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Focus Markenrecht
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„Made in Germany“

Wann darf damit geworben werden?

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„Made in Germany“ (engl. für hergestellt in Deutschland) steht weltweit für eine besondere Qualität, Sicherheit und Zuverlässigkeit von Produkten. Die Herkunftsbezeichnung beeinflusst die Kaufentscheidung vieler Konsumenten. Unternehmen profitieren durch höhere Preise.

Dies birgt die Gefahr von Missbräuchen. Verbraucher können zu Lasten von Konkurrenten in die Irre geführt werden. Es stellt sich daher die Frage, wann mit „Made in Germany“ oder einer ähnlichen Kennzeichnung geworben werden darf.

Die folgende Themenseite erläutert die Rechtslage unter Berücksichtigung der bestehenden Rechtsprechung. Ein besonderes Augenmerk liegt auf den Kriterien, die für eine zulässige Bewerbung erfüllt sein müssen.

Ist die Kennzeichnung der Herkunftsangabe „Made in Germany“ gesetzlich geregelt?

Der Begriff „Made in Germany“  wurde Ende des 19. Jahrhunderts in Großbritannien eingeführt, um vor minderwertiger deutscher Ware zu warnen. Heute gilt „Made in Germany“ als eine Art Gütesiegel, das für besondere Qualität steht.

Unter welchen Voraussetzungen die Herkunftsbezeichnung geführt werden darf, ist rechtlich nicht ausdrücklich geregelt. Eingehalten werden müssen die Verbote der Irreführung in § 5 UWG und § 127 MarkenG. Die herrschende Lehre geht davon aus, dass § 127 MarkenG gegenüber § 5 UWG spezieller ist. Aus der Rechtsprechung wird das Verhältnis der Vorschriften nicht klar. Teilweise zitiert sie beide Vorschriften zusammen. In anderen Fällen bezieht sich nur auf das UWG oder das MarkenG. Für die Anspruchsberechtigung bei Unterlassungsansprüchen hat das keine Folgen. § 128 Abs. 1 MarkenG verweist diesbezüglich bei Verstößen gegen § 127 MarkenG auf § 8 Abs. 3 UWG.

Besteht eine gesetzliche Verpflichtung zur Herkunftsbezeichnung?

Es gibt in Deutschland und in der EU keine gesetzliche Kennzeichnungspflicht. Streitigkeiten richten nicht gegen derartige Verpflichtungen. Die Parteien streiten darüber, ob die Kennzeichnung erlaubt ist. In der EU gab es bereits mehrere Versuche einheitliche Vorschriften für Herkunftsbezeichnungen zu beschließen. Diese sind bisher aufgrund fehlender Mehrheiten gescheitert. Werden Waren aus der EU exportiert, kann es vorkommen, dass das Einfuhrland eine Herkunftsbezeichnung verlangt.

Welche Voraussetzungen ergeben sich aus der Rechtsprechung?

Gerichtliche Entscheidungen über „Made in Germany“ sind selten. Eine gefestigte Rechtsprechung existiert nicht. Dies führt zu Rechtsunsicherheiten. Abzustellen ist stets auf die Verkehrsanschauung. Woher die benutzen Rohstoffe oder das zu Grunde liegende technische Know-How herkommt, ist irrelevant.

Der Rechtsverkehr geht davon aus, dass Waren aufgrund der Aufteilung der Arbeitsprozesse in mehreren Ländern produziert werden. Es ist daher nicht erforderlich ist, dass der gesamte Herstellungsprozess in Deutschland erfolgt. In einem Grundsatzurteil aus dem Jahr 1973 stellte der BGH darauf ob, ob die Eigenschaften oder Teile, die nach der Auffassung des Verkehrs den Wert des Produkts ausmachen, auf einer deutschen Leistung beruhen (BGH, Urteil vom 23.03.1973, Az. I ZR 33/72, Ski-Sicherheitsbindung).

Das OLG Stuttgart konkretisierte diese Rechtsprechung. Es urteilte, dass die Bezeichnung „Made in Germany“ irreführend sei, wenn wesentliche Teile des Produkts aus dem Ausland stammten. Ein Produkt sei jedoch noch dann „Made in Germany“, wenn einzelne Bauteile oder ganze Baugruppen im Ausland beschafft würden, sofern diese für die Wertschätzung des Endprodukts nicht wesentlich seien (OLG Stuttgart, Urteil vom 10.11.1995, Az. 2 U 124/95).

Das OLG Düsseldorf – wir berichteten – hatte sich mit einem Fall zu beschäftigen, in dem ein Besteckset mit „Made in Germany“ beworben wurde. Tatsächlich wurden lediglich die Gabeln, Löffel und Kaffeelöffel in Deutschland hergestellt. Die Rohmesser wurden auf deutschen Maschinen in China hergestellt und in Deutschland poliert. Das Gericht zählte sich zum angesprochenen Verkehrskreis und legte daher seine eigene Verkehrsauffassung zu Grunde. Einziges Kaufargument sei „Made in Germany“. Daher dürfe man erwarten, dass alle wesentlichen Herstellungsschritte in Deutschland erfolgt seien (OLG Düsseldorf, Urteil vom 05.04.2011, Az. I-20 U 110/10). Da dies hinsichtlich der Rohmesser nicht der Fall war, ging das Gericht von einer unzulässigen Irreführung aus. Erhält das Produkt in Deutschland lediglich sein Design, darf es nicht mit „Made“ oder „Produziert“ beworben werden.

Im Jahre 2014 entschied der BGH, dass es bei einem Industrieprodukt erforderlich sei, dass es die aus Sicht des Verkehrs maßgebende Qualität und charakteristischen Eigenschaften in Deutschland erhalte (BGH, Beschluss vom 27.11.2014, Az. I ZR 16/14, Kondome – Made in Germany). Eine Nichtzulassungsbeschwerde gegen ein Urteil des OLG Hamm wiesen die obersten Zivilrichter ab. Das Gericht aus Hamm sah die Funktion von Kondomen im Schutz vor ungewollten Schwangerschaften und Krankheiten. Die maßgebliche Eigenschaft war daher, dass die Kondome reißfest sind. Für die im Ausland hergestellte Kondome genügte es daher nicht, dass sie lediglich in Deutschland verpackt, versiegelt und einer Qualitätskontrolle unterzogen wurden (OLG Hamm, Urteil vom 20.11.2012, Az. I-4 U 95/12 sowie OLG Hamm, Urteil vom 13.03.2014, Az. 4 U 121-13- wir berichteten).

Auch das OLG Köln hatte kurz zuvor darauf abgestellt, ob das Produkt seine aus Verkehrssicht wesentlichen Eigenschaften in Deutschland erhalten hat (OLG Köln, Urteil vom 13.06.2014, Az. 6 U 156/13 – Schmiedekolben).

Entscheidend ist, ob der wesentliche Herstellungsprozess in Deutschland erfolgt ist. Der Verkehrsanschauung kommt dabei entscheidende Bedeutung zu.

Abgrenzung von Herkunftsbezeichnungen und Unternehmenskennzeichen

Probleme bereiten kann auch die Abgrenzung zwischen Herkunftsbezeichnung und Unternehmenskennzeichnung. Steht auf einer Verpackung beispielsweise „Germany“, kann der durchschnittlich informierte Verbraucher das so verstehen, dass das Produkt aus Deutschland stammt. Ist dies nicht der Fall, da durch die Bezeichnung „Germany“ lediglich auf den Sitz des Herstellers aufmerksam gemacht werden sollte, liegt eine unzulässige Irreführung vor (OLG Frankfurt, Urteil vom 05.05.2011, Az. 6 U 41/10).

Welche Sanktionen drohen bei rechtswidriger Kennzeichnung?

Wer sein Produkt zu Unrecht mit „Made in Germany“ bewirbt, muss mit Konsequenzen rechnen. Konkurrenten können sich mit Hilfe einer Abmahnung wehren. In dieser werden Sie aufgefordert eine strafbewährte Unterlassungserklärung abzugeben. Tun Sie dies, müssen Sie für jeden Fall der Zuwiderhandlung eine angemessene Vertragsstrafe zahlen.

Darüber hinaus drohen Schadensersatzansprüche derjenigen Mitbewerber, die mit der Herkunftsbezeichnung rechtmäßig werben dürfen.

Sollte die falsch gekennzeichnete Ware importiert oder exportiert werden, kann sie beschlagnahmt werden.

Vorsicht mit Zertifizierungen

Wer sich gegen Entgelt von bestimmten Unternehmen zertifizieren lässt, dass sein Produkt die Aufschrift „Made in Germany“ tragen darf, glaubt rechtlich auf der sicheren Seite zu sein. Das ist ein Irrglaube. Trotz der Zertifizierung kann die Bewerbung gegen geltendes Recht verstoßen. Dies hängt damit zusammen, dass bei Zertifizierungen auf Umstände abgestellt werden kann, die nach der geltenden Rechtsprechung irrelevant sind.

Indirekte Werbung kann für Irreführung genügen

Vor allem Onlinehändler sollten sich darüber bewusst sein, dass der Begriff „Made in Germany“ nicht einmal benutzt werden muss. Der Eindruck, dass ein Produkt aus Deutschland stammt, kann auch durch andere Umstände entstehen. Der klassische Fall ist die Nutzung einer schwarz-rot-goldenen Deutschlandflagge auf der Produktverpackung. Auch in diesem Fall können bei einer Irreführung des Rechtsverkehrs die oben genannten Sanktionen drohen.

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