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LG Düsseldorf zum zweiten: Fliegender Gerichtsstand trotz anderer Ansicht des OLG

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fliegender Gerichtsstand
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Nachdem das OLG Düsseldorf sich berufen fühlte, dem LG Düsseldorf in einem obiter dictum zur Frage der örtlichen Zuständigkeit zu widersprechen, entschied nun erneut das Landgericht und hält an seiner Rechtsauffassung fest.

Wir hatten bereits hier darüber berichtet, dass das LG Düsseldorf in einer Entscheidung die erst zu Beginn des Jahres 2021 in Kraft getretene Neuregelung im UWG zur Begrenzung des „fliegenden Gerichtsstands“ teleologisch reduziert und entgegen dem Wortlaut für Online-Streitigkeiten eine Zuständigkeit für mutmaßliche UWG-Verstöße angenommen hat, die im Zuständigkeitsbereich des Gerichts vorgenommen werden beziehungsweise sich dort auswirken.

Kurz darauf widersprach des OLG Düsseldorf dem LG mit einem obiter dictum vom 16.02.2021. Und nun?

LG Düsseldorf: zum ersten, zum zweiten, Zuschlag?

Normalerweise beachtet ein Gericht die Auslegung einer gesetzlichen Regelung seines zuständigen Oberlandesgerichts. Nicht so das Landgericht Düsseldorf in diesem Fall.

In einem weiteren Beschluss (LG Düsseldorf, Beschluss v. 26.02.2021, Az. 38 O 19/21) vertritt das Landgericht die Auffassung, dass die Beschränkung des fliegenden Gerichtsstands wiederum auf solche Fälle beschränkt sei, die zwingend an ein Handeln im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien anknüpfen und nicht bei Nutzung eines anderen Mediums verwirklicht werden könnten. Die vom OLG Düsseldorf hierzu geäußerten erheblichen Bedenken veranlassten das Gericht nicht, seine Auffassung zu ändern.

Insbesondere sei die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts nicht nur für die in Printmedien verbreitete Anzeigen- und die Fernsehwerbung, sondern darüber hinaus für die über ihre Internetpräsenz und das Portal YouTube verbreitete Werbung gegeben. An dem Ergebnis des ersten Beschlusses (LG Düsseldorf, Beschluss v. 15.01.2021, Az. 38 O 3/21), dass nämlich der den grundsätzlich nach § 14 Abs. 2 S. 2 UWG gegebenen fliegenden Gerichtsstand sperrende Ausschlusstatbestand des § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG nur eingreife, wenn die betreffende Zuwiderhandlung tatbestandlich an ein Handeln im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien anknüpfe hielt die Kammer nach nochmaliger Überprüfung fest.

Während das OLG Düsseldorf der Auffassung war, dass sich eine teleologische Reduktion der Vorschrift verbiete, da der Gesetzgeber sich über die Folgen der Vorschrift im Klaren gewesen sei, ist das LG Düsseldorf anderer Meinung. Die Unterschiede in den Formulierungen von § 13 Abs. 4 Nr. 1 UWG einerseits und § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG andererseits stünden der an Sinn und Zweck der Regelung orientierten Auslegung von § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG nicht entgegen, zumal es sich bei dieser Vorschrift um einen Ausnahmetatbestand handele. Dessen Zweck sei es, den in § 14 Abs. 2 S. 2 UWG grundsätzlich eröffneten „fliegenden Gerichtsstand“ für bestimmte Fälle auszuschließen – das lasse das Oberlandesgericht Düsseldorf jedoch unberücksichtigt. Außerdem liege die Annahme eines Redaktionsversehens des Gesetzgebers näher als die Annahme eines „Zweistufensystems“, was eine teleologische Reduktion des in § 14 Abs. 2 S. 3 Nr. 1 UWG enthaltenen Ausnahmetatbestandes angezeigt erscheinen ließe. Die für eine solche Auslegung sprechenden Argumente seien bisher nicht widerlegt, so die Richter.

Und weiter: Das Gericht sehe schon deswegen keine Veranlassung, seine Auffassung aufzugeben, weil bisher keine überzeugenden Bedenken hiergegen vorgebracht worden seien. Die Diskussion darüber, wie die seit dem 2. Dezember 2020 geltende Regelung der örtlichen Zuständigkeit in § 14 Abs. 2 UWG auszulegen sei, stehe noch an ihrem Anfang.

Herzlich Willkommen in Düsseldorf?

Durch die Änderung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb werden einige Gerichte nunmehr erheblich weniger zu tun haben. Frühere Schwerpunktgerichte bei Wettbewerbsverstößen im Internet können nunmehr häufig nur noch solche Verfahren entscheiden, bei denen der Beklagte seinen Sitz im Gerichtsbezirk hat – so auch die fachlich versierten Wettbewerbskammern in Düsseldorf.

Wenn ein so betroffenes Gericht eine inhaltlich zweifelhafte und handwerklich minderwertige Gesetzesnovelle auf den Prüfstand stellt ist das nur verständlich. Nicht ganz so nachvollziehbar ist die Motivation des OLG, dem zuständigem Landgericht mit seinem obiter dictum ungefragt und unberechtigt in den Rücken zu fallen.

Hier ist das letzte Wort sicherlich noch nicht gesprochen.

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