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BGH: Taxifahrten per „App“ zum halben Preis nicht wettbewerbswidrig

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Der 1. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes, unter anderem zuständig für Streitigkeiten im Wettbewerbsrecht, hat am 29. März über die Zulässigkeit temporärer Bonusangebote für Taxifahrten mit der App „MyTaxi“ entschieden (BGH, 29.03.2018, Az. I ZR 34/17).

MyTaxi“ contra „Taxi Deutschland“

Im betreffenden Rechtsstreit zogen die Betreiber der Smartphone-App „Taxi Deutschland“ gegen die Anbieter der App „MyTaxi“ ins Feld. Zuvor hatten letztere für Nutzer der App mit insgesamt vier Aktionen Taxifahrten zum halben Preis angeboten, die zweite Hälfte der Fahrtkosten erhielt der Taxifahrer dabei abzüglich der Vermittlungskosten von „MyTaxi“.

Nach Ansicht der „Taxi Deutschland“-Betreiber verstoße ein solches Angebot gegen geltendes Wettbewerbsrecht, da in Deutschland die Pflicht zur Einhaltung der behördlich geregelten Taxitarife bestehe.

Zuvor hatte das Landgericht Frankfurt am Main der Klage stattgegeben, (LG Frankfurt, 19.01.2016, Az. 3-06 O 72/15), die Berufung blieb erfolglos. (OLG Frankfurt, Urteil v. 2.2.2017, Az. 6 U 29/16). Mit der vom Senat genehmigten Revision verfolgten die „MyTaxi“-Betreiber ihre Abweisung der Klage weiter.

BGH: Bonusaktionen nicht unlauter

Die Karlsruher Richter gaben der Revision statt und wiesen die Klage seitens „Taxi Deutschland“ entsprechend ab.

Ausschlaggebend war dabei, dass nach Ansicht des Bundesgerichtshofes die Betreiber der App „MyTaxi“ selber kein Taxiunternehmen seien, und demnach auch nicht an die festgesetzte Tariffestlegung gebunden seien. Der Betreiber agiere lediglich als Vermittler zwischen Kunden und Taxiunternehmen, welche wiederum legitimiert seien, derartige Vermittlungsangebote auch in Anspruch zu nehmen.

Grundsätzlich sei es zwar richtig, dass Taxiunternehmen nicht berechtigt seien, die tariflichen Festpreise zu mindern. Für die Feststellung eines Verstoßes gegen diese Regelung komme es jedoch lediglich darauf an, ob eine Vermehrung des Vermögens des befördernden Taxiunternehmens in Höhe des Tarifpreises stattgefunden hat – wie der Kunde die Fahrt im Einzelnen bezahlt, sei ohne Bedeutung. Eben genau so liege der Fall bei der Nutzung der App, auch wenn das Bonusangebot in Kauf genommen wird, da das Taxiunternehmen den vollen tariflichen Preis erhält.

Auch ein Verstoß gegen § 3a UWG scheide aus: zwar handele es sich bei den gesetzlichen Tarifbindungen zwar um sogenannte Marktverhaltensregelungen im Sinne der Vorschrift, die Rabattangebote verstießen aber, wie festgestellt, nicht gegen diese.

Auch die Funktionsfähigkeit des Taxiverkehrs sei in die Überlegungen mit eingeflossen. Doch auch hieraus ergebe sich keine andere Bewertung: Solange den Taxiunternehmen genügend Vermittlungsmöglichkeiten zur Seite stünden, bestehe kein Anlass, den Wettbewerb einzuschränken.

Rabattaktion kein geeignetes Mittel, um „Taxi Deutschland“ zu verdrängen

Nach Ansicht von „Taxi Deutschland“ verwirklichten die Bonusaktionen eine unzulässige gezielte Behinderung im Sinne des § 4 UWG. Demnach ist die nicht kostendeckende Erbringung einer Leistung wettbewerbswidrig, allerdings nur dann, wenn sie in Verdrängungsabsicht erfolgt, und insbesondere auch geeignet ist, einen Konkurrenzen vom Markt zu verdrängen. An dieser Geeignetheit fehle es nach Ansicht des BGH jedoch. Die Angebote von „MyTaxi“ seien geographisch auf ganz Deutschland ausgeweitet worden, sowie den Verbrauchern lediglich temporär zur Verfügung gestellt worden.

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