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Die Behauptung, jemand sei "zu faul, zu arbeiten" ist im Unterhaltsprozess erlaubt

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Das hat das Amtsgericht Königs Wusterhausen hat am 11. April 2012 (AG Königs Wusterhausen, Urteil v. 11.4.2012, Az. 20 C 569/11) entschieden.

Schlicht zu faul, zu arbeiten

Die Lebensgefährtin des Klägers betrieb ein Unterhaltsverfahren gegen ihren Vater. In einem Schriftsatz ließ der Beklagte über seinen Anwalt unter anderem vortragen:

„Grund dieses Rechtsstreits insgesamt ist lediglich der Umstand, dass der Lebensgefährte der Antragsstellerin schlicht zu faul ist, zu arbeiten. Diese Realität muss einmal beim Namen genannt werden. Aus diesem Grund ist er stets bemüht, sich anderweitig um Geld zu kümmern. Hierzu gehört es eben auch, die Angehörigen der Antragsstellerin mit völlig ungerechtfertigten Forderungen zu überziehen. Allein schon die Forderung eines ungekürzten Unterhalts i.H.v. monatlich EUR 670,00 wäre dazu geeignet, sämtliche Unterhaltsansprüche als verwirkt anzusehen.“

Zulässige Beleidigung

Das Amtsgericht erachtete die Behauptung, dass der Beklagte zu faul zum Arbeiten und daher stets bemüht sei, sich anderweitig um Geld zu kümmern zwar als eine beleidigende Ehrverletzung. Da die Äußerung jedoch in einem gerichtlichen Verfahren getätigt worden sei, können sie nicht Gegenstand einer gesonderten Ehrenschutzklage sein.

Das Gericht führt aus:

„Das hat seinen Grund darin, dass das Ausgangsverfahren nicht durch eine Beschneidung der Äußerungsfreiheit der daran Beteiligten beeinträchtigt werden soll (vgl. OLG München NJW-RR 2001, 1473, 1474 mwNw.). Dies gilt auch dann, wenn die ehrverletzenden Äußerungen über Dritte verbreitet werden (vgl. OLG Hamburg, Beschluss vom 19.03.2004, Az. 1 U 147/03, zitiert nach wwww.jurisweb.de). Denn ein wirkungsvoller gerichtlicher Rechtsschutz m Familienrechtsstreitigkeiten setzt voraus, dass der Rechtssuchende, ohne Rechtsnachteile befürchten zu müssen, jene Handlungen vornehmen können, die nach seiner vom guten Glauben bestimmten Sicht geeignet sind, sich im Prozess zu behaupten (vgl. OLG München aaO), wobei im Kampf um das Recht ein Verfahrensbeteiligter auch starke, eindringliche Ausdrücke und sinnfällige Schlagworte benutzen kann, um seine Rechtsposition zu unterstützen. Voraussetzung für die Berechtigung eines Anspruchs auf Unterlassung einer in einem gerichtlichen Verfahren gemachten, einen Dritten in seiner Ehre beeinträchtigenden Äußerung ist, dass diese in keinem sachlichen Bezug zum im Rede stehenden Rechtsverhältnis steht oder leichtfertig wider besseres Wissens aufgestellt wird (vgl. OLG Hamburg, aaO)“

Fazit:

Eine auf den ersten Blick merkwürdig anmutende Entscheidung, die bei näherem hinsehen jedoch Zustimmung verdient.

Dienen Äußerungen in einem Prozess nicht ausschließlich dazu, jemanden völlig ohne Sachbezug herabzusetzen oder zu beleidigen, so können sie nicht in einem gesonderten Verfahren verboten werden oder sogar zu einem Schadensersatzanspruch führen. Alles andere würde die Durchführung eines Rechtsstreits, in dem die Parteien ihre Auseinandersetzung mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln gerade führen sollen, praktisch unmöglich machen.

Erstens müssten die Beteiligten bei zweifelhaften Äußerungen immer befürchten, mit einem gesonderten Rechtsstreit überzogen zu werden, so dass zu besorgen wäre, dass Parteien aus Angst nicht alle die für sie streitenden Argumente vortragen. Zweitens würde eine separate Klagemöglichkeit zu weiteren Prozessen zwischen den Parteien führen, die ihrerseits wieder Anlass zu weiteren Klagen in Bezug auf den Ehrenschutz bzw. das Persönlichkeitsrecht geben könnten. Das Ergebnis wäre eine unendliche Reihe von gerichtlichen Streitigkeiten zwischen den Parteien.

Man darf auch freundlich sein

Nur weil es vor diesem Hintergrund erlaubt sein kann, die Gegenseite in einem Rechtsstreit zu beleidigen, heißt das natürlich nicht, dass man sich nicht auch sachlich erfolgreich mit den Gegner streiten könnte. (la)

(Bild: © Kitty – Fotolia.com)

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