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Gegenabmahnung keine rechtsmissbräuchliche Retourkutsche

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Gegenabmahnung kein Rechtsmissbrauch
Eisenhans – stock-adobe.com

Die Abmahnung hat im gewerblichen Rechtsschutz eine besondere Bedeutung.

Immer dann, wenn zwischen den Parteien wettbewerbs-, urheber– oder markenrechtliche Probleme bestehen, ist das Abmahnverfahren der übliche Weg, die eigenen Interessen außergerichtlich zu wahren bzw. eine außergerichtliche Konfliktbeilegung zu erreichen.

Wie Du mir, so ich Dir

Was aber, wenn der Abgemahnte den Spieß umdreht und seinerseits eine Abmahnung ausspricht (vorausgesetzt, dass sich irgendetwas finden ließ, das abmahnfähig ist)? Handelt es sich dann um eine unzulässige Retourkutsche, ist diese Gegenabmahnung  also rechtsmissbräuchlich? Nein, grundsätzlich ist eine wettbewerbsrechtliche Gegenabmahnung nicht rechtsmissbräuchlich, sagt der Bundesgerichtshof (BGH, Urteil v. 21.1.2021 – Az. I ZR 17/18).

Zwei Händler, zwei Abmahnungen

Der BGH hatte den Fall zweier auf Amazon tätigen gewerblichen Händler zu entscheiden, bei dem der eine seinen Konkurrenten wegen der Verwendung einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung abgemahnt, und dieser im Gegenzug ebenfalls eine Abmahnung ausgesprochen hatte, weil jener eine Widerrufsbelehrung anbot, in der die im Impressum genannte Telefonnummer nicht angegeben war. Konkurrenz belebt offenbar nicht nur das Geschäft, sondern beflügelt zudem die Phantasie bei der Fehlersuche.

Motivation kein Indiz für Rechtsmissbrauch

Etwas zu sehr, meinte nun der erste Abmahner und monierte, die Gegenabmahnung sei eine  unzulässige Retourkutsche und rechtsmissbräuchlich, eine Auffassung, die der BGH jedoch sehr deutlich zurückwies: Für die Annahme eines Rechtsmissbrauchs reiche die Motivation nicht aus. Auch andere Einwände, mit denen die Rechtmäßigkeit der Gegenabmahnung bestritten wurden (das Fehlen einer vorformulierten Unterlassungserklärung, der Umstand, dass die abmahnenden Rechtsanwälte ihre Forderung gegenüber dem Kläger noch nicht abgerechnet hatten), ließen die Karlsruher Richter nicht gelten.

Es darf abgemahnt werden

Das bedeutet im Ergebnis, dass ein Abgemahnter grundsätzlich jederzeit bei Vorliegen sachlicher Gründe berechtigt ist, eine Gegenabmahnung auszusprechen, ohne sich hierdurch dem Verdacht des Rechtsmissbrauchs auszusetzen.

Der Beitrag stammt von unserem freien Autor Josef Bordat. Er ist Teil unserer Reihe “Berichte aus der Parallelwelt”. Dort werfen Autoren aus anderen Fachbereichen einen Blick auf die Rechtswissenschaft in Theorie und Praxis. Die Beiträge betrachten, anders als unsere sonstigen Fachbeiträge Begebenheiten und Rechtsfälle daher auch nicht juristisch, sondern aus einem völlig anderen Blickwinkel. Aus welchem, das soll der Beurteilung der Leser überlassen bleiben. Interessant wird es, wie wir meinen, allemal.

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