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VG Ansbach: Systematische Überwachung des Straßenverkehrs mit Dashcams nicht mit Datenschutzrecht vereinbar

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camera1Als „Dashcam“ wird eine kleine Videokamera bezeichnet, welche auf dem Armaturenbrett oder an der Windschutzscheibe eines Fahrzeugs angebracht wird und während der Fahrt fortwährend aufzeichnet. Wie so oft bei solchen Bezeichnungen handelt es sich um ein – dem ein oder anderen sicherlich noch aus der Schule bekanntes – Kofferwort, zusammen gesetzt aus dem Begriff dash board (englisch für Armaturenbrett) und camera (ebenfalls englisch – für Kamera).

Ein mittelfränkischer Verkehrsteilnehmer wandte sich nunmehr auf dem Klagewege gegen ein Verbot des Bayrischen Landesamts für Datenschutzaufsicht, ebensolche Dashcams zur Aufzeichnung von Verkehrsverstößen anderer Verkehrsteilnehmer einzusetzen. Der klagende Verkehrsteilnehmer –übrigens selbst Anwalt – hatte insgesamt 22 Autofahrer wegen von ihnen angeblich begangener Verkehrsdelikte bei der Polizei angezeigt. Bezüglich fünf der angeschwärzten Verkehrssünder habe der Anwalt der Polizei seine Dashcam-Aufzeichnungen als Beweise zur Verfügung gestellt.

Vorrang des Datenschutzes – jedenfalls in diesem Fall

Das fränkische Verwaltungsgericht in Ansbach urteilte am heutigen Dienstag: Der Datenschutz hat Vorrang. Dies gelte jedenfalls dann, wenn ein Autofahrer die Videos mit einer Dashcam speziell zu dem Zwecke drehe, sie später im Internet zu veröffentlichen oder sie Dritten – etwa der Polizei – zur Verfügung zu stellen. Dann sei im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung das Datenschutzinteresse der heimlich aufgenommenen Personen höher zu bewerten, als das Interesse des Autofahrers, einen Videobeweis für einen – potenziellen – Unfall zu haben.

Anders seien Aufnahmen etwa dann zu bewerten, wenn sie für persönliche Zwecke erfolgen. Aber der klagende Mittelfrake habe mit seinen Aufnahmen den persönlichen und familiären Bereich verlassen, somit sei das Bundesdatenschutzgesetz anwendbar und die Aufnahmen unzulässig.

Wir können dem Urteil nur zustimmen

 Schutzgegenstand des Bundesdatenschutzgesetzes ist der einzelne Betroffene, der vor den Gefahren, die die Datenverarbeitung für ihn mit sich bringt, geschützt werden soll. Der Betroffene soll vor der Beeinträchtigung von Persönlichkeitsrechten geschützt werden, dies durch Regeln für den „Umgang“ durch andere mit seinen personenbezogenen Daten. Auch Die EU-Datenschutzrichtlinie beschreibt in Art. 1 Abs. 2 selbiges Schutzziel und bezieht den Schutz der „Grundrechte und Grundfreiheiten“ generell und hierbei insbesondere den „Schutz der Privatsphäre“ ein.

Diesen Schutzgegenstand vor Augen, soll der mittelfränkische klagende Anwalt unserer Ansicht nach nicht alle ihn störenden Verkehrsteilnehmer – und auch alle zufällig mit im Bild landenden Personen – aufnehmen dürfen, allein mit dem Ziel, die Aufnahmen im Internet öffentlich zugänglich zu machen oder der Polizei zukommen zu lassen. Dies gilt gerade, da ein möglicher Verkehrsunfall, welchen der klagende Anwalt als Rechtfertigung für die Notwendigkeit der Videoaufnahmen heranzieht, eben nur ein möglicher Unfall ist. Eine Aufnahme der Verkehrsteilnehmer und aller anderen mit Aufgenommenen „auf Verdacht“ kann nicht gerechtfertigt sein.

Rechtsanwalt Christian Solmecke überzeugt die Argumentation des Gerichts hingegen nicht. Die meisten Dashcams zeichneten nur wenige Minuten oder einige Sekunden Videomaterial auf, daher sei der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der aufgenommenen Personen relativ gering. Das dem gegenüberstehende Interesse des Autofahrers, im Falle eines Unfalls beweiskräftige Bilder für einen denkbaren späteren Prozess, überwiege, so Solmecke.

Zulassung der Berufung

Die Richter aus Ansbach haben die Berufung wegen der grundsätzlichen Bedeutung, welcher der Sache zukomme, zugelassen. Wir sind gespannt wie es weiter geht und werden natürlich weiter berichten. (he)

(Bild: ©alexwhite/shutterstock)

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