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OVG Saarland: Opt-In bei Internet-Gewinnspiel genügt nicht für Einwilligung in Telefonwerbung

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Double-Opt-In Gewinnspiel Telefon-Werbung
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Datenverarbeitende Stellen müssen nach der DSGVO die wirksame Einwilligung in die Verarbeitung der Daten nachweisen und dokumentieren.

Eine bei einem Internet-Gewinnspiel im sogenannten „Double-Opt-In-Verfahren“ erlangte Einwilligung genügt dafür nicht, hat das Oberverwaltungsgericht des Saarlandes entschieden (OVG Saarlouis, Beschluss v. 16.02.2021, Az. 2 A 355/19).

Ein Versicherungsvermittler stritt sich mit der Datenschutzbehörde über die Einwilligung zu Telefonwerbung

Die Klägerin in dem Verfahren vor dem OVG Saarlouis ist im Bereich der Versicherungsvermittlung tätig und betreibt telefonische Werbeansprachen.

Ein Ehepaar wandte sich mit einer Eingabe an die beklagte Datenschutzbehörde und gab an, von einem Callcenter im Namen einer GmbH zu Werbezwecken kontaktiert worden zu sein, ohne eingewilligt zu haben.

Die Beklagte forderte die Klägerin zu einer Stellungnahme auf, weil der Verdacht eines DSGVO-Verstoßes bestehe. Die Klägerin war der Auffassung, die DSGVO sei nicht anwendbar, da die Telefonnummer gewerblich durch eine GbR genutzt werde. Außerdem liege eine Einwilligung vor, da der Ehepartner an einem Online-Gewinnspiel teilgenommen und dort per sogenanntem Double-Opt-In-Verfahren eine Einverständniserklärung in die Verwendung der Telefonnummer für Zwecke des Direktmarketing durch die Klägerin erteilt. Als Beleg legte die Klägerin eine Online-Registrierung samt E-Mail-Adresse vor.

An diese sei eine Bestätigungs-Email gesendet worden, die auch bestätigt worden sei. Das Ehepaar, das den Erhalt einer solchen E-Mail im Verfahren bestritt, müsse die Nichterteilung der Einwilligung nachweisen.

Datenverarbeiter muss Einwilligung nachweisen

Der zweite Senat des OVG Saarlouis entschied, dass das Gericht der ersten Instanz zu Recht feststellte, dass eine Einwilligung im Double-Opt-In-Verfahren nicht den Anforderungen des Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO genüge, weil der Klägerin der Nachweis nicht gelungen sei, dass die Betroffenen nach Art. 7 Abs. 1 DSGVO in die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten eingewilligt haben. Beruht die Verarbeitung auf einer Einwilligung, müsse die datenverarbeitende Stelle nachweisen können, dass die betroffene Person in die Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten eingewilligt hat. Ansonsten sei die Verarbeitung der Daten „rechtswidrig“.

Opt-In mit Opt-Out-Absicht?

Verbraucher könnten sich, so das Gericht, auch nach Bestätigung seiner E-Mail-Adresse im Double-Opt-In-Verfahren noch darauf berufen, die unter dieser Adresse abgesandte Einwilligung in E-Mail-Werbung nicht abgegeben zu haben, trügen dafür jedoch die Darlegungslast. Es bestehe ferner „kein notwendiger Zusammenhang zwischen der E-Mail-Adresse, unter der der Teilnahmeantrag abgesandt worden sei, und der in ihm angegebenen Telefonnummer“. Es könne es zahlreiche Gründe dafür geben, dass eine falsche Telefonnummer in ein Online-Teilnahmeformular eingetragen werde – von der versehentlichen Falscheingabe über die Angabe der elterlichen Telefonnummer durch Minderjährige bis zur bewusste Falscheingabe in Belästigungs- und Schädigungsabsicht sowie „durch den tatsächlichen Inhaber der E-Mail-Adresse, um gerade nicht selbst zu Werbezwecken angerufen zu werden“.

Dass Verantwortliche eine wirksame Einwilligung gegenüber der Aufsichtsbehörde nachweisen müssen, folgt aus der Regelungssystematik der europäischen Datenschutz-Grundverordnung und dort aus den Art. 7 Abs. 1, 4 Nr. 11 DSGVO. Kann keine wirksame Einwilligung nachgewiesen werden, liegt ein bußgeldbewehrter DSGVO-Verstoß vor.

Kein berechtigtes Interesse bei wettbewerbswidriger Verarbeitung

Das Gericht verwies im Zusammenhang mit der Frage, unter welchen Umständen die im Zusammenhang mit der Veranstaltung eines Gewinnspiels im Internet erteilte Einwilligung in Telefonwerbung den Anforderungen genügt, auf die Rechtsprechung des BGH insbesondere zu § 7 Abs. 2 Nr. 2 1. Alt. UWG (BGH, Urteil v. 10.02.2011, Az. I ZR 164/09, zur Gemeinschaftsrechtskonformität eines generellen Verbots der unerbetenen Telefonwerbung und zum Nachweis der Einverständniserklärung bei einer Bestätigungsmail im Double-opt-in-Verfahren).

Ein berechtigtes Interesse an einer Datenverarbeitung ohne Einwilligung im Sinne von Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO sei zu verneinen, wenn es sich um eine „wettbewerbswidrige Verarbeitung“ handele. Die Bewertungsmaßstäbe des § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG seien auch im Rahmen des Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO zu berücksichtigen.

Die Klägerin vertrat in dem Verfahren die Auffassung, die Datenverarbeitung sei nur noch dann ausgeschlossen, wenn die Interessen und Rechte des Betroffenen die berechtigten Interessen des Verantwortlichen überwiegen würden und eine gleichrangige Betroffenheit der betroffenen Personen genüge nicht mehr.

Das OVG Saarland überzeugte diese Argumentation nicht. Die Bewertungsmaßstäbe des § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG, welcher der Umsetzung der Richtlinie 2002/58/EG dient, seien auch im Rahmen des Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO zu berücksichtigen. Es sei zwar zutreffend, dass auch die Verarbeitung personenbezogener Daten für Direktwerbung ein berechtigtes Interesse nach dem Erwägungsgrund 47 DSGVO darstellen könne. Doch auch hier müssten die Ziele, die mit der Verarbeitung verfolgt werden, unionrechtskonform sein.

Das OVG Saarlouis wies den Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes zurück.

Die Entscheidung stärkt die Rechte der Betroffenen von Datenverarbeitung. Für Verantwortliche, die Telefonmarketing betreiben, bedeutet der Beschluss mehr Unsicherheit, wenn sich Verbraucher darauf berufen können, eine Bestätigung nur abgeschickt zu haben, um nicht zu Werbezwecken angerufen zu werden.

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