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OLG Karlsruhe: Facebook darf Hass-Kommentar zu Flüchtlingen löschen

Hassrede facebook Meinungsfreiheit Gemeinschaftsstandards
©cirquedesprit – fotolia.com

Facebook darf Kommentare, die gegebenenfalls nicht rechtswidrig sind, sich aber nach den eigenen Richtlinien als „Hassrede“ qualifizieren lassen, löschen. Facebook darf ebenfalls das Konto des Nutzers zeitweise sperren. Dies hat das Oberlandesgericht Karlsruhe entschieden.

Facebook hat Standards

Der Antragsteller ist Nutzer des sozialen Netzwerks facebook. Während der letzten Jahre kommentierte er in mindestens hundert Fällen Beiträge von Politikern und Medien mit dem Satz: 

Flüchtlinge: So lange internieren, bis sie freiwillig das Land verlassen!

Nachdem der Kommentar zunächst unbeanstandet blieb, löschte Facebook den Beitrag  Ende Mai 2018 und sperrte das Konto des Antragstellers für dreißig Tage.

Zur Begründung führte facebook an, dass der Beitrag gegen Ziff. 12 der Gemeinschaftsstandards hinsichtlich der „Hassrede“ verstoße. Gemäß Ziff. 12 der Gemeinschaftsstandards von facebook wird die „Hassrede“ als direkter Angriff auf Personen aufgrund geschützter Eigenschaften […] definiert. Angriff in diesem Sinne ist u.a. der Aufruf, Personen auszuschließen oder zu isolieren.

Gerichte bestätigen Standards

Der Antragsteller beantragte im Wege der einstweiligen Verfügung, facebook zu untersagen, den zitierten Kommentar zu löschen oder ihn wegen dieses Kommentars auf facebook zu sperren. Dabei stützte er sich auf das Grundrecht der Meinungsfreiheit aus Art. 5 GG.

Das Landgericht Karlsruhe hat den Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung zurückgewiesen. Hiergegen richtete sich die vom OLG Karlsruhe ebenfalls zurückgewiesene sofortige Beschwerde des Antragstellers.

Das OLG Karlsruhe vertrat die Ansicht, dass die Einordnung des Kommentars als „Hassrede“ im Sinne der Gemeinschaftsstandards von facebook nicht zu beanstanden sei. Der Kommentar gehe über die bloße Kritik und Diskussion des Einwanderungsgesetzes hinaus. Auch aus dem Grundrecht auf Meinungsfreiheit ergebe sich nichts anderes (OLG Karlsruhe, Beschluss v. 25.6.2018, Az. 15 W 86/18).

Standards berücksichtigen Grundrechte

Grundrechte sind grundsätzlich Abwehrrechte des Bürgers gegen staatliche Eingriffe. Sie entfalten zwischen Privaten, wie hier dem Antragsteller und facebook, lediglich mittelbare Wirkung. Diese mittelbare Drittwirkung tritt immer dann ein, wenn jede zu treffende (staatliche) Entscheidung im Lichte der Grundrechte betrachtet werden muss. Das Grundgesetz ist im Sinne der mittelbaren Drittwirkung als eine Werteordnung anzusehen und bei der Beurteilung des Sachverhalts zu berücksichtigen.

Die Gemeinschaftsstandards von facebook berücksichtigen nach Auffassung des Gerichts diese mittelbare Wirkung des Grundrechts auf Meinungsfreiheit in angemessener Weise.

Fazit

Der Bekämpfung von „Hasskommentaren“ soll auch das seit dem 01.01.2018 in Kraft getretene Gesetz zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken (Netzwerkdurchsetzungsgesetz, NetzDG) dienen. Nach diesem Gesetz muss der Anbieter eines sozialen Netzwerks auf Beschwerden hin Kommentare und Beiträge auf ihren rechtswidrigen Inhalt hin überprüfen und gegebenenfalls innerhalb einer kurzen Frist entfernen bzw. sperren.

Es ist dabei zwischen den gesetzlichen Regelungen und den vertraglichen zu unterscheiden, die wie im vorliegenden Fall unter leichteren Voraussetzungen die Löschung eines Kommentars oder die Sperre eines Nutzerkontos ermöglichen können. Es ist folglich nicht immer ein rechtswidriger Inhalt erforderlich.

Das kann dazu führen, dass Nutzer sich zukünftig mit ihren Kommentaren zurückhalten oder diese weniger offensiv äußern müssen, wenn sie nicht befürchten wollen, dass einzelne Kommentare gelöscht oder ihr Konto vollständig gesperrt werden. Darin liegt natürlich ein Eingriff in die Meinungsfreiheit, die aber ohnehin nie schrankenlos gilt. Vielleicht tut eine Versachlichung von Diskussionen in den sozialen Netzwerken allen mal ganz gut.

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