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Verbraucherschutz: Facebook und Twitter machen weiterhin was sie wollen

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Verbraucherschutz: Facebook und Twitter
© pathdoc – fotolia.com

Vor allem Facebook und Twitter halten laut EU-Kommission das europäische Verbraucherrecht noch immer nicht vollständig ein. Zwar habe es schon einige Verbesserungen gegeben, jedoch sei sowohl bei der Entfernung von rechtswidrigen Inhalten, als auch bei Vertragskündigungen weiterhin Nachbesserungsbedarf vorhanden.

Ungenügender Verbraucherschutz

Bei jeder Anmeldung auf einer Social-Media-Plattform schließt der Nutzer mit dem Unternehmen einen Vertrag ab. In diesem akzeptiert er die allgemeinen Geschäftsbedingungen, die das Unternehmen stellt.

Das Verbraucherschutzrecht der EU soll vor dem Machtgefälle, dass durch das einseitige Stellen der Vertragsbedingungen entsteht, schützen. Die EU-Kommission hatte schon im März 2017 Facebook, Twitter und Google+ zur Änderung ihrer Geschäftsbedingungen aufgefordert.

Was ist die EU-Kommission?

Die EU-Kommission ist das das Exekutivorgan der EU. Zu den Befugnissen der Kommission gehört das Recht zur Initiative bei der Rechtsetzung. Um dieses Recht auszuüben reicht die Kommission einen Vorschlag beim Parlament oder bei der Legislative ein. Bevor sie von diesem Recht Gebrauch machen, wollte die Kommission eine Zusammenarbeit mit den betroffenen Unternehmen erreichen. Grund dafür waren Verstöße gegen das europäische Verbraucherschutzrecht, die zu einer erheblichen Benachteiligung von Verbrauchern im Social-Media-Bereich führten.

Die Änderungen

Jetzt haben die Social-Media-Unternehmen die ersten Änderungen bekannt gegeben. In einigen Bereichen wurde den Forderungen der EU-Kommission entsprochen. Verbraucher müssen keine Verträge mehr abschließen, in denen sie auf verbindliche Verbraucherschutzvorschriften verzichten, zum Beispiel auf das Rücktrittsrecht bei einem auf einer Social-Media-Plattform abgeschlossenen Kaufvertrag. Zudem müssen Beschwerden gegen die Unternehmen nicht mehr in Kalifornien geführt werden, sondern können in Europa eingereicht werden. Des Weiteren übernehmen die Plattformen nun „ihren fairen Teil an der Verantwortung gegenüber den Verbrauchern in der EU“.

Was muss noch geändert werden?

Weiterhin ungeklärt sind jedoch die Regelungen über die Entfernung von rechtswidrigen Inhalten und die einseitige Vertragskündigung durch die Unternehmen, ohne die Angabe eines Grundes. Die EU-Kommission hatte von den Social-Media-Plattformen ein System gefordert, dass illegale Inhalte schnell und proaktiv ermittelt, entfernt sowie ihr erneutes Auftauchen verhindert. Zudem sollte ein „Melde- und Abhilfesystem“ für Verbraucherschutzorganisationen eingerichtet werden, dass unter der Wahrung von Fristen den gemeldeten Verstößen nachgeht.

Diesen Forderungen scheint jedoch nur Google+ nachgekommen zu sein. Facebook und Twitter hingegen haben sich lediglich bereit erklärt, eine E-Mail-Adresse, zur Meldung von Verstößen, einzurichten. Ein System soll aber nicht eingerichtet werden. Auch auf einen zeitlichen Rahmen, in dem sie die gemeldeten Verstöße bearbeiten, wollten sich die Plattformen nicht festlegen. Bezüglich der Haftung für illegale Inhalte und der Kündigungen von Verträgen ohne Angabe eines Grundes erfolgten ebenfalls keine Änderungen der allgemeinen Geschäftsbedingungen.

Effektiver Verbraucherschutz?

Insgesamt bleiben schwerwiegende Lücken im Verbraucherschutz bei der Benutzung von Social-Media-Plattformen bestehen. Das Zugeständnis der Unternehmen, das zwingende Verbraucherschutzrecht zu akzeptieren, erleichtert dem Verbraucher zwar das Leben, ist aber aus rechtlicher Sicht eine Farce. Zwingendes Recht kann in allgemeinen Geschäftsbedingungen ohnehin nicht abbedungen werden. Was genau unter der „Übernahme eines fairen Teils der Verantwortung“ zu verstehen ist bleibt weiterhin unbestimmt. Die wirklich wichtigen Punkte, die Entfernung von illegalen Inhalten und die grundlose einseitige Kündigung, befinden sich weiterhin im Stillstand.

Die Plattformen Facebook und Twitter stellen sich bei diesen Fragen weiterhin quer. In Deutschland kümmert sich – soweit ersichtlich – zurzeit nur die Verbraucherzentrale um die Rechte von Verbrauchern. So hat das Landgericht Berlin in einem kürzlich von der Zentrale erstrittenen Urteil festgestellt, dass Facebook gegen das Datenschutzrecht sowie gegen das Wettbewerbsrecht verstößt:

Es wäre daher wünschenswert, dass die EU-Kommission ihre Drohung mit einer stärkeren Reglementierung und härteren Strafen umsetzt. Im April will die Kommission neue Rahmenbedingungen vorstellen. Diese sollen die bestehenden Rechtsvorschriften zum Verbraucherrecht modernisieren und eine effektive Umsetzung ermöglichen.

Es bleibt zu hoffen, dass die genannten Themen endlich verpflichtend geregelt werden und die Gesetzgebung diesen Vorschlag dann umsetzt. Offensichtlich kann die EU nur so erreichen, dass Facebook und Twitter sich nicht mehr dem Recht entziehen und machen was sie wollen.

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