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Werbung als Sachverständiger ok – aber bitte auf den Umfang aufpassen

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Irreführende Werbung
© Grüner – Adobe Stock

Ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger warb öffentlich für seine Dienste, aber ohne sein Bestellungsgebiet anzugeben. Dies kann irreführende Werbung darstellen, urteilte das Landgericht Regensburg (LG Regensburg, Endurteil vom 23.01.2023, Az. 2 HK O 808/22).

 

 

 

 

Ein Verband, in dem Industrie- und Handelskammern und Handwerkskammer Mitglied sind, klagte auf Unterlassung bestimmter Werbeanzeigen eines Sachverständigen im Internet. Der Beklagte ist öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Zentralheizungs- und Lüftungsbau. Der Sachverständige hatte im Zusammenhang mit der Bezeichnung „von der Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für das Installateur- und Heizungsbauerhandwerk Teilgebiet: Zentralheizungs- und Lüftungsbau“ mit der Angabe „Spezialgebiete: Erneuerbare Energien-Wärmepumpen-Blickheizkraftwerke-Heizungswasseranalysen-Schallmessungen-Wärmeverteilnetze-Wirtschaftlichkeitsberechnungen“ geworben. Daneben hatte er sich auch „Sachverständiger für Ofen- und Luftheizungsbau, eingetragen in die Handwerksrolle der Handwerkskammer Niederbayern Oberpfalz-Kälteanlagenbauer-Installateur-Heizungsbauer-Elektrotechniker-Ofen- und Luftheizungsbauer“ genannt und mit den Angaben „Dr. A. I. Fachplaner für Energieeffizienz – Sachverständigenwesen – der Energiedoktor“ und „der Energiedoktor.Energie-Sachverständiger“ geworben. Der Verband war der Ansicht, dass es handle sich dabei um irreführende Werbung.

Sachverständigenordnung mit Markverhaltensregeln regelt Selbstdarstellung

Der klagende Verband berief sich auf § 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) in Verbindung mit den §§ 13, 18 Abs. 3 der Sachverständigenordnung der Handwerkskammer. Darin war ein Trennungsgebot normiert, das eine Trennung zwischen der Tätigkeit eines Sachverständigen und seiner sonstigen beruflichen Tätigkeit vorsah. Bei den Normen handle es sich um Marktverhaltensregelungen im Sinne des § 3a UWG, entschied das LG Regensburg. Die Sachverständigenordnung stelle jedoch keine Berufsausübungsregelung dar, da der Sachverständige zwar werben dürfe, aber nur getrennt von seiner Sachverständigentätigkeit, so dass die Marktverhaltensregel nicht anhand der Drei-Stufen-Theorie des Artikels 12 Grundgesetz zu prüfen ist.

Irreführende Werbung als Sachverständiger

Wenn ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger seine Bestellung ohne Angabe des Bestellungsgebietes angebe, könne dies irreführend im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 1, 2 Nr. 3 UWG sein, lautet das Urteil des LG Regensburg. Die streitbefangene Werbung des Sachverständigen sei geeignet, spürbar Mitbewerber im Sinne des § 3a UWG zu beeinträchtigen. Ein Verbraucher werde irrig annehmen, dass ein öffentlich bestellter Sachverständiger auch im Geschäftsleben deutlich unabhängiger und unparteiischer agiere als ein am Verkauf und Gewinn interessierter Geschäftsmann. Auch könnte Handwerkern auf demselben Gebiet mangels der Angabe als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger eine entsprechend hohe Qualifikation abgesprochen werden, was sich auf deren Marktposition auswirken könne.

Die Werbung verstoße gegen das Irreführungsverbot des § 5 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 UWG, weil die Formulierung „Sachverständiger für altersgerechten Umbau“ direkt unter den Worten „öffentlich bestellt und vereidigt“ stehe. Die Irreführung entstehe bereits durch die „Signalwirkung“. Auch in seiner E-Mail-Signatur habe der Beklagte mehrfach den Begriff „Sachverständiger“ verwendet, obwohl er nur öffentlich bestellt und vereidigt worden sei für das Teilgebiet Zentralheizungs- und Lüftungsbau.

Wer als Sachverständiger mit bestimmten Angaben öffentlich wirbt, sollte daher ebenso aufpassen, wie jemand, der die Dienste eines Sachverständigen in Anspruch nehmen will und auf Werbeangaben stößt, die über das übliche Maß hinaus gehen.

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