Fehlende Antragsbefugnis von Abmahnverbänden im Ordnungsmittelverfahren
Verbandsabmahnungen sind im Wirtschaftsleben Gang und Gäbe. Seit einer Gesetzesänderung im Dezember 2021 gelten jedoch strengere Voraussetzungen für sogenannte Abmahnvereine.
Abmahnungen dürfen seither nur noch Verbände aussprechen, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen und in staatlichen Listen eingetragen sind.
Doch kann ein nicht gelisteter Abmahnverein einen bereits vor der Neuregelung ordnungsgemäß erwirkten Unterlassungstitel in einem Ordnungsmittelverfahren geltend machen, obwohl er nach heutiger Rechtslage nicht mehr antragsbefugt wäre?
Mit dieser Frage setzte sich das Oberlandesgericht Hamm in einem aktuellen Beschluss (OLG Hamm, Beschluss vom 15.05.2023, Az. 4 W 32/22) auseinander.
Verstärkte staatliche Kontrolle von Abmahnverbänden
Lauterkeitsrechtliche Verstöße führen zu Unterlassungsansprüchen aus § 8 Abs. 1 UWG. Diese können nicht nur von Mitbewerbern, sondern auch von Verbänden geltend gemacht werden. Um mitunter dubiosen Geschäftsmodellen von unseriösen Abmahnvereinen entgegenzutreten, ist der Gesetzgeber in Form des „Gesetzes zur Stärkung des fairen Wettbewerbs“ tätig geworden und hat die Tätigkeit der Abmahnverbände einer verstärkten staatlichen Kontrolle unterstellt.
Nach dem neugefassten § 8 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 UWG stehen die wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsansprüche nur solchen Verbänden und Einrichtungen zu, die gewisse rechtliche Vorgaben erfüllen und in den Listen der qualifizierten Wirtschaftsverbände (§ 8b UWG) oder der qualifizierten Einrichtungen (§ 4 UKlaG) eingetragen sind.
Keine Fortwirken der Antragsbefugnis im Ordnungsmittelverfahren
In dem vom OLG Hamm zu entscheidenden Verfahren hatte ein Abmahnverband noch vor der Gesetzesänderung eine einstweilige Verfügung erwirkt, die die Schuldnerin unter Androhung von Ordnungsmitteln zur Unterlassung einer bestimmten Werbung verpflichtet hatte. Eine Eintragung in die Listen der qualifizierten Wirtschaftsverbände oder der qualifizierten Einrichtungen ist seitdem nicht erfolgt. Der Abmahnverein beantragte nun die Festsetzung eines Ordnungsgeldes wegen einer vermeintlichen Zuwiderhandlung der Schuldnerin. Dem erteilte das Gericht wegen fehlender Antragsbefugnis eine deutliche Absage.
In dem Beschluss stellten die Richter klar, dass auch in einem Ordnungsmittelverfahren die Prozessführungsbefugnis zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nach § 890 Abs. 1 S.1 ZPO vorliegen muss. Das Gesetz mache keine Ausnahme für Altlasten. Ansonsten würden nicht eingetragene Verbände eine Art „Rest- und Schattendasein“ als Verwalter alter Vollstreckungstitel pflegen, was nicht der Intention des Gesetzgebers entspräche.
Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Es ist gut möglich, dass sich der Bundesgerichtshof bald erneut mit der Frage auseinandersetzen wird.