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Doch noch Schutz für LEGO-Steine?

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Knapp über 10 Jahre nachdem LEGO markenrechtlicher Schutz an den Steinen endgültig verweigert wurde, erzielte LEGO vor dem Europäischen Gericht einen Erfolg.

Womöglich bleibt der LEGO-Stein nach dem EuG Urteil v. 24.03.2021, Az.: T‑515/19, doch schützbar – als eingetragenes Design.

Designrecht für LEGO?

Das Recht am Design – hierzulande altertümlich auch „Geschmacksmustergennant – schützt ästhetische Erzeugnisse, sofern sie neu und eigenartig sind.

Ein eingetragenes Design lässt sich gegen ungerechtfertigte Benutzung schützen, bis zu 25 Jahren. Den Designschutz kann man national beantragen oder für die ganze EU. Einen EU-weiten Schutz hat das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) im Jahr 2010 einem bestimmten LEGO-Stein gewährt. Dagegen wehrte sich ein Konkurrent und beantragte die Nichtigkeit des Designeintrags.

Technik oder Ästhetik?

Der Nichtigkeitsantrag des Konkurrenten stützte sich auf Art.8 (1) der Verordnung über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster (GGV). Demnach besteht kein Schutz für Erscheinungsmerkmale, die ausschließlich durch technische Funktion bedingt sind. Der LEGO-Stein sehe so aus, wie er aussehe, weil er mit anderen LEGO-Steinen verbunden werden muss. Das Aussehen sei daher eine technische Lösung, keine ästhetische, so das Argument. Diese Begründung verlief ähnlich wie in den alten Markenrechtsfällen von LEGO. Auch damals wurde der Schutz als 3D-Marke versagt, weil der LEGO-Stein aus rein technischen Gründen seine Erscheinungsform hat.

Nachdem das EUIPO zunächst den Nichtigkeitsantrag abgelehnt hatte, legte der Konkurrent erfolgreich Beschwerde ein – die technische Funktion des Steines wurde bestätigt. Dagegen wehrte sich wiederum LEGO und klagte gegen die EUIPO Entscheidung vor dem Gericht der Europäischen Union (EuG). Das Gericht gab LEGO recht, das EUIPO hat es sich bei der Prüfung zu einfach gemacht.

Noppen, Kreise, glatte Flächen

Das streitgegenständliche Design sah nicht aus wie der typische dicke LEGO Stein, den man als Erstes vor Augen hat, mit 2 × 4 Noppen auf der Oberseite und drei Kreisen auf der Unterseite. Dieser Stein war flach, mit einer Reihe aus vier Noppen in der Mitte der Oberseite und – zwei glatten Flächen neben der Noppenreihe. Diese glatten Flächen hat das EUIPO bei der Prüfung des Art. 8 (1) GGV nicht beachtet. Es könnte jedoch sein, so das EuG, dass diese Flächen nicht aus technischen, sondern aus ästhetischen Gründen bestehen. Das EUIPO hätte alle Erscheinungsmerkmale analysieren müssen und, wenn zumindest eines davon nicht ausschließlich der technischen Funktion dient, den Nichtigkeitsantrag ablehnen müssen.

Verbindungen und Baukastensysteme

Zudem habe das EUIPO nicht beachtet, dass das angegriffene LEGO-Design nicht nur Merkmale technischer Natur, sondern gleichzeitig auch sogenannte Verbindungsmerkmale haben könnte. Das sind Merkmale, die eine bestimmte Form zwingend haben müssen, um mit anderen Erzeugnis mechanisch verbunden zu werden. Auch diesen Designmerkmalen wird der Schutz grundsätzlich verwehrt, gemäß Art.8 (2) GGV. Die Krux an der Sache ist jedoch, dass der nächste Absatz eine Ausnahmeregelung enthält. Demnach können neue und eigenartige Verbindungsmerkmale doch schützbar sein, sofern es sich um untereinander austauschbare Erzeugnisse innerhalb eines Baukastensystems handelt. Dies liegt bei LEGO-Steinen nahe. Dennoch hat das EUIPO den Antrag nur nach Art. 8 (1) GGV geprüft und weder das mögliche Vorliegen von Verbindungselementen noch die Ausnahmeregelung dazu überprüft. Das EuG hat daher die Entscheidung des EUIPO aufgehoben und zur erneuten Prüfung zurückgewiesen. Das EUIPO wird in der Sache erneut entscheiden müssen, diesmal unter Berücksichtigung der glatten Flächen des LEGO-Steins und der Ausnahmeregelung für Verbindungselemente.

Breit aufgestellte Strategien lohnen sich

Die Entscheidung zeigt erneut, dass der Teufel im Detail steckt. Auch auf den ersten Blick technische Erzeugnisse können als Design schützbar sein, es kommt – wie so oft – auf den Einzelfall an. Zudem wird deutlich, dass geistiges und gewerbliches Eigentum auf verschiedene Arten geschützt werden kann, mit unterschiedlichem Erfolg. Wo der markenrechtliche Schutz versagt wird, kann designrechtlicher Schutz bestehen und umgekehrt. Es lohnt sich daher, sich mehrgleisig aufzustellen und seine Rechte unter allen möglichen Gesichtspunkten zu sichern.

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