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OLG Köln: #WERBUNG – Auch nicht bezahlte Postings auf Instagram müssen als Werbung gekennzeichnet werden

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nicht bezahlte Postings Instagram Werbung
Photo by NeONBRAND on Unsplash

Darüber, welche Posts Influencer als Werbung kennzeichnen müssen, herrscht große Unsicherheit. Der Verband Sozialer Wettbewerb (VSW) hat es sich zur täglichen Aufgabe gemacht, das Marketing auf Social-Media-Plattformen zu beobachten. Regelmäßig mahnt der Verband Influencer wegen Verstößen gegen die Kennzeichnungspflicht auf Instagram ab.

Das führt immer wieder zu großer Verunsicherung – nicht nur bei den Influencern selber, sondern auch bei den Rezipienten sowie den Marketern. Und die Unsicherheit bleibt, weil Urteile immer wieder sehr unterschiedlich ausfallen.

Um sicherzugehen, wird daher mittlerweile fast alles markiert, was irgendwelche Produkte enthält, die beworben werden könnten. Doch so wissen einerseits die Zuschauer nicht mehr, was Werbung ist und was nicht und andererseits sind Influencer genervt, weil sie nicht mehr wissen was richtig ist und was nicht. Dieser Konflikt nur, um dem Risiko zu entgehen, durch ungekennzeichnete Postings von den Wettbewerbsverbänden teuer abgemahnt zu werden?

Das Oberlandesgericht Köln bestätigt, dass Influencer jegliche Postings auf Instagram, als Werbung kennzeichnen müssen, auch wenn sie für diese Beiträge keine Bezahlung erhalten.

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Die Beklagte ist eine junge Influencerin, die im Bereich Mode und Lifestyle auf YouTube sowie auf ihrem Account bei Instagram regelmäßig Beiträge, Storys und Bilder veröffentlicht. Auf ihrem Instagram-Account „taggt“ sie Fotos teils so, dass der Name der Hersteller der von ihr getragenen Kleidungsstücke oder Accessoires angezeigt wird, wenn man auf das Bild klickt. Klickt man dann auf den Namen der Unternehmen, die erscheinen, wird man direkt auf die Instagram-Seite des jeweiligen Herstellers weitergeleitet.

Der Kläger rügt insgesamt drei solcher „getaggten“ Bilder, die die Influencerin veröffentlichte. Grund dafür war unter anderem ein Post, der die Influencerin im Wald zeigt. In diesem Post fragte sie ihre Zuschauer, welches Outfit sie wählen soll. Auf einem weiteren Posting sieht man sie gestylt, wobei die Fotografen, der Stylist und eine Kosmetikfirma sowie ein Lifestylemagazin, von dem die Beklagte einen Preis verliehen bekommen hatte, auf dem Bild markiert wurden. Das dritte Bild zeigt die Influencerin in einem Dirndl auf dem Oktoberfest im Jahr 2019. Der Kläger ist der Auffassung, alle Postings müssten als Werbung gekennzeichnet werden, weil durch die Bilder ein kommerzieller Zweck verfolgt werde.

Die Beklagte wiederum hält ihre Postings für zulässig, weil mit den verlinkten Personen, Unternehmen und Firmen eben keine Werbeverträge bestünden. Sie habe die Tags lediglich aus redaktionellen Gründen gesetzt und ihre Kleidung und Produkte selbst gekauft und bezahlt. Der Grund für die Verlinkungen, vor allem auf dem zweiten Bild, haben ausschließlich urheberrechtliche Gründe. Zwar habe sie das Dirndl und die Handtasche auf dem dritten Bild unverlangt zugeschickt bekommen, aber eben keine Werbeverpflichtung gehabt.

Aufmerksamkeitswerbung

Das Oberlandesgericht Köln (OLG Köln, Urteil v. 19.02.2021, Az. 6 U 103/20) bejaht das Vorliegen einer geschäftlichen Handlung, auch wenn keine Werbeverträge zwischen der Influencerin und den Unternehmen bestünden, deren Kleidung und Accessoires sie präsentiere. Diese liege zum einen in der Aufmerksamkeitswerbung zugunsten der „getaggten“ Unternehmen und zum anderen in der Förderung des eigenen Unternehmens der Beklagten, die auch Werbedienstleistungen in Form von Postings gegen Entgelt anbiete. Die Beklagte fördere also mit ihren Bildern beide Seiten – die Unternehmen werden wenigstens mittelbar in ihrem Absatz gefördert, aber auch die eigene Präsentation als potentielle Werbepartnerin stehe im Vordergrund solcher Posts.

Die Richter kamen daher zu dem Entschluss, dass es einer Bewertung als geschäftliche Handlung nicht entgegenstehe, wenn das Verhalten redaktioneller oder informierender Natur sei. Denn auch und gerade die Arbeit der Presse, des Rundfunks und sonstiger journalismusnaher Tätigkeiten seien der UWG-Kontrolle nicht entzogen, wenn ihre Tätigkeit auch nur mittelbar durch Werbung finanziert werde. Weiter muss gerade nicht die Absicht bestehen, ein Unternehmen fördern zu wollen. Vielmehr sei es ausreichend, dass eine tatsächliche Förderung oder Begünstigung kommerzielle Zwecke gegeben ist. Durch das „taggen“ sämtlicher Motive, die erhebliche Anzahl der Follower und der Eigenschaft als eine der erfolgreichsten Influencerinnen müsse vorrangig von der Förderung von Absatzzwecken ausgegangen werden, so das Gericht.

Kommerzielle Kommunikation par excellence?

Gemäß § 5a Abs. 6 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) handelt auch unlauter, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

Liegt also ein kommerzieller Zweck vor oder besteht lediglich ein redaktionelles Interesse? Die Beklagte räumte ein, dass es in ihren Blogs darum gehe, ein möglichst authentisches Bild ihrer Lebensumstände zu vermitteln, sie andererseits aber auch Kooperationen mit Unternehmen unterhalten habe und mit ihren Postings auch Unterstützung von Unternehmen annehme. Ein Beispiel par excellence? Das OLG Köln ist der Auffassung: Ja! Denn genau in solchen Postings realisiere sich die Grundkonstellation, die zur Anwendung des lauterkeitsrechtlichen Tatbestands der getarnten Werbung und die zur Anwendung des UWG führe. Daher bejahen die Richter auch die Unlauterkeitskriterien des § 5a Abs. 6 UWG. Es bestehe eine Vermutung für eine kommerzielle Zwecksetzung, weiter fehle es gerade an einer Kennzeichnung eben dieser Zwecksetzung und die unterlassene Kennzeichnung habe vor allem Relevanz für die geschäftliche Entscheidung angesprochener Verbraucher. Das zeige sich ja schon allein dadurch, dass die Beklagte selber bestätigt, dass ihre Follower Wert auf Authenzität legen. Die Haltung der Follower sei dann aber eine völlig andere, wenn eine private, also letztlich „ehrliche“ Lebensführung preisgegeben wird, die sie gegenüber werbefinanzierten und wegen der Bezahlung geäußerten Vorlieben nicht hätten.

Rechtssicherheit durch Gesetzesentwurf

Schafft demnächst der neue Gesetzesentwurf in solchen Fällen ausreichend Abhilfe oder bleibt es bei der steigenden Unsicherheit für Blogger? Zwar stellt der Referentenentwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs– und Gewerberecht noch kein geltendes Recht dar, allerdings setzten sich die Richter trotzdem mit dem Vorschlag aus dem Referentenentwurf auseinander. Sie sind nämlich der Ansicht, dass der Nachweis einer kommerziellen Absicht auch aus anderen Umständen als der Zahlung eines direkten Entgelts gefordert werden könne:

„Aus Sicht des Senats kann weder pauschal gefolgert werden, dass ein auch geringer redaktioneller Anlass bereits das kommerzielle Interesse ausschließt, noch dass allein bei Nachweis eines konkreten Entgelts die Unlauterkeit anzunehmen wäre. Entscheidend ist vielmehr, dass § 5a Abs. 6 UrhG eine Vermutung zugunsten einer überwiegenden kommerziellen Absicht nur ausschließt, wenn einerseits sowohl eine konkrete Entgeltzahlung als auch ein mittelbarer Vorteil seitens des begünstigen Unternehmens ausscheidet, andererseits keine einseitige und übermäßige Herausstellung des objektiv begünstigten Unternehmens vorliegt.“

Daher müsse dem Blogger der Nachweis gestattet werde, dass und inwiefern die von ihm präsentierten Produkte mit eigenen Mitteln beschafft wurden. Aber auch die Gewichtung, ob und in welchem Maße die zu den Bilddarstellungen gesetzten Texte einen Informationsgehalt haben müsse in die Beurteilung einbezogen werden, so das OLG Köln. Gerade durch die Vermischung privater Kommunikation mit der dadurch angestrebten Entwicklung eines attraktiven Images für die Unternehmen, sei eine klare Trennung zwischen kommerziellen und inhaltlichen Botschaften vorzunehmen.

Wichtig bleibt nach Auffassung der Richter, dass die Kennzeichnungspflicht eine solche Vermischung ja gerade nicht verbiete, sondern vielmehr die Herstellung von Transparenz erfordere – also die Kennzeichnung als Werbung, um den Verbraucher nicht zu täuschen.

Wann müssen Influencer ihre Posts als Werbung markieren?

Auch die Entscheidung des OLG Köln bringt nicht wirklich Licht ins Dunkle. Darüber, welche Posts Influencer als Werbung kennzeichnen müssen, herrscht also weiter große Unsicherheit. Wäre die Neuregelung zum Influencer-Marketing durch den Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht bereits in Kraft, müssten Influencer einen Post nicht kennzeichnen, wenn sie nachweisen können, dass kein Entgelt entrichtet wurde. Aber genau dieser Regelung erteilt das OLG Köln mit seiner neuen Entscheidung eine Absage und ist der Ansicht, dass der Nachweis einer kommerziellen Absicht auch aus anderen Umständen als der Zahlung eines direkten Entgelts gefolgert werden kann. Es bleibt abzuwarten, wann Struktur in den Hashtag-Dschungel kommt.

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