LHR-Praxisfall: Abmahnung Louis Vuitton – „Inspired by“-Parfums (Duftzwillinge)
Immer häufiger geraten kleinere Online-Händler in den Fokus großer Markenhersteller, wenn Produkte als „Duftzwillinge“ angeboten und dabei mit Formulierungen wie „Perfume inspired by …“ beworben werden.
Ein aktueller Fall zeigt exemplarisch, wie solche Abmahnungen aufgebaut sind – und an welchen Stellen sie rechtlich angreifbar sein können.
Abmahnung von Luis Vuitton wegen „Duftzwillingen“
Grundlage solcher Abmahnungen ist regelmäßig eine Kombination aus Marken- und Wettbewerbsrecht:
Markenrecht. Werden geschützte Zeichen identisch oder verwechslungsfähig ähnlich für identische Waren (z. B. Parfums, Klasse 3) genutzt, liegt eine Verletzung nach § 14 Abs. 2 MarkenG nahe. Maßgeblich ist, ob die Zeichen markenmäßig verwendet werden, also aus Sicht des Verkehrs als Herkunftshinweis dienen. Eine rein beschreibende Bezugnahme kann zulässig sein; entscheidend bleibt stets der konkrete Auftritt.
Wettbewerbsrecht. Vergleichende Werbung ist nicht per se unzulässig. Sie muss objektiv, nicht irreführend und ohne unlautere Ausnutzung oder Beeinträchtigung der Wertschätzung fremder Kennzeichen erfolgen (§ 6 UWG). Ob eine Formulierung wie „inspiriert von …“ zulässig ist, hängt vom Einzelfall ab – insbesondere davon, wie prominent die Bezugnahme erfolgt und welche Erwartungen beim Publikum geweckt werden.
Darauf, dass das Angebot von „Duftzwillingen“ rechtlich bedenklich ist, hatten wir bereits hier hingewiesen:
Wo Abmahnungen angreifbar sind
Neben der materiell-rechtlichen Bewertung lohnt der Blick auf formale und strukturelle Punkte. In der Praxis lassen sich hier immer wieder Schwachstellen feststellen, die den Druck der Abmahnung relativieren können.
Streitwert- und Kostenaufstellung
Häufig werden in einem Schreiben sowohl markenrechtliche als auch wettbewerbsrechtliche Ansprüche geltend gemacht. Dabei handelt es sich um unterschiedliche Streitgegenstände.
Eine pauschale Zusammenfassung in einem Gesamtstreitwert ohne transparente Aufschlüsselung, welcher Teil wofür angesetzt wird, genügt regelmäßig nicht den Anforderungen an eine nachvollziehbare Kostenangabe.
Fehlt diese Differenzierung, kann dies die formale Wirksamkeit der Abmahnung berühren.
Aktivlegitimation
Für markenrechtliche Ansprüche ist der Markeninhaber grundsätzlich anspruchsberechtigt. Bei wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen ist zusätzlich erforderlich, dass der Abmahnende im relevanten Markt als Mitbewerber auftritt.
Allgemeine Hinweise auf internationale Bekanntheit ersetzen keine konkrete Darstellung des Marktauftritts im Zielgebiet. Eine unzureichende Darlegung der Aktivlegitimation kann die Anspruchsdurchsetzung erschweren.
Unterlassungserklärung: Zusatzpflichten außerhalb des Kernvorwurfs
Unterlassungserklärungen sollten den Kern der abgemahnten Handlung abbilden. Problematisch wird es, wenn darüber hinaus zusätzliche Verpflichtungen aufgenommen werden, die mit dem eigentlichen Vorwurf nicht deckungsgleich sind.
Das betrifft insbesondere weitreichende Geheimhaltungsklauseln zum gesamten Schriftverkehr. Eine solche Ausweitung geht über die konkrete Rechtsverletzung hinaus und kann als unzulässige Verschärfung bewertet werden. Das Gesetz sieht hierfür klare Grenzen vor, wenn geforderte Verpflichtungen deutlich über den Anlass der Abmahnung hinausreichen.
Was Betroffene beachten sollten
Abmahnungen wirken oft eindrucksvoll, sind aber nicht unantastbar. Ob und in welchem Umfang Ansprüche bestehen, lässt sich erst nach Prüfung des konkreten Auftritts, der Marktumstände und der formalen Ausgestaltung verlässlich beurteilen. Nicht jede Formulierung ist zwingend zu übernehmen; insbesondere zusätzliche Klauseln außerhalb des Kernvorwurfs verdienen besondere Aufmerksamkeit.
Fazit
Im Spannungsfeld zwischen markenrechtlichem Schutz und zulässiger Vergleichbarkeit sind „Inspired by“-Konstellationen rechtlich anspruchsvoll. Zugleich zeigen viele Abmahnungen strukturelle Schwächen – etwa bei der Kostenaufstellung, der Begründung der Aktivlegitimation oder durch über das Nötige hinausgehende Verpflichtungen in beigefügten Erklärungen.
Eine sorgfältige, fallbezogene Prüfung schafft Klarheit und bewahrt vor übereilten Entscheidungen. Sprechen Sie uns an!