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Bundesgerichtshof: Haftet Youtube für Urheberrechtsverletzungen von Uploadern?

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In einer noch ausstehenden Entscheidung verhandelt der Bundesgerichtshof aktuell über die Störerhaftung von Youtube und Google bei Verstößen gegen das Urheberrecht durch User auf den Seiten der Internetgrößen (Az. I ZR 140/15).

Der Hamburger Musikproduzent Hans Peterson hatte vor nunmehr fast 10 Jahren den Rechtsstreit mit den Medienmogulen begonnen.

Damals verklagte er sowohl Youtube als auch Google als deren Alleingesellschafterin – aus gutem Grund: In großem Maße und aller Regelmäßigkeit werden auf der Plattform Videos der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, ohne dass die Uploader entsprechende Lizenzen oder Berechtigungen innehaben – Urheberrechtsverletzungen zum Leidwesen der Rechteinhaber sind die Konsequenz.

OLG Hamburg bejaht Störerhaftung von Youtube

Bereits im Juni 2015 hatte das OLG Hamburg über den Fall zu entscheiden (OLG Hamburg, 01.07.2015, Az. 5 U 87/12). Damals hatten die Richter den Betreiber jedoch weder als Täter oder Teilnehmer bei illegal veröffentlichten Videos auf der Plattform angesehen – auch habe sich Youtube die entsprechenden Inhalte nicht zu eigen gemacht, was beispielsweise im Falle von Werbeeinspielungen während der Videos der Fall gewesen wäre.

Dem Urteil nach wurde jedoch eine Störerhaftung seitens Youtube angenommen: Als solcher kann nach ständiger Rechtsprechung des BGH bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat-kausal zur Verletzung des geschützten Rechtsguts beiträgt. Im konkreten Fall war Youtube von nun an angehalten, bei Benachrichtigung und sonstiger Kenntniserlangung hinsichtlich Urheberrechtsverletzungen diese zu unterbinden.

Keine Kontrollpflicht für Host-Provider

Eine allgemeine, präventive Kontrollpflicht von Host-Providern (darunter beispielsweise auch Internetanbieter oder Betreiber von WLAN-Netzwerken) bezüglich Urheberrechtsverletzungen lehnten die Richter jedoch ab, da eine solche mit § 7 Abs. 2 des Telemediengesetzes kollidiere. Besagte Norm legt fest, dass Dienstanbieter nicht verpflichtet sind, die von ihnen übermittelten oder gespeicherten Informationen zu überwachen oder nach Umständen zu forschen, die auf eine rechtswidrige Tätigkeit hinweisen.

Youtube zu Präventivmaßnahmen verpflichtet

Nach Ansicht der Hamburger Richter stelle Youtube jedoch aufgrund seiner Größe und Popularität lange keinen Host-Provider im klassischen Sinne mehr dar, demnach träfe den Anbieter auch die Pflicht, zumindest in gewissem Maße Präventivmaßnahmen zu ergreifen – allerdings nur, wenn Youtube im Vorfeld auf entsprechende Rechtsverletzungen hingewiesen worden war, sprich: vergleichbare Uploads gelte es ab Kenntniserlangung künftig zu verhindern.

In diesem Zusammenhang „rette“ nach Ansicht des Hamburger OLG der gewaltige Umfang an Inhalten, die tagtäglich auf die Videoplattform hochgeladen werden, und der damit verbundene große Aufwand zur Aufspürung eben solcher diese jedoch nicht vor derartigen Pflichten.

Allerdings, so die Hamburger Richter weiter, seien diese Überwachungsaufgaben auch nicht unendlich weit zu fassen: Beispielsweise im Falle von mehreren zusammengeschnittenen geschützten Inhalten seien die technischen Möglichkeiten zur Auffindung von Rechtsverletzungen unter Umständen zu beschränkt, und Youtube demnach auch nicht zumutbar.

Fazit: Weitreichende Entscheidung ausstehend

Da YouTube gegen die Entscheidung des OLG Hamburg Berufung eingelegt hat, muss sich nun der Bundesgerichtshof mit dem Fall befassen. Der Termin zur mündlichen Verhandlung wurde vom 22.2.2018 auf den 9.5.2018 verlegt.

Die konkrete Festlegung möglicher Kontrollpflichten und obligatorischer Reaktionsmaßnahmen für Youtube im Falle von Urheberrechtsverletzungen stehen bis dahin noch aus – in welchen Punkten sich der BGH dem OLG Hamburg anschließt, bleibt abzuwarten.

Eine Haftung als Störer wird der BGH mit Sicherheit annehmen, fraglich ist nur, in welchem Maße Youtube Kontrollpflichten auferlegt werden – je nach Intensität des technischen Aufwandes und Schwere der Rechtsverletzung besteht hier großer Klärungsbedarf in vielen Einzelfällen. Die Entscheidung dürfte jedoch definitiv hohe Brisanz angesichts der Fülle von Rechteinhabern an Inhalten und der Masse an Besuchern auf Youtube entfalten.

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