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If I can make it there, I’ll make it anywhere: LG Köln verbietet Agentur in New York Bilderklau auf Instagram

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© f11photo – Fotolia.com

Das Landgericht Köln bleibt seiner Linie treu und folgt dem BGH weiterhin darin, dass es für eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für ein Verfahren wegen Urheberrechtsverletzungen genügt, dass die entsprechende Internetseite (auch) in Deutschland abrufbar ist.

Die Spezialkammer für Urheberrecht des LG Köln hat dementsprechend  aktuell eine einstweilige Verfügung gegen ein Unternehmen mit Sitz in New York erlassen, dass ein Lichtbildwerk  im Rahmen eines englischsprachigen Instagram-Postings öffentlich zugänglich gemacht hatte (LG Köln, Beschluss v. 25.2.2019, Az. 14 O 68/19, hier als PDF abrufbar).

Fotoklau auf Instagram

Die Antragstellerin, eine international arbeitende Fotografin hatte festgestellt, dass eine New Yorker Kreativagentur eines ihrer Lichtbildwerke auf Instagram veröffentlicht hatte. Sie forderte die Agentur zur Abgabe einer Unterlassungserklärung und zur Zahlung von Schadensersatz auf.

Anders als man  dies bei einer Kreativagentur, somit einem Unternehmen, das selbst  zu einem großen Teil auf das Urheberrecht angewiesen ist, vermuten würde, war man sich dort keiner Schuld bewusst. Die Antragstellerin solle doch –  ein von Kreativen oft gehörtes Verteidigungsargument – froh sein, dass man ihr Foto auf Instagram veröffentlicht habe. Denn dadurch erlange sie ja weitere Bekanntheit.

Unterlassungserklärung wurde verweigert

Eine Unterlassungserklärung oder gar die Erstattung von Schadensersatz wies man empört von sich. Man werde vielmehr seine „Anwälte“ (eine bestimmte Art von Zeitgenossen behauptet kurioserweise regelmäßig, stets gleich mehrere Rechtsberater zur Hand zu haben) mit dem Fall befassen. Der (Einzel-)Anwalt, der dann antwortete, half der Antragsgegnerin jedoch auch nicht. Die Abgabe einer Unterlassungserklärung wurde auch von diesem abgelehnt.

Antrag auf einstweilige Verfügung in Deutschland?

Die Antragstellerin stand nun trotz der eindeutigen Rechtslage vor einem Problem: Würde sie die Rechtsverletzung überhaupt in Deutschland in Anspruch nehmen können?

Bisher musste ein Inlandsbezug dargelegt werden

Die bisherige Rechtssprechung machte es den Tätern leicht. Denn der Rechteinhaber musste – jedenfalls bis zum Jahr 2016 – darlegen, dass die Internetseite, auf der sich die Rechtsverletzung befand, bestimmungsgemäß auch in Deutschland abgerufen werden konnte. Die bloße Abrufbarkeit der Seite reichte nicht aus. Der Rechteinhaber musste daher regelmäßig mühsam anhand von objektiven Indizien darlegen, dass mit der Internetseite auch deutsche Nutzer angesprochen werden sollten.

Damit ist es jetzt im Urheberrecht vorbei

Der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil v. 21.4.2016, Az- I ZR 43/14) hat im April 2016 entschieden, dass der Erfolgsort einer unerlaubten Handlung im Sinne von § 32 ZPO bei einer behaupteten Verletzung des Urheberrechts oder verwandter Schutzrechte durch ein öffentliches Zugänglichmachen des Schutzgegenstands über eine Internetseite im Inland belegen ist, wenn die geltend gemachten Rechte im Inland geschützt sind und die Internetseite (auch) im Inland öffentlich zugänglich ist.

Details zu dem erfreulichen Paradigmenwechsel können hier nachgelesen werden:

Das LG Köln schloss sich im Jahr 2018 dem BGH an

Man sollte meinen, dass die Instanzgerichte die Entscheidung des BGH nicht nur zur Kenntnis nehmen, sondern auch umgehend umsetzen würden. Weit gefehlt. Zwei Jahre lang hatten wir für unsere Mandanten bei unterschiedlichsten Gerichten bundesweit entsprechend vorgetragen und waren mit diesem Argument– auch wenn wir die Gerichte meist mit anderen geografischen Berührungspunkten von ihrer Zuständigkeit überzeugen konnten – durchgehend gescheitert.

Das ist seit dem August 2018 – jedenfalls in Köln – anders (LG Köln, Beschluss v. 14.8.2018, Az. 14 O 271/18). Wir berichteten hier:

Köln bleibt seiner Linie treu und erlässt einstweilige Verfügung

Erfreulicherweise hielt das Landgericht Köln auch im vorliegenden Fall an seiner Auffassung fest und erließ zu Gunsten der Antragstellerin eine einstweilige Verfügung, mit der dem New Yorker Unternehmen verboten wurde, das Lichtbildwerk auf Instagram öffentlich zugänglich zu machen (LG Köln, Beschluss v. 25.2.2019, Az. 14 O 68/19, hier als PDF abrufbar).

Die zuständige Kammer führt diesbezüglich wie folgt aus:

(…) Danach ist für den mit dem einstweiligen Verfügungsverfahren verfolgten Unterlassungsanspruch die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte begründet. Der Antragsteller nimmt die – in New York ansässige – Antragsgegnerin wegen der behaupteten Verletzung eines in Deutschland bestehenden Leistungsschutzrechts des Lichtbildners auf Unterlassung in Anspruch, in Deutschland bestimmte Lichtbilder öffentlich zugänglich zu machen. Der Erfolgsort einer unerlaubten Handlung im Sinne von Paragraf 32 ZPO ist bei einer behaupteten Verletzung des Urheberrechts oder verwandter Schutzrechte durch ein öffentliches Zugänglichmachung des Schutzgegenstands über eine Internetseite im Inland belegen, wenn die geltend gemachten Rechte im Inland geschützt sind und die Internetseite (auch) im Inland öffentlich zugänglich ist. Es ist dagegen nicht erforderlich, dass der Internetauftritt bestimmungsgemäß (auch) im Inland abgerufen werden kann (vgl. BGH, Urteil v. 21.4.2016, Az. I ZR 43/14 –An Evening With Marlene Dietrich).

Fazit

Hochinteressant ist die vom Landgericht Köln adaptierte BGH-Entscheidung für die immer häufiger notwendig werdenden Klagen gegen Google oder andere US-Unternehmen. Es steht zu hoffen, dass – wie es eigentlich selbstverständlich sein müsste – weitere Instanzgerichte  der höchstrichterlichen Rechtsprechung folgen.

Auch, wenn eine deutsche Entscheidung im Ausland, insbesondere wenn es Länder außerhalb der Europäischen Union betrifft, oft nicht unmittelbar vollstreckbar sind, kann es sinnvoll sein, einen entsprechenden Titel zu erwirken. Dieser gilt zwar nur unmittelbar zwischen den Streitparteien, kann aber zur Illustration der Rechtslage bzw. für den Beleg der Tatsache, dass ein deutsches Gericht das Verhalten bereits als unzulässig beurteilt hat, auch Dritten, wie zum Beispiel Hostprovidern und nicht zuletzt Suchmaschinenbetreibern, wie zum Beispiel Google vorgelegt werden. Ab Kenntnis eines Rechtsverstoßes haften diese nämlich jedenfalls als Störer auf Unterlassung und gegebenenfalls sogar auch auf Schadensersatz.

Last but not least kann es natürlich auch nützlich sein, Geschäftspartner davon in Kenntnis zu setzen, dass die im Internet kursierenden Äußerungen nicht nur – gerichtlich festgestellt – unwahr sind, sondern dass er sich man dagegen auch entschieden zur Wehr setzt.

(Offenlegung: Unsere Kanzlei  hat die Antragstellerin vertreten.)

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