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Deinfluencing: Beleuchtung eines neuen Trends

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Deinfluencing
© TSViPhoto – Adobe Stock

Die Sozialen Medien haben ein neues Berufsbild hervorgebracht: Influencer (m/f/d). Das sind (zumeist junge) Menschen, die auf Videoportalen Einblicke in ihr Leben gewähren und dabei – mehr oder minder offensichtlich – Produkte bewerben. Dafür erhalten sie von den Herstellern Geld. Der Influencer ist also der Marktschreier des 21. Jahrhunderts. Die Menschheitsgeschichte zeigt: Wie bei einem schwingenden Pendel entwickelt sich zu jeder Bewegung immer verhältnismäßig rasch eine Gegenbewegung. So auch hier: Deinfluencing ist das Stichwort.

Was machen Deinfluencer?

Kurz gesagt: Deinfluencer machen in ihren Videos Produkte schlecht, von denen sie der Ansicht sind, sie seien nicht das Geld wert, das für sie verlangt wird. Rechtlich ist das nicht unproblematisch, denn mit der Herabsetzung von Marken und Unternehmen sowie vergleichender Werbung befinden sich die Beiträge bisweilen auf Kollisionskurs mit dem Wettbewerbsrecht. In diesem Sinne ist Vorsicht geboten. Im folgenden sollen einige rechtliche Aspekte des Deinfluencing angesprochen werden.

Unwahre Tatsachenbehauptungen vs. polemische Meinungsäußerungen

Wer sich über Produkte negativ äußert, formuliert dabei oft scharfzüngig. Das ist grundsätzlich erlaubt, solange damit subjektive Meinungen verbreitet werden (auch, wenn diese unbegründet sind). Nicht erlaubt ist es, unwahre Tatsachenbehauptungen aufzustellen, also Angaben zu machen (etwa über die Zusammensetzung einer Kosmetik oder die Beschaffenheit eines Kleidungsstücks), die objektiv falsch sind. Entscheidend ist dabei, dass es sich – im Gegensatz zu reinen Werturteilen – um nachprüfbare Eigenschaften der Produkte handelt. Hier ist also genau zu unterscheiden. Spätestens die Gerichte werden das tun, wenn angegriffene Unternehmen den Rechtsweg einschlagen.

Was ist mit Boykottaufrufen?

Manchmal ist die Herabsetzung von Marken bzw. Unternehmen mit konkreten Boykottaufrufen verbunden. Auch das ist grundsätzlich erlaubt, es kommt jedoch immer auf den Einzelfall an. Entscheidend sind die Motivation des Deinfluencers und die Mittel des Aufrufs. Rechtswidrig wird ein Boykottaufruf beispielsweise dann, wenn dieser von den wirtschaftlichen Eigeninteressen des Deinfluencers motiviert ist oder wenn der Aufruf mit sozialem Druck verbunden wird, etwa dadurch, dass „Boykottbrechern“ gedroht wird, sie öffentlich anzuprangern.

Behinderung, Herabsetzung, vergleichende Werbung: Wettbewerbsrecht setzt Deinfluencing Grenzen

Schließlich ist beim Deinfluencing das Wettbewerbsrecht einzuhalten. Kritisch wird es hier immer dann, wenn ein Unternehmen einen Deinfluencer beauftragt, das Produkt der Konkurrenz schlecht zu machen. Hierbei kann es sich um eine gezielte Behinderung und/oder eine Herabsetzung des betroffenen Konkurrenzunternehmens handeln. Das kann nach § 4 UWG unzulässig sein. Werden in dem Beitrag Produkte des beauftragenden Unternehmens mit denen des Konkurrenten verglichen, kann dieser auch gemäß § 6 UWG unzulässig sein. Selbstverständlich muss auch in einem derartigen Deinfluencing-Beitrag offengelegt werden, dass im Auftrag eines Unternehmens gehandelt wird – auch vergleichende Werbung ist schließlich Werbung und muss als solche gekennzeichnet werden.

Vertrag bindet – auch über die Zusammenarbeit hinaus

Wichtig zu erwähnen ist ferner, dass ein mit einem Unternehmen abgeschlossener Vermarktungsvertrag auch nach Ablauf der Zusammenarbeit binden kann, dergestalt, dass sich der beauftragte Influencer eine vereinbarte Zeitspanne lang nicht negativ über das Unternehmen äußern darf. Auch dann, wenn nichts vereinbart ist, gilt die Imagewahrung des Unternehmens grundsätzlich als Nebenpflicht des beauftragten Influencers. Handelt er dieser Pflicht zuwider – mutiert er also in der betreffenden Angelegenheit vom Influencer zum Deinfluencer – hat das Unternehmen möglicherweise einen Anspruch auf Schadensersatz. Ebenso haftet der Deinfluencer für den Schaden, der dadurch entsteht, dass sich seine Falschdarstellungen im Netz verbreiten. Damit muss er (oder sie) schließlich rechnen, so als In- bzw. Deinfluencer.

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