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Fake-Bewertungen: LG Düsseldorf verhängt 25.000 € Ordnungsgeld

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Ein Online-Händler ist zu 25.000 € Ordnungsgeld verurteilt worden, weil er trotz gerichtlichem Verbot weiter mit gefälschten Kundenbewertungen warb. Dieser aktuelle Fall des Landgerichts Düsseldorf verdeutlicht, wie riskant der Einsatz von Fake-Bewertungen ist und wie effektiv sich Wettbewerber dagegen wehren können.

Im Mai 2025 entschied das LG Düsseldorf per Beschluss, gegen die Schuldnerin – ein konkurrierendes Unternehmen – ein Ordnungsgeld von 25.000 € zu verhängen. Der Grund: Sie hatte trotz einer bestehenden einstweiligen Verfügung weiterhin mit nicht authentischen Bewertungen auf ProvenExpert und Trustpilot geworben.

Zuvor hatte das Gericht jener Firma per einstweiliger Verfügung verboten, mit Kundenrezensionen zu werben, die nicht von echten Kunden stammen. Dennoch wurden Anfang September 2023 drei der fünf untersagten ProvenExpert-Bewertungen immer noch angezeigt und wenig später fand man auf Trustpilot weitere fragwürdige Rezensionen.

Diese Verstöße gegen das gerichtliche Verbot hatten nun empfindliche Konsequenzen.

Fake-Bewertungen als Wettbewerbsverstoß

Aus juristischer Sicht sind gefälschte Bewertungen kein Kavaliersdelikt, sondern ein klarer Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht. Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) stuft solche Praktiken als unlauter ein, da sie den Wettbewerb verzerren und Verbraucher täuschen. Insbesondere hat der Gesetzgeber durch die sogenannte Schwarze Liste (Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG) klargestellt, dass Fake-Bewertungen verboten sind.

So ist es gemäß Nr. 23c UWG-Anhang ausdrücklich unzulässig, gefälschte Bewertungen oder Empfehlungen in Auftrag zu geben oder zu verbreiten, ebenso wenig darf man gemäß Nr. 23b UWG-Anhang Bewertungen verwenden, ohne angemessene Maßnahmen zur Echtheitsprüfung zu treffen. Mit anderen Worten: Wer im geschäftlichen Verkehr mit Kundenbewertungen wirbt, handelt wettbewerbswidrig, wenn er nicht nachweisen kann, dass die Bewertungen von echten Kunden stammen.

Gerichte werten die Veröffentlichung solcher Rezensionen als Werbemaßnahme des Unternehmens. Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf hat hierzu eine deutliche Sprache gefunden: Bereits die Bereitstellung und Freischaltung von Kundenbewertungen auf der eigenen Profilseite – wie etwa bei ProvenExpert – stellt eine geschäftliche Handlung dar und bedeutet, dass sich der Anbieter diese Inhalte „zu Eigen macht“.

Das Unternehmen ist also für die Inhalte der Bewertungen verantwortlich, selbst wenn diese formal von Dritten abgegeben wurden. Dementsprechend liegt in gefälschten oder erkauften Positiv-Bewertungen ein Wettbewerbsverstoß, weil Verbraucher über die tatsächliche Qualität der Produkte oder Leistungen in die Irre geführt werden. Die Rechtsprechung stellt hierbei den Verbraucherschutz in den Vordergrund: Unwahre Lobeshymnen dürfen nicht dazu führen, dass Kunden eine falsche Vorstellung von einem Angebot erhalten – das wäre eine unzulässige Verzerrung des Marktgeschehens.

Vorgehen gegen gefälschte Kundenbewertungen

Was können betroffene Unternehmen praktisch tun, wenn ein Mitbewerber sich mit falschen Bewertungen einen unlauteren Vorteil verschafft?

Zunächst sollte zügig Beweismaterial gesichert werden: Screenshots der verdächtigen Rezensionen, Dokumentation ungewöhnlicher Bewertungsmuster und Indizien für die Fälschung. Im geschilderten Fall fielen z.B. ein sprunghafter Anstieg positiver Bewertungen innerhalb kurzer Zeit und auffällige sprachliche Muster auf. Manche Bewertungen waren in perfekter Rechtschreibung verfasst, gaben inhaltlich jedoch keinen Sinn und beschrieben sogar Produktmerkmale, die es gar nicht gab.

Solche Auffälligkeiten können starke Indizien dafür sein, dass die Bewertungen erkauft oder automatisiert (etwa per KI) erstellt wurden.

Der nächste Schritt ist meist eine Abmahnung an den Wettbewerber. Darin wird dieser aufgefordert, die irreführende Werbung mit den fraglichen Bewertungen umgehend zu unterlassen und eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben. Reagiert der Konkurrent nicht einsichtig oder verweigert er die Abgabe einer ausreichenden Unterlassungserklärung, sollte nicht gezögert werden, den Rechtsweg zu beschreiten. In der Praxis bietet sich hier insbesondere eine einstweilige Verfügung an, um schnell für klare Verhältnisse zu sorgen.

Aufgrund der Dringlichkeit im Wettbewerbsrecht kann ein solcher Eilantrag sehr zügig zum Erfolg führen – im Fall der LG-Düsseldorf-Entscheidung wurde die Verfügung bereits am Tag nach Antragstellung erlassen. Nach einem Widerspruch der Gegenseite bestätigte das Landgericht das Verbot anschließend auch in einem Urteil vom 10.11.2023 (Az. 38 O 176/23). Wichtig ist, rasch zu handeln.

Beweislast und Erfolgsaussichten

Ein zentrales Thema bei Auseinandersetzungen um Fake-Bewertungen ist die Beweisführung. Oft weiß nur der „erwischte“ Mitbewerber, ob die Rezensionen echt sind oder nicht, während der angreifende Konkurrent außerhalb des fremden Unternehmens steht. Die gute Nachricht: Deutsche Gerichte haben Wege gefunden, diese Beweishürde fair zu verteilen.

Zunächst muss der antragstellende Unternehmer einige greifbare Anhaltspunkte für die Fälschung vorlegen – zum Beispiel die erwähnten inhaltlichen oder statistischen Auffälligkeiten. Gelingt dies, kehrt sich die Situation teilweise um: Der beschuldigte Bewertungsnutzer trägt eine sekundäre Darlegungslast. Er muss dem Gericht nun substantiiert darlegen und nachweisen, dass die strittigen Bewertungen authentisch sind. Dazu gehört insbesondere, dass er konkrete Informationen zu den Rezensenten liefert.

In der Praxis bedeutet das etwa, Namen und Kontaktdaten der angeblichen Kunden zu benennen, Dokumente für tatsächliche Kaufgeschäfte vorzulegen oder interne Nachforschungen zur Echtheit der Bewertungen offenzulegen.

Gerade dieser Nachweis fällt den Rechtsverletzern erfahrungsgemäß schwer – denn wo nichts Echtes ist, lässt sich Authentizität kaum belegen. So verlangte das OLG Düsseldorf in einem Fall von dem beklagten Unternehmen (dort einer Anwaltskanzlei), Ross und Reiter der Bewertungen offenzulegen. Die Kanzlei hatte argumentiert, man kenne die Rezensenten nicht oder dürfe ihre Identität aus Vertraulichkeitsgründen nicht preisgeben – doch das ließ das Gericht nicht gelten. Bloße Ausflüchte schützen den Verletzer also nicht: Kann er keine nachprüfbaren Angaben zur Echtheit jeder Bewertung machen, spricht der Anschein gegen ihn.

Unter diesen Umständen stehen die Erfolgsaussichten für den antragstellenden Wettbewerber sehr gut, eine Unterlassungsverfügung zu erwirken. Die aktuelle Entscheidungspraxis – insbesondere die klare Linie des OLG Düsseldorf – zeigt, dass Gerichte Fake-Bewertungen strikt ahnden und im Zweifel zugunsten des fairen Wettbewerbs und der Verbraucher entscheiden.

Die Rolle der Vorinstanzen: OLG Düsseldorf bestätigt strenge Linie

Im beschriebenen Fall war die Entscheidung des OLG Düsseldorf ein wichtiger Meilenstein, bevor es schließlich zum Ordnungsgeld kam. Die einstweilige Verfügung des LG Düsseldorf gegen die Fake-Bewertungen wurde in zweiter Instanz vom OLG Düsseldorf mit Urteil vom 23.05.2024 (Az. I-20 U 135/23) vollumfänglich bestätigt – die Berufung der Gegenseite blieb erfolglos.

Damit hat das Oberlandesgericht unmissverständlich klargemacht, dass Werbung mit „gekauften“ Bewertungen wettbewerbswidrig ist. In seinem Urteil betonte das OLG mehrere Kernpunkte, die für zukünftige Fälle Maßstäbe setzen:

  • Verantwortlichkeit des Werbenden: Wer Bewertungen auf seinem Profil veröffentlicht oder aktiv freischaltet, haftet für diese Inhalte. Die Firma kann sich nicht darauf berufen, es handle sich um „fremde“ Äußerungen – durch das Einbinden in die eigene Werbung macht sie sich die Kundenstimmen zu Eigen.
  • Prüfpflicht und Echtheitsgarantie: Von Unternehmen wird erwartet, dass sie die Authentizität von Kundenbewertungen sicherstellen. Können sie nicht nachweisen, dass den veröffentlichten Rezensionen ein echter Kundenkontakt zugrunde liegt, gilt die Werbung als unlauter. Im Umkehrschluss muss zumindest klar darauf hingewiesen werden, wenn eine Überprüfung der Echtheit nicht stattgefunden hat.
  • Schutz der Verbraucher: Die Gerichte stellen den Verbraucherschutz deutlich über etwaige Interessen des Werbenden. Das OLG führte aus, dass eine uneingeschränkte Veröffentlichung ungeprüfter Bewertungen den Verbraucher täuscht und den Markt intransparent macht. Die strenge Haltung soll verhindern, dass Kunden durch Scheinbewertungen zu Kaufentscheidungen verleitet werden, die sie bei korrekter Informationslage nicht getroffen hätten.

Diese Grundsätze des OLG Düsseldorf haben dem erstinstanzlichen Verbot den nötigen Nachdruck verliehen. Sie bilden den Hintergrund, vor dem das LG Düsseldorf nun konsequent durchgegriffen und das besagte Ordnungsgeld verhängt hat.

Auch in der Begründung des Beschlusses spiegelt sich die Linie der Oberlandesrichter wider: Das Gericht wertete selbst das bloße Beantworten der fragwürdigen Trustpilot-Bewertungen als fortgesetzte Werbung mit diesen Inhalten – und damit als Verletzung des Kernverbots, trotz formaler Unterschiede zur ursprünglichen ProvenExpert-Situation.

Die Botschaft ist klar: Plattformwechsel oder Tricksen helfen nicht – wer einmal zur Unterlassung verpflichtet wurde, muss überall dafür Sorge tragen, dass keine Fake-Bewertungen mehr im Spiel sind.

Fazit: Konsequenzen und Empfehlungen für Online-Händler

Der Düsseldorfer Fall sendet ein deutliches Signal an die Branche. Fake-Bewertungen sind kein legitimes Marketingmittel, sondern eine gefährliche Gratwanderung mit rechtlichen Fallstricken.

Wettbewerber müssen derartigen Machenschaften nicht tatenlos zusehen: Die rechtlichen Hebel – von der Abmahnung bis zur einstweiligen Verfügung – stehen bereit und werden von den Gerichten wirksam durchgesetzt. Die Erfolgsaussichten, einen Konkurrenten zur Räson zu bringen, stehen gut, sofern man die nötigen Beweise sorgfältig zusammenträgt und schnell handelt. Die Entscheidungspraxis – allen voran die des OLG Düsseldorf – stärkt ehrliche Unternehmen und schützt Verbraucher vor Irreführung.

Gleichzeitig sollten Unternehmen die Lehren aus diesen Urteilen ziehen und ihr Bewertungsmanagement kritisch prüfen. Wer mit Kundenrezensionen wirbt, ist gut beraten, interne Prüfprozesse einzuführen, um die Echtheit eingehender Bewertungen zu verifizieren. Gegebenenfalls ist unvermeidbar, deutlich kenntlich zu machen, wenn Bewertungen ungeprüft veröffentlicht werden.

Die Compliance-Kultur im Umgang mit Bewertungen zahlt sich aus: Unternehmen, die hier Sorgfalt walten lassen, minimieren ihr Haftungsrisiko erheblich. Wer hingegen meint, mit gekauften Lobeshymnen seinen Umsatz steigern zu können, riskiert nicht nur seinen Ruf, sondern auch empfindliche gerichtliche Sanktionen. Im vorliegenden Fall hat die Missachtung eines Unterlassungsgebots stolze 25.000 € Ordnungsgeld gekostet – notfalls droht sogar Ordnungshaft.

Für Online-Händler heißt das: Faire Geschäfte zahlen sich langfristig aus. Sollte ein Mitbewerber durch erschummeltes Lob einen Wettbewerbsvorteil suchen, zögern Sie nicht, rechtlichen Rat einzuholen. Die aktuellen Entscheidungen zeigen, dass die Gerichte bereit sind, hart durchzugreifen, um einen fairen Wettbewerb und transparente Kundenbewertungen sicherzustellen. Die Durchsetzung von Recht und Ordnung im E-Commerce ist möglich – zum Nutzen seriöser Händler und getäuschter Verbraucher gleichermaßen.

Weiterführende Informationen und ausführliche Hintergründe zu Fake-Bewertungen finden Sie in unseren früheren Beiträgen zur Thematik sowie auf der LHR-Themenseite „Fake-Bewertungen“.

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