Nicotine Pouches werden in Deutschland vor allem bei Jugendlichen immer beliebter. Die tabakfreien Nikotinbeutel ähneln einem Kaugummi und setzen bei ihrer Anwendung große Mengen an Nikotin frei. Sie sind sowohl im Internet, als auch in einigen Kiosken erhältlich.
Doch ist der Handel mit Nicotine Pouches in Deutschland überhaupt erlaubt? Wir klären Sie über die aktuelle Rechtslage auf!
Übersicht
- Was sind Nicotine Pouches?
- … nicht zu verwechseln mit Snus
- … wiederum nicht zu verwechseln mit Kautabak
- … es bleibt die Frage nach Nicotine Pouches
- Nicotine Pouches sind Lebensmittel
- Nur geringe Nikotinmengen in Lebensmitteln erlaubt
- Nicotine Pouches vergleichbar mit Kaugummi
- Für Händler bedeutet das:
- Falsche Schlussfolgerungen im Internet
- Warum sind Nicotine Pouches dann in Schweden erlaubt?
- Bessere Aussichten für die Zukunft?
- Unsere Leistungen
Was sind Nicotine Pouches?
Bei Nicotine Pouches, auf deutsch tabakfreie Nikotinbeutel, oder auch Nikotin-Pods oder Nicotinbags bezeichnet, handelt es sich um kleine, durchlässige Zellstoffbeutel, die ein Pulver enthalten. Dieses Pulver besteht hauptsächlich aus Nikotinsalzen, mikrokristalliner Zellulose und Süß- und Aromastoffen.
Tabak ist in diesen Nicotine Pouches hingegen nicht enthalten. Ein Nicotine Pouch wird hinter der Ober- oder Unterlippe platziert, wo er dann zwischen 15 Minuten und einer Stunde verbleibt, bevor er wieder ausgespuckt wird. Der Beutelinhalt setzt während der Nutzung Nikotin frei, welches über die Mundschleimhäute vom Körper des Konsumenten aufgenommen wird.
… nicht zu verwechseln mit Snus
Neben den tabakfreien Nikotinbeuteln gibt es vergleichbare Produkte, die jedoch Tabak enthalten, sogenanntes Snus, das seinen Ursprung in Schweden hat. Die Anwendung erfolgt gleichartig.
Da diese Produkte Tabak enthalten, fallen sie in Deutschland unter die Vorgaben des Tabakerzeugnisgesetzes. Demnach ist das Inverkehrbringen von Tabakerzeugnissen zum oralen Gebrauch verboten. Das Verbot folgt einer europarechtlichen Richtlinie, nach der die Mitgliedstaaten das Inverkehrbringen von Tabak zum oralen Gebrauch verbieten müssen. Der Gebrauch selbst ist hingegen nicht verboten.
… wiederum nicht zu verwechseln mit Kautabak
Wenn nach dem Tabakerzeugnisgesetz von Tabakerzeugnisse zum oralen Gebrauch gesprochen wird, fragt man sich als nächstes, ob davon nicht auch Kautabak erfasst sein müsste. Tabakerzeugnisse zum oralen Gebrauch sind nach der EU-Richtlinie jedoch nicht solche, die zum Kauen bestimmt sind. Kautabak ist in Deutschland daher erlaubt.
Die Ausnahme von dem Verbot für Kautabak gilt jedoch nicht auch für Snus-Produkte, da der Begriff eng auszulegen ist. Sowohl Nicotine Pouches, als auch Snus und Kautabak sind also jeweils unterschiedlich einzuordnen.
… es bleibt die Frage nach Nicotine Pouches
Wir wissen nun, dass das tabakhaltige Snus und Kautabak durch das Tabakerzeugnisgesetz reguliert werden. Nicotine Pouches enthalten allerdings keinen Tabak. Es bleibt also die Frage, welche Regelungen sowohl Händler, als auch Konsumenten zu beachten haben.
Eine spezielle gesetzliche Regelung für tabakfreie Nikotinbeutel gibt es in Deutschland nicht.
Nicotine Pouches sind Lebensmittel
Eine Studie des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) vom 7. Oktober 2022 legt dar, dass Nicotine Pouches von den Überwachungsbehörden nach lebensmittelrechtlichen Vorschriften zu behandeln seien. Der ARfD-Wert (= Akute Referenzdosis) für Lebensmittel von 0,0008 mg/kg Körpergewicht komme zur Anwendung. Deshalb werden in der Folge Produkte vom Markt genommen, die diesen Wert überschreiten.
In den Proben der verschiedenen Nicotine Pouches wurde eine Nikotinmenge von 3,2 bis 17,9 mg Nikotin pro Beutel festgestellt, sodass der ARfD-Wert um ein vielfaches überschritten wurde und die Nicotine Pouches bei einer Einordnung als Lebensmittel als gesundheitsschädlich, nicht sicher und daher nicht verkehrsfähig beurteilt wurden.
Als Begründung für die Einordnung als Lebensmittel gab beispielsweise das Verwaltungsgericht München (VG München, Urteil vom 31.5.2023, Az. M 26b K 20.6308) an, dass bei der Anwendung von Nicotine Pouches bei bestimmungsgemäßem Gebrauch Stoffe vom Menschen aufgenommen werden und es sich deshalb per Definition um ein Lebensmittel handele. Sowohl die durch die Mundschleimhaut erfolgende Aufnahme von Nikotin, als auch eine Aufnahme durch den Magen-Darm-Trakt durch das Schlucken von Speichel sei als „Aufnahme durch den Menschen“ zu qualifizieren. Gerade der weitere Begriff „Aufnahme“ anstelle von „Verzehr“ verdeutliche, dass nicht nur die Aufnahme durch den Magen, sondern auch andere Arten der Aufnahme in den Körper vom Lebensmittelbegriff erfasst sein sollen.
Nur geringe Nikotinmengen in Lebensmitteln erlaubt
Auch das Oberverwaltungsgericht Lüneburg (OVG Lüneburg, Beschluss vom 9.2.2021, Az. 13 ME 580/20) stellte fest, dass bei der oralen Aufnahme eines Nikotinbeutels der von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit EFSA bekanntgegebene Grenzwert, je nach Marke und Produkt, um das 36- bis 175-fache überschritten werde und der Nikotinbeutel deshalb als nicht sicheres Lebensmittel eingestuft werden müsse.
Nicotine Pouches vergleichbar mit Kaugummi
Deutlich wird die Einordnung als Lebensmittel durch die Vergleichbarkeit mit dem Kaugummi. So begründete das Verwaltungsgericht München, sowie das Oberverwaltungsgericht Hamburg (OVG Hamburg, Beschluss vom 19.8.2021, Az. 5 Bs 56/21), dass die tabakfreien Nikotinbeutel zwar nicht gekaut werden, jedoch seien sie insoweit mit dem Kaugummi vergleichbar, als die Aufnahme von Stoffen, die einer Trägersubstanz zugesetzt sind, vorwiegend oral über die Mundschleimhaut erfolge, die Trägersubstanz jedoch nach Gebrauch aus der Mundhöhle entnommen und nicht geschluckt werde.
Für Händler bedeutet das:
Erlaubt wäre aktuell der Handel mit Nicotine Pouches, solange sie eine sehr geringe Menge an Nikotin aufweisen. Der Sinn und Zweck der Nicotine Pouches, eine Alternative zu Tabakprodukten zu sein, geht damit jedoch ins Leere und der erhoffte Effekt ist gleich Null.
Faktisch sind Nicotine Pouches durch die Einordnung als Lebensmittel in Deutschland also verboten.
Handelt beispielsweise ein Online-Anbieter doch mit diesen Produkten, kann er von der zuständigen Behörde dazu aufgefordert werden, die Rücknahme der in den Verkehr gebrachten Produkte einzuleiten. Die Rücknahme der Produkte muss dieser unter vollständiger Adressangabe seiner Kunden nachweisen. Kommt der Online-Anbieter den Anforderungen nicht oder nicht rechtzeitig nach, blüht ihm ein Zwangsgeld.
Falsche Schlussfolgerungen im Internet
Trotz der eben getroffenen Feststellungen kursieren im Internet viele Fehlinformationen über die Zulässigkeit von Nicotine Pouches. Vor allem Online Shops behaupten auf ihren Blogs, dass Nicotine Pouches in Deutschland legal wären.
Diese Annahme begründen sie damit, dass Nicotine Pouches, anders als Snus, eben nicht unter das Tabakerzeugnisgesetz fallen und deshalb erlaubt wären. Diese Schlussfolgerung ist aber falsch.
Vielmehr führt die Einordnung als Lebensmittel auch dazu, dass die Produkte verboten sind. Für ein Lebensmittel weisen die Nicotine Pouches nämlich viel zu viel Nikotin auf. Das bleibt von den betreffenden Online Shops völlig unberücksichtigt.
Warum sind Nicotine Pouches dann in Schweden erlaubt?
Zunächst waren Nicotine Pouches — anders als Snus — in Schweden auch als Lebensmittel eingestuft worden und demnach verboten. Snus ist aus historischen Gründen seit jeher aufgrund einer Ausnahme von dem europäischen Verbot in Schweden erlaubt.
Als mehr und mehr tabakfreie Nikotinbeutel auf den schwedischen Markt gebracht wurden, überdachte die zuständige schwedische Behörde ihre Entscheidung und ordnete Nicotine Pouches künftig nicht mehr als Lebensmittel ein. Tabakfreie, snusähnliche Erzeugnisse seien genauso wie Snus zu behandeln.
Da Schweden im Hinblick auf Snus bereits zuvor eine andere Behandlung genoss, ist auch die Behandlung von Nicotine Pouches nicht mit anderen EU-Mitgliedstaaten vergleichbar. Aus der Zulässigkeit von Nicotine Pouches in Schweden lässt sich daher leider keine Schlussfolgerung für die Zulässigkeit in Deutschland treffen.
Bessere Aussichten für die Zukunft?
Bei der Einordnung von Nicotine Pouches handelt es sich um eine recht neue Thematik, die möglicherweise noch nicht ganz abgeschlossen ist.
Die Bundesregierung selbst sah auf eine Anfrage hin keinen Bedarf für eine nationale Spezialregelung für die umstrittenen Nikotinbeutel. Sie teilte jedoch mit, dass es für einen effektiven Verbraucherschutz aufgrund des europäischen Marktes einer europaweit einheitlichen Regelung bedürfe.
Ob die europäischen Behörden in nächster Zeit zugunsten der Nicotine Pouches tätig werden, bleibt also abzuwarten.
Unsere Leistungen
- Rechtliche Beratung hinsichtlich Tabakprodukten und tabakfreien Nikotinprodukten
- Angriff von behördlichen Bescheiden
- Erwirken von einstweiligem Rechtsschutz
- Klageweise Geltendmachung Ihrer Rechtsverletzung im Wege der Anfechtungsklage
- Ständige Beratung zu gesetzlichen Neuerungen zu Tabakprodukten und tabakfreien Nikotinprodukten