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B******t ist Bullshit – Keine Umgehung des Unterlassungsgebots durch Einsatz von Auslassungszeichen

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Umgehung Unterlassungsgebot Auslassungszeichen
lkeskinen – stock.adobe.com

Oft werden Schimpfwörter oder Kraftausdrücke im Internet und vorallem in Sozialen Netzwerken unter Einsatz von Auslassungszeichen „unkenntlich“ gemacht. Meist auch ein guter Gedanke.

Allerdings dann nicht, wenn bereits ein Unterlassungsgebot hinsichtlich der Bezeichnung (ohne die Auslassungszeichen) besteht.

Die Wiederholung einer verbotenen Bezeichnung – auch unter Einsatz der berühmten Sternchen – stellt einen Verstoß gegen das Unterlassungsgebot dar.  

Produktbezeichnung „Bullshit“

Einer „Influencerin“ war vom Landgericht Frankfurt am Main (LG Frankfurt am Main, Beschluss v. 21.06.2021, Az. 3 O 88/21) untersagt worden, über den klägerischen Fitness-Shop unter anderem die Aussage „Bullshit“ zu äußern.

Gänzlich ignorierte die Beklagte das Verbot nicht. Denn auf ihrem Instagram-Account in einem Highlight-Ordner, indem eine Zusammenstellung von Aussagen über eine Firma und deren Produkte zu finden sind, tätigte sie nun „andere“ Aussagen in Bezug auf den Fitness-Shop. Nun lauteten die Äußerungen „B******t“ und „B***“.

Dennoch setzte das Landgericht ein Ordnungsgeld in Höhe von 5.000 € fest. Zur Begründung führte das Landgericht aus, es handele sich um eine kerngleiche Verletzung der mit der einstweiligen Verfügung untersagten Handlung, denn die Schuldnerin benutze den untersagten Begriff „Bullshit“ weiter.

Verfremdung des Wortes durch Auslassungszeichen

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG Frankfurt am Main, Beschluss v. 23.09.2021, Az. 6 W 76/21) wies die gegen den Beschluss des Landgerichts gerichtete Beschwerde zurück. Auch das OLG war der Auffassung, dass die Beklagte durch ihre Veröffentlichung unter der Überschrift „Mehr B******t“ gegen die Unterlassungsverpflichtung verstoßen habe. Das schon aus dem Grund, weil der angesprochene Verkehrskreis trotz der Verfremdung des Wortes erkennen könne, was die Überschrift bedeuten soll.

Ausgangspunkt sei die einstweilige Verfügung aus erster Instanz. Der Verbotstenor enthält das Verbot, „Zusammenstellungen von Aussagen über Quality First, deren Influencer und deren Produkte in den Highlights des Instagram-Accounts „A“ mit „Mehr Bullshit“ zu bezeichnen, wenn dies wie nachfolgend eingeblendet geschieht“. Dann folgt eine Einblendung der Instagram-Seite, aus der sich allerdings nicht die Formulierung „Mehr Bullshit“ ergibt, sondern nur der Begriff „Mehr Bullsh…“. Der hieraus vermeintlich entstehende Widerspruch hinsichtlich der Reichweite des Titels lasse sich zwar nicht durch die Gründe des Beschlusses aufheben. Allerdings könne dann die Antragsschrift Bezug herangezogen werden, auf die das Landgericht verwiesen und damit zum Teil ihrer Begründung gemacht hat, so die Richter. Dort hatte die Antragstellerin vorgetragen, die Kategorie sei mit „Mehr Bullshit“ überschrieben worden. Damit sei der Titel dahingehend auszulegen, dass nicht nur „Mehr Bull…“, sondern auch „Mehr Bullshit“ erfasst ist.

Auch das Oberlandesgericht ist der Auffassung, dass es durch die Benutzung der Überschrift „Mehr B******t“ zu einem kerngleichen Verstoß gekommen sei. Der Verkehr sei daran gewöhnt, bei derart verfremdeten Wörtern anzunehmen, dass ein inkriminiertes Wort, üblicherweise ein Schimpfwort, verwendet werden soll. Hinzu komme, dass das menschliche Gehirn – so auch von der Klägerin unbestritten vorgetragen – beim Lesevorgang insbesondere Anfangs- und Endbuchstaben eines Jeden Wortes erfasse. So vorgeprägt könne der Verkehr bei der Suche nach einem inkriminierten (schimpf-)Wort nur auf das Wort „Bullshit“ kommen. Der „plumpe“ Umgehungsversuch der beklagten Influencerin scheitere genau aus diesen Gründen, so die Richter.

Verbotene Produktbezeichnung durch Influencerin

Letztlich könne zudem dahinstehen, ob die vorgenommenen Änderungen der ursprünglichen Version zur hier gegenständlichen vor oder nach der Zustellung der einstweiligen Verfügung erfolgten. Denn die Influencerin hätte wenigstens nach der Zustellung ihren Instagram-Auftritt anpassen müssen – dem Gebot kam sie augenscheinlich nicht nach.

Die Moral von der Geschichte: Auch Sterne, die eine Aussage verfremden, machen sie für den Verkehr nicht unkenntlich – denn der Verkehr ist daran gewöhnt und erfasst das Wort (meist) trotzdem!

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