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Bezeichnung „Manufaktur“ nur zulässig, wenn tatsächlich Handarbeit vorliegt

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Irreführung Manufaktur
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Der Trend geht zur „Manufaktur“. Da wird der Bäcker zur „Brotmanufaktur“, der Friseurladen zur „Haarmanufaktur“ und die Fahrradwerkstatt zur „Fahrradmanufaktur“.  Das Oberlandesgericht Frankfurt hat jetzt entschieden: Nur wenn Produkte überwiegend in Handarbeit gefertigt werden, darf mit „Manufaktur“ firmiert werden. Ansonsten liegt eine wettbewerbswidrige Irreführung vor (OLG Frankfurt, Beschluss v. 29.6.2021, Az. 6 U 46/20).

Mit dem Begriff „Manufaktur“ verbinde der Verkehr im Gegensatz zur industriellen Herstellung von Produkten eine Herstellungsstätte mit langer Tradition und Handfertigung hoher Qualitäten, beschloss das Oberlandesgericht Frankfurt. Die Firmierung als „Manufaktur“ sei deshalb irreführend, wenn nicht überwiegend in Handarbeit gefertigt werde.

Unterlassung und Schadenersatz gefordert

Im konkreten Fall stritten zwei miteinander konkurrierende Unternehmen, die nostalgische Blechschilder vertreiben. Die Klägerin verlangte von der Beklagtenseite, es zu unterlassen, sich auf eine mehr als 100-jährigen Tradition in der Herstellung von Blechschildern zu berufen, die Firma „A Manufaktur GmbH“ und als Firmenzusatz die Angabe „vormals D und Plakatindustrie“ zu führen. Außerdem verlangte sie Schadenersatz und Ersatz von Abmahnkosten.

Anteil an Handarbeit kann für Kaufentscheidung wesentlich sein

Das Oberlandesgericht Frankfurt entschied, dass die Klägerin gemäß §§ 8 Abs. 1, 3, 5 Abs. 1 S. 1 und 2 Nr. 3 UWG berechtigt war, die Unterlassung der Führung der Firma „A Manufaktur GmbH“ zu verlangen. Die Firmierung sei im Hinblick auf das Wort „Manufaktur“ irreführend im Sinne des § 5 Abs. 1 S. 1 und 3 Nr. 3 UWG. Die Nutzung des Firmenbestandteils „Manufaktur“ sei auch geeignet, „dadurch irregeführte Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die sie andernfalls nicht getroffen hätten“. Der Anteil der Handarbeit an einem Produkt könne durchaus für eine Kaufentscheidung wesentlich sein, vermittle er doch „eine – gegenüber einer rein maschinellen Fertigung – höhere Wertigkeit des Produkts“.

Bedeutungswandel des Begriffs

Das Gericht betonte, dass der Begriff „Manufaktur“ grundsätzlich einem Bedeutungswandel unterliegen könne. Da sich die Bedeutung einer Angabe nach der – wandelbaren – Auffassung des Verkehrs richte, müsse sich mit der Verkehrsauffassung auch die Bedeutung einer Angabe ändern, von der wiederum die Feststellung abhänge, ob eine Angabe irreführend ist oder nicht. Es könne aber weder davon ausgegangen werden, dass sich der Begriff „Manufaktur“ bereits vollständig hin zum Synonym für „Fabrik“, „Firma“, „Unternehmen“ oder „Werk“ gewandelt hätte, noch, dass eine solch neue Bedeutung schon so weit eingeführt wäre, dass sie nicht mehr als irreführend beanstandet werden könnte.

Duden betrachtet Begriff als Synonym für Handarbeit

Aus dem Duden ergibt sich, dass das Wort „Manufaktur“ als Synonym für „Handarbeit“ Verwendung findet. Der Duden nenne diese Bedeutung sogar noch vor den von der Beklagtenseite angeführten Begriffen „Unternehmen“ und „Werk“, so das OLG Frankfurt.

Der maßgebliche Verkehrskreis verbinde mit dem Begriff „Manufaktur“ im Gegensatz zur industriellen Herstellung von Produkten eine Herstellungsstätte mit langer Tradition und Handfertigung hoher Qualitäten, entschied das OLG. Dies ergebe sich auch aus dem Wort „Manufaktur“ selbst, was von Lateinisch „manus“ für „Hand“ und „facere“ für „tun“ oder „herstellen“ abstamme. Die Beklagtenseite, so der OLG-Beschluss, habe nicht dargetan, dass überwiegend in Handarbeit gefertigt werde. Der Vortrag der Beklagtenseite, wonach große Schilder und Sonderformate per Hand umgekantet würden, spreche sogar dafür, dass das Normalformat von Schildern überwiegend unter Einsatz von Maschinen bearbeitet werde.

Sicherung der betriebswirtschaftlichen Wertschöpfung

Die Entscheidung dürfte einerseits Verbraucherschützer freuen, sie sichert andererseits das Alleinstellungsmerkmal von Unternehmen, die – in der Regel verbunden mit höheren Personalkosten – tatsächlich in Handarbeit fertigen, und damit deren betriebswirtschaftliche Wertschöpfung.

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