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Filesharing – Das OLG Düsseldorf hat keine Lust mehr

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In einem Beschluss auf einen Antrag auf Prozesskostenhilfe hat das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG Düsseldorf, Beschluss v. 14.11.2011, Az. I-20 W 132/11) dem Beklagten mit deutlichen Worten Prozesskostenhilfe für die Rechtsverteidigung in einem „Filesharing“-Verfahren gewährt.

Nachdem das Landgericht Düsseldorf den Antrag auf Prozesskostenhilfe noch zurückgewiesen und damit der geplanten Rechtsverteidigung des Beklagten keinerlei Aussichten auf Erfolg beigemessen hatte, kehrte der Senat des Oberlandesgerichts Düsseldorf diese Entscheidung um.

Offenbar hatte die Musikindustrie, vertreten durch die Rechtsanwälte Rasch, wie so oft einen Filesharer erwischt und diesen abgemahnt. Die entsprechenden Abmahnkosten waren nun anscheinend Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

Das Oberlandesgericht macht in seinem Beschluss nur allzu deutlich, dass es von dem Begehren der Klägerin nichts, aber auch gar nichts hält.

Abmahnung völlig unbrauchbare anwaltliche Dienstleistung

Es stehe bereits nicht fest, dass der Beklagte die behaupteten Urheberrechtsverletzungen überhaupt begangen habe. Darüber hinaus stelle die Abmahnung, die die geltend gemachten Kosten verursacht haben sollte, aufgrund ihrer Mangelhaftigkeit – darin gipfeln die Ausführungen des Gerichts – eine „völlig unbrauchbare anwaltliche Dienstleistung“ dar, die zulasten des Dienstherrn keinen Honoraranspruch auslösen könne.

Das Oberlandesgericht redet sich bei der Aufzählung der der Abmahnung anhaftenden Mängel regelrecht in Rage:

Die Aktivlegitimation, somit die Rechteinhaberschaft an den abgemahnten Musiktiteln, der Klägerinnen sei in der Abmahnung nicht hinreichend dargelegt worden. Die Abmahnung sprach offenbar von insgesamt 304 herunter geladenen Musiktiteln, wobei nur vier Titel dem Angebot der Klägerinnen entstammten.

Auch der Verstoß sei dementsprechend nicht hinreichend dargelegt gewesen.

Die vorformulierte Unterlassungserklärung sei daher auch viel zu weit gefasst gewesen.

Neu: Vorformulierte Unterlassungserklärungen können AGB sein!

Dies führe im vorliegenden Fall nicht nur zu einer eklatanten Zuvielforderung, sondern auch vor dem Hintergrund, das die Unterlassungserklärungen von den Klägerinnen für eine Vielzahl von Fällen vorformuliert würden dazu, dass eine gleichwohl abgegebene Verpflichtung daher nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam wäre. Vom Unterlassungsgläubiger vorformulierte Unterlassungs- und Vertragsstrafeverpflichtungserklärungen unterfielen den Regelungen des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (BGH, NJW 1993, 721, 722).

Abmahnkosten grundsätzlich nicht aus Schadensersatz

Unabhängig von der Mangelhaftigkeit der Abmahnung könne die Erstattung der Abmahnkosten auch nicht auf einen eventuellen Schadensersatzanspruch gestützt werden. Ein solcher Schadensersatzanspruch kommt aber natürlich in Betracht, da die anwaltliche Tätigkeit und die damit zusammenhängenden Kosten unmittelbar auf dem rechtsverletzenden Verhalten des Schuldners beruhen.

Da mit der Abmahnung aber nicht eine bereits geschehene Gesetzesverletzung außergerichtlich verfolgt werde, sondern sich gegen die Gefahren richte, die aus zukünftiger Handlung des Abgemahnten drohten, sei ein solcher Anspruch jedenfalls zweifelhaft.

Damit vertritt das Oberlandesgericht Düsseldorf die Meinung von Joachim Bornkamm, dem Vorsitzenden des Wettbewerbssenats des Bundesgerichtshofs, der aus den oben genannten Gründen der Auffassung ist, dass Abmahnkosten grundsätzlich nicht auf der Grundlage eines Schadensersatzanspruchs geltend gemacht werden könnten. Allenfalls bei Fällen von Dauerdelikten, in denen die Abmahnung auch der Begrenzung des Schadens aus der in der Vergangenheit liegenden Verletzungshandlung dient, könne die Erstattung der Abmahnkosten aus einen Schadensersatzanspruch anerkannt werden. Dem hält allerdings ein ebenfalls nicht unwichtiger Experte des Wettbewerbsrechts, Otto Teplitzky entgegen, man könne nicht daran zweifeln, dass die Abmahnkosten durch die Verletzungshandlung adäquat verursacht worden seien.

Das Gericht stellt an dieser Stelle jedoch klar, dass all dies vorliegend dahinstehen könne, da die Abmahnung eine völlig unbrauchbare anwaltliche Dienstleistung darstelle, bezüglich derer der Dienstberechtigte die Zahlung des Honorars verweigern oder die Rückerstattung des bereits gezahlten Honorars verlangen könne. Dementsprechende fehle es auch an einem erstattungsfähigen Schaden bei den Klägerinnen.

Es ist offensichtlich, dass dem Oberlandesgericht Düsseldorf hier der sprichwörtliche Kragen geplatzt ist, da der gesamte Fall von den betreuenden Rechtsanwälten offenbar so unsorgfältig geführt wurde, dass noch nicht einmal klar war, an welchen der angeblich herunter geladenen Musikwerke die Klägerinnen überhaupt Rechte geltend machen konnten.

Fazit:

Bei allem Verständnis für den Ärger des Gerichts sind die Ausführungen zum Schadensersatzanspruch des Rechteinhabers nicht recht nachvollziehbar. Denn anwaltliche Arbeit erschöpft sich entgegen einem weit verbreiteten Glauben nicht im Verfassen von Schreiben oder Schriftsätzen. Letztere stellen im Gegenteil vielmehr erst das manchmal aus nur wenigen Zeilen bestehende Ergebnis einer möglicherweise langwierigen, mehrere Stunden oder Tage dauernden Prüfung dar.

Insbesondere Strafrechtler werden bestätigen können, dass es nach dem Durcharbeiten möglicherweise Hunderte oder Tausende Seiten umfassende Strafrechtsakte sogar ratsam sein kann, sich gar nicht zu äußern. Man stelle sich nur die Empörung der Strafrechtler vor, wenn man ihnen eröffnete, dass sie in einem solchen Fall auch keine Vergütung zu erwarten hätten.

Richter müssten dies eigentlich nachvollziehen können; bekommen diese doch sogar völlig ungeachtet irgendeines Arbeitsergebnisses ihre Bezüge… (la)In einem Beschluss auf einen Antrag auf Prozesskostenhilfe hat das Oberlandesgericht Düsseldorf (OLG Düsseldorf, Beschluss v. 14.11.2011, Az. I-20 W 132/11) dem Beklagten mit deutlichen Worten Prozesskostenhilfe für die Rechtsverteidigung in einem „Filesharing“-Verfahren gewährt.

Nachdem das Landgericht Düsseldorf den Antrag auf Prozesskostenhilfe noch zurückgewiesen und damit der geplanten Rechtsverteidigung des Beklagten keinerlei Aussichten auf Erfolg beigemessen hatte, kehrte der Senat des Oberlandesgerichts Düsseldorf diese Entscheidung um.

Offenbar hatte die Musikindustrie, vertreten durch die Rechtsanwälte Rasch, wie so oft einen Filesharer erwischt und diesen abgemahnt. Die entsprechenden Abmahnkosten waren nun anscheinend Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.

Das Oberlandesgericht macht in seinem Beschluss nur allzu deutlich, dass es von dem Begehren der Klägerin nichts, aber auch gar nichts hält.

Abmahnung völlig unbrauchbare anwaltliche Dienstleistung

Es stehe bereits nicht fest, dass der Beklagte die behaupteten Urheberrechtsverletzungen überhaupt begangen habe. Darüber hinaus stelle die Abmahnung, die die geltend gemachten Kosten verursacht haben sollte, aufgrund ihrer Mangelhaftigkeit – darin gipfeln die Ausführungen des Gerichts – eine „völlig unbrauchbare anwaltliche Dienstleistung“ dar, die zulasten des Dienstherrn keinen Honoraranspruch auslösen könne.

Das Oberlandesgericht redet sich bei der Aufzählung der der Abmahnung anhaftenden Mängel regelrecht in Rage:

Die Aktivlegitimation, somit die Rechteinhaberschaft an den abgemahnten Musiktiteln, der Klägerinnen sei in der Abmahnung nicht hinreichend dargelegt worden. Die Abmahnung sprach offenbar von insgesamt 304 herunter geladenen Musiktiteln, wobei nur vier Titel dem Angebot der Klägerinnen entstammten.

Auch der Verstoß sei dementsprechend nicht hinreichend dargelegt gewesen.

Die vorformulierte Unterlassungserklärung sei daher auch viel zu weit gefasst gewesen.

Neu: Vorformulierte Unterlassungserklärungen können AGB sein!

Dies führe im vorliegenden Fall nicht nur zu einer eklatanten Zuvielforderung, sondern auch vor dem Hintergrund, das die Unterlassungserklärungen von den Klägerinnen für eine Vielzahl von Fällen vorformuliert würden dazu, dass eine gleichwohl abgegebene Verpflichtung daher nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam wäre. Vom Unterlassungsgläubiger vorformulierte Unterlassungs- und Vertragsstrafeverpflichtungserklärungen unterfielen den Regelungen des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (BGH, NJW 1993, 721, 722).

Abmahnkosten grundsätzlich nicht aus Schadensersatz

Unabhängig von der Mangelhaftigkeit der Abmahnung könne die Erstattung der Abmahnkosten auch nicht auf einen eventuellen Schadensersatzanspruch gestützt werden. Ein solcher Schadensersatzanspruch kommt aber natürlich in Betracht, da die anwaltliche Tätigkeit und die damit zusammenhängenden Kosten unmittelbar auf dem rechtsverletzenden Verhalten des Schuldners beruhen.

Da mit der Abmahnung aber nicht eine bereits geschehene Gesetzesverletzung außergerichtlich verfolgt werde, sondern sich gegen die Gefahren richte, die aus zukünftiger Handlung des Abgemahnten drohten, sei ein solcher Anspruch jedenfalls zweifelhaft.

Damit vertritt das Oberlandesgericht Düsseldorf die Meinung von Joachim Bornkamm, dem Vorsitzenden des Wettbewerbssenats des Bundesgerichtshofs, der aus den oben genannten Gründen der Auffassung ist, dass Abmahnkosten grundsätzlich nicht auf der Grundlage eines Schadensersatzanspruchs geltend gemacht werden könnten. Allenfalls bei Fällen von Dauerdelikten, in denen die Abmahnung auch der Begrenzung des Schadens aus der in der Vergangenheit liegenden Verletzungshandlung dient, könne die Erstattung der Abmahnkosten aus einen Schadensersatzanspruch anerkannt werden. Dem hält allerdings ein ebenfalls nicht unwichtiger Experte des Wettbewerbsrechts, Otto Teplitzky entgegen, man könne nicht daran zweifeln, dass die Abmahnkosten durch die Verletzungshandlung adäquat verursacht worden seien.

Das Gericht stellt an dieser Stelle jedoch klar, dass all dies vorliegend dahinstehen könne, da die Abmahnung eine völlig unbrauchbare anwaltliche Dienstleistung darstelle, bezüglich derer der Dienstberechtigte die Zahlung des Honorars verweigern oder die Rückerstattung des bereits gezahlten Honorars verlangen könne. Dementsprechende fehle es auch an einem erstattungsfähigen Schaden bei den Klägerinnen.

Es ist offensichtlich, dass dem Oberlandesgericht Düsseldorf hier der sprichwörtliche Kragen geplatzt ist, da der gesamte Fall von den betreuenden Rechtsanwälten offenbar so unsorgfältig geführt wurde, dass noch nicht einmal klar war, an welchen der angeblich herunter geladenen Musikwerke die Klägerinnen überhaupt Rechte geltend machen konnten.

Fazit:

Bei allem Verständnis für den Ärger des Gerichts sind die Ausführungen zum Schadensersatzanspruch des Rechteinhabers nicht recht nachvollziehbar. Denn anwaltliche Arbeit erschöpft sich entgegen einem weit verbreiteten Glauben nicht im Verfassen von Schreiben oder Schriftsätzen. Letztere stellen im Gegenteil vielmehr erst das manchmal aus nur wenigen Zeilen bestehende Ergebnis einer möglicherweise langwierigen, mehrere Stunden oder Tage dauernden Prüfung dar.

Insbesondere Strafrechtler werden bestätigen können, dass es nach dem Durcharbeiten möglicherweise Hunderte oder Tausende Seiten umfassende Strafrechtsakte sogar ratsam sein kann, sich gar nicht zu äußern. Man stelle sich nur die Empörung der Strafrechtler vor, wenn man ihnen eröffnete, dass sie in einem solchen Fall auch keine Vergütung zu erwarten hätten.

Richter müssten dies eigentlich nachvollziehen können; bekommen diese doch sogar völlig ungeachtet irgendeines Arbeitsergebnisses ihre Bezüge… (la)

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