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Umgeleitet und ausgesperrt: Gehört das Geoblocking von Onlinekunden bald der Vergangenheit an?

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Onlineshopping Geoblocking EU-Parlament
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Im Bereich des E-Commerce ist das so genannte „Geoblocking“ gang und gäbe. Was man darunter versteht und warum es wird in naher Zukunft größtenteils verboten sein wird, erklärt der folgende Beitrag.

Manche Produkte sind im europäischen Ausland günstiger zu erwerben als im Inland. So ist es nicht unüblich, dass eine Digitalkamera auf der deutschen Webseite des Herstellers teurer ist als auf der entsprechenden spanischen Webseite.

Wer aus Deutschland nun ein richtiges Schnäppchen machen will und die Bestellung der besagten Digitalkamera über die spanische Webseite abwickeln möchte, wird sich wundern, warum er auf die deutsche Webseite mit dem teureren Preis umgeleitet wird.

Händler blocken und leiten Kunden je nach Standort um

Grund dafür ist das so genannte Geoblocking. Beim Geoblocking handelt es sich um eine Technik, die der Anbieter einer Webseite nutzt, um bestimmte Inhalte regional zu sperren. Nach einer Untersuchung der Europäischen Kommission von vor zwei Jahren nutzen etwa zwei Drittel aller Händler im Internet Geoblocking. Kuriose Folge: Während der reale Güterverkehr bereits fast vollständig harmonisiert geschieht,  werden dem Handel auf virtueller Ebene so zur Zeit noch unerwünschte Grenzen gezogen.

Eine Umleitung ist allerdings nicht die einzige Variante des Geoblockings. Teilweise lehnen Händler Kreditkarten aus bestimmten Ländern ab oder sie ermitteln durch das Tracking der Nutzer deren Herkunft und führen sie dann zu unterschiedlichen Angeboten mit abweichenden Preisen. Damit soll künftig Schluss sein.

Die Entscheidung des EU-Parlaments

Am heutigen Dienstag fand in dem EU-Parlament eine Abstimmung über einen Verordnungsentwurf statt, der dem Geoblocking ein Ende bereiten soll. Insgesamt 557 Parlamentarier stimmten für den Verordnungsentwurf. Lediglich 89 stimmten dagegen und 33 enthielten sich.

Bei dem Entwurf handelt es sich um einen Kompromiss, der letzten November zwischen den Unterhändlern des EU-Parlaments und den Vertretern des EU-Rats ausgehandelt wurde. Der EU-Rat muss den Verordnungsentwurf noch offiziell bestätigen. Mit einem Inkrafttreten ist erst Ende diesen Jahres zu rechnen.

Was wird geregelt?

Die Verordnung soll den EU-Bürger in die Lage versetzen, Produkte im gesamten europäischen Binnenmarkt wie in seinem Heimatland zu kaufen. Es werden allerdings nicht nur Produkte von den Regelungen erfasst, auch Dienstleistungen, wie das Vermieten von Autos, sollen unter die Verordnung fallen.

Ein Hostprovider, der bisher einen Aufschlag bei ausländischen Kunden verlangt hat, soll seine Dienstleistungen künftig für alle EU-Bürger zu denselben Preisen anbieten müssen. Betroffen sind auch Ticketverkäufer. Tickets für bspw. ein Festival in Deutschland müssen demnächst direkt in Deutschland – ohne einen teuren nationalen Zwischenhändler – käuflich sein.

Von der Verordnung ist aber nicht allein das Geoblocking betroffen. Es sollen des Weiteren dieselben Allgemeinen Geschäftsbedingungen für ausländische Internetkunden gelten wie für die Inländischen.

Ausnahmsloses Ende des Geoblockings?

Es wird allerdings auch einige Ausnahmen von dem Verbot des Geoblockings geben. Gänzlich ausgenommen sind digitale Medien, wie E-Books, Filme oder Computerspiele.

Des Weiteren besteht keine Lieferpflicht. Sollten Sie Möbel online vertreiben und ein Franzose kauft bei Ihnen einen Schrank, muss Ihr Kunde den Schrank gegebenenfalls selbst abholen oder den Transport in sein Heimatland selber arrangieren.

Auch wird weiterhin eine Umleitung möglich sein. Allerdings muss der potentielle Kunde dieser Umleitung zustimmen. Eine „zustimmende“ Voreinstellung in dem Kundenkonto soll hierfür aber genügen. Die vor der Umleitung betretene Webseite muss dennoch leicht erreichbar bleiben.

Selbst Preisaufschläge sollen in begründeten Fällen möglich bleiben. Unterschiedliche Mehrwertsteuern in den verschiedenen EU-Staaten sollen jedoch keinen Grund darstellen, das Geschäft nicht einzugehen.

Fazit

Durch die Verordnung wird nun auch der digitale Binnenmarkt geöffnet. Doch die beschriebenen Ausnahmen zeigen, dass er nicht grenzenlos sein wird. Verbraucher werden jedoch in die Lage versetzt, bei einer Diskriminierung durch Geoblocking zu klagen oder zumindest eine Beschwerde bei einer so genannten Clearing-Stelle einzureichen, die die Mitgliedsstaaten einzurichten haben.

Schließlich ist davon auszugehen, dass die Regelungen der kommenden Verordnung als Marktverhaltensregeln einzustufen sein werden. Damit wird das Wettbewerbsrecht anwendbar und Händler müssen sich  neben verwaltungsrechtlichen Sanktionen auch auf Abmahnungen der Konkurrenz einstellen.

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