessen können sich journalistische Onlinemedien dem Pressekodex unterwerfen. Der Pressekodex als berufsständisches Regelungswerk beinhaltet nämlich eigenständige Sanktionsmechanismen, zu denen auch die Erteilung öffentlicher Rügen gehört. Medien, die sich dem Pressekodex des Deutschen Presserats verpflichten, unterfallen nicht der Aufsicht durch die Landesdatenschutzbehörden und unterliegen nicht mehr der Regulierung durch die Landesmedienanstalten.

Die Unterwerfung unter die Freiwillige Selbstregulierung des Presserats muss durch die Angabe einer vorgegebenen formellen Selbstverpflichtungserklärung gegenüber dem Deutschen Presserat erfolgen. Dieser prüft dann die journalistisch-redaktionelle Gestaltung bzw. Arbeitsweise und ein regelmäßiges Erscheinen. Bei positivem Ausgang der Prüfung ist eine Finanzierungserklärung zu unterzeichnen. Medien, die sich der Freiwilligen Selbstregulierung durch den Deutschen Presserat anschließen, müssen ein Jahresentgelt zahlen. Dieses richtet sich bei Onlinemedien nach der Reichweite und bei Printmedien nach der Auflage.

Für welche Art von Beiträgen gilt das Medienprivileg?

Nur journalistisch-redaktionell strukturierte Medien können sich dem Pressekodex unterwerfen. Werbemedien können sich der Freiwilligen Selbstregulierung nicht anschließen.

Was ist das Datengeheimnis und wann findet es Anwendung?

Auch Medien, die vom Medienprivileg profitieren, sind nicht gänzlich frei von Pflichten. Sie sind verpflichtet, das Datengeheimnis zu wahren, geregelt in § 53 Bundesdatenschutzgesetz. Danach dürfen mit Datenverarbeitung befasste Personen personenbezogene Daten nicht unbefugt verarbeiten. Außerdem sind diese Personen auf das Datengeheimnis zu verpflichten.
Nach § 23 Abs. 1 Satz 1 MStV dürfen Personen, die bei ARD, ZDF, privaten Rundfunkveranstaltern und Unternehmen und Hilfsunternehmen der Presse personenbezogene Daten zu journalistischen Zwecken verarbeiten, diese nicht zu anderen Zwecken verarbeiten. Auch diese Personen sind vor Beginn ihrer Tätigkeit auf das Datengeheimnis zu verpflichten. Bei Nichtbeachtung dessen kann dies rechtliche Folgen, etwa in Form von Schadenersatzansprüchen, haben.

Wir unterstützen und beraten Sie mit unserer Expertise bei Fragen rund ums Medienprivileg, zu den Themen Datenschutz & DSGVO und zum Medien- und Persönlichkeitsrecht. Nehmen Sie dazu gerne Kontakt mit uns auf.

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