100 % Wertersatz: Amtsgericht Paderborn stärkt Coaching-Anbieter
Das Amtsgericht Paderborn hat mit Urteil vom 26.09.2025 (Az. 57a C 183/24) ein deutliches Signal an die Coaching-Branche gesendet: Die Klage einer Teilnehmerin auf Rückzahlung von 3.570,00 € wurde vollständig abgewiesen.
Stattdessen erkannte das Gericht den Wertersatzanspruch des Anbieters in voller Höhe an – ein Meilenstein für die rechtliche Durchsetzung von Coaching-Honoraren.
Der Fall: Rückzahlung trotz intensiver Nutzung?
Die Klägerin hatte ein achtwöchiges Coaching-Programm gebucht, das 99 Stunden Videomaterial, Gruppen-Coachings und Live-Calls umfasste.
Sie nutzte über 70 Stunden der Inhalte, verlangte aber dennoch nachträglich die Rückzahlung mit dem Argument, der Vertrag sei wegen fehlender FernUSG-Zulassung nichtig.
Das Gericht bestätigte zwar die Nichtigkeit, erkannte aber gleichzeitig den Anspruch der Beklagten auf Wertersatz in Höhe der vollen Vergütung an.
Die Begründung: Kein ungerechtfertigter Vorteil für Kunden
Nach § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB besteht zwar ein Anspruch auf Rückzahlung bei nichtigen Verträgen. Dieser wird aber durch § 818 Abs. 2 BGB begrenzt: Wenn eine Dienstleistung – wie Coaching – in Anspruch genommen wurde, kann sie nicht zurückgegeben werden. Stattdessen ist der Wert zu ersetzen.
Das Gericht stellte klar, dass die Leistungen nicht wertlos seien, sondern dem entsprächen, was die Kundin auch bei anderen Anbietern hätte zahlen müssen.
Die Klägerin hatte vor Gericht selbst eingeräumt, dass sie bereits vor Vertragsschluss Copywriting lernen wollte und einen Selbstlernkurs gekauft hatte. Die intensive Nutzung der Coaching-Leistungen (70 von 99 Stunden) belegte, dass sie den Kurs nicht nur „ausprobiert“ hatte.
Zudem legte die Beklagte Vergleichsangebote anderer Anbieter vor, die den Preis stützten. Das Gericht setzte den Wertersatz folglich mit 3.570,00 € an – exakt der vereinbarten Vergütung.
Praxisfolgen für Coaching-Anbieter
Das Urteil zeigt: Auch wenn Coaching-Verträge wegen FernUSG-Verstößen nichtig sein können, bedeutet das nicht, dass Anbieter ihre Vergütung in jedem Fall zurückzahlen müssen. Wer die Leistung dokumentiert und den Wert belegt, kann seinen Anspruch in voller Höhe durchsetzen.
Unsere Empfehlungen:
- Nutzung dokumentieren: Halten Sie fest, wie viele Stunden Videos, Calls oder Skripte der Kunde konsumiert hat.
- Kundenabsichten sichern: Notieren Sie vor Vertragsschluss, welches Ziel der Kunde verfolgt. Im Paderborner Fall war der Copywriting-Plan entscheidend.
- Vergleichsangebote bereithalten: Marktpreise sind der Schlüssel, um die Angemessenheit Ihrer Vergütung im Prozess darzulegen.
Fazit: Wertersatz als Schutzschild für Coaches
Dieses Urteil ist das erste seiner Art, in dem ein Amtsgericht die BGH-Rechtsprechung konsequent auf Coaching-Verträge angewandt und den Wertersatz in voller Höhe zugesprochen hat.
Damit wird die Verteidigungslinie für Anbieter klarer: Leistungen sind etwas wert – und Kunden dürfen sich den Konsum nicht „gratis“ erschleichen.
Coaching-Anbieter sollten ihre Prozesse jetzt darauf ausrichten, im Streitfall bestens gewappnet zu sein.
Wir unterstützen Sie dabei, Ihre Verträge und Dokumentationen so zu gestalten, dass Sie im Ernstfall den vollen Wertersatz erfolgreich geltend machen können. Kontaktieren Sie uns, wenn Sie Ihre Verteidigungsstrategie stärken möchten.