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OLG Hamm: Unternehmen müssen Informationen zur Rechtsform angeben

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Foto von Andrea Piacquadio von Pexels

Einem aktuellen Urteil des Oberlandesgericht Hamm nach sind Händler im Rahmen von eigener Werbung verpflichtet, bestimmte Informationen hinsichtlich des eigenen Unternehmens bereitzustellen. So müssen die Anzeigen zumindest Angaben zur Rechtsform und Namen der Firma enthalten.

Identitätsfragen bei Instandsetzung

Im Vorfeld des Urteiles hatte ein Unternehmen, welches unter anderem Autoreifen und deren Montage feilbietet, per Anzeige in einem lokalen Zeitungsblatt für die hauseigenen Dienstleistungen geworben. Die Konkurrenz sah darin eine „Aufforderung zum Kauf“ im Sinne des § 5a) Abs. 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb. Liegt ein solche vor, sei der Anbietende verpflichtet, Angaben zur eigenen Identität zu machen. Da im Rahmen der Werbung allerdings diesbezüglich lediglich von der „Reifen-Zentrale S & R“ die Rede war, lag nach Ansicht der Gegenseite ein Verstoß gegen das UWG vor. So sei nicht erkennbar, ob es sich hier um eine natürliche Person oder aber eine Gesellschaft handelt. Nachdem der Kfz-Experte erfolglos abgemahnt wurde, erhob der Rivale letztlich Klage vor dem Siegener Landgericht.

Berufungsgericht kippt Urteil

Diese blieb jedoch zunächst ohne Erfolg, und wurde abgewiesen (LG Siegen, Urteil v. 30.04.2019, Az. 6 O 3/19). Während die Richter am Landgericht noch der Auffassung waren, dass den Anforderungen des § 5 a) UWG Rechnung getragen worden sei, entschied der Senat am OLG Hamm als Berufungsinstanz nun gänzlich anders (OLG Hamm, Urteil v. 18.02.2020, Az. 4 U 66/19). Nach Meinung der Richter sei in der Werbung ein Verstoß gegen § 5 a) Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3 Nr. 2 UWG zu sehen. Hier heißt es:

(2) Unlauter handelt, wer im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthält,

1. die der Verbraucher je nach den Umständen benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und

(3) Werden Waren oder Dienstleistungen unter Hinweis auf deren Merkmale und Preis in einer dem verwendeten Kommunikationsmittel angemessenen Weise so angeboten, dass ein durchschnittlicher Verbraucher das Geschäft abschließen kann, gelten folgende Informationen als wesentlich im Sinne des Absatzes 2, sofern sie sich nicht unmittelbar aus den Umständen ergeben:

2. die Identität und Anschrift des Unternehmers, gegebenenfalls die Identität und Anschrift des Unternehmers, für den er handelt;

In der streitgegenständlichen Werbeanzeige fehle es aber an einer „wesentlichen Information“. Im Rahmen einer solcher Aufforderung zum Kauf sei zunächst der Name des Anbietenden anzuführen. Dies alleine reiche aber nicht, zur Identität gehöre insofern auch die konkrete Rechtsform des Unternehmens. Dies folgere aus dem Sinn und Zweck der genannten Vorschriften. Dieser liege in der Möglichkeit für den Verbraucher, die Reputation und die wirtschaftliche Kraft des Vertragspartners einschätzen zu können. Der „Rufname“ isoliert sei lediglich „Schall und Rauch“, ergo ein nur oberflächliches Erkennungsmerkmal. Der Anforderung, die Identität preiszugeben, werde durch diesen allein nicht gerecht.

Unschädlich sei allerdings, dass Informationen zum Hersteller der angebotenen Waren (hier der Autoreifen) fehlten. Diesbezüglich sei lediglich erforderlich, dass sich der Verbraucher ein fundiertes Bild hinsichtlich der Beschaffenheit und zentralen Merkmale der Produkte bilden kann.

Ob eine grundsätzliche Pflicht für Gesellschaften bürgerlichen Rechts zur Nutzung eines „Namenszusatzes“ mit Informationen zur Rechtsform besteht, könne hier offenbleiben. In jedem Fall bestehe eine solche aber im Zusammenhang mit geschalteter Werbung wie im zu entscheidenden Fall.

Fazit

Dass bei der Auslegung von Vorschriften neben dem Wortlaut auch deren Sinn und Zweck zu Rate gezogen wird, liegt auf der Hand. Eben auf diesem beruht das Urteil aus Hamm: Der Verbraucher soll ein möglichst transparentes Bild der Unternehmen vermittelt bekommen, mit denen er in geschäftliche Beziehungen treten will. Dass diese Transparenz nicht nur durch § 5 a) UWG, sondern durch das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb als Ganzes gewährleistet werden soll, unterstreicht die Richtigkeit der Entscheidung des OLG. Aus Unternehmenssicht empfiehlt es sich daher immer, vor der Veröffentlichung von Werbung rechtlichen Rat einzuholen.

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