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LHR erfolgreich beim BPatG: Marke „Flexcheck“ ist hinreichend unterscheidungskräftig

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Das Bundespatentgericht (BPatG) hat entschieden, dass das DPMA der Marke „Flexcheck“ zu Unrecht die Eintragung versagt hat (BPatG, Beschluss v. 2.8.2018, Az. 25 W (pat) 552/17).

Eine Marke muss bereits dann eingetragen werden, wenn ihr nicht jegliche Unterscheidungskraft fehlt. Dieses Merkmal wird oft missverstanden. Was Unterscheidungskraft bedeutet, erklären wir anhand des vorliegenden von unserer Kanzlei geführten Verfahrens.

Die Anmelderin hatte die Wortmarke „Flexcheck“ im März 2015 zur Eintragung als Wortmarke beim Deutschen Patent und Markenamt (DPMA)  für unterschiedliche Waren und Dienstleistungen in den Klassen 16, 36, 38 und 41 angemeldet. Mit Beschluss vom 11.11.2016 hatte das DPMA die Anmeldung für alle angemeldeten Waren und Dienstleistungen zurückgewiesen.

Begründung: Der Bezeichnung fehle für alle angemeldeten Waren und Dienstleistungen die Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2, Nr. 1 MarkenG. Darüber hinaus bestehe für den Begriff ein Freihaltebedürfnis gemäß § 8 Abs. 2, Nr. 2 MarkenG.

DPMA versteht Unterscheidungskraft/Freihaltebedürfnis falsch

Das DPMA hatte seine Entscheidung im wesentlichen wie folgt begründet:

Die angemeldete Marke bestehe aus den Begriffen „Flex“ als schutzunfähige, werbeübliche Abkürzung des Adjektivs „flexibel“ im Sinn von „sehr anpassungsfähig“ sowie „Check“ im Sinn von „Überprüfung“ bzw. „Kontrolle“, die je für sich gesehen Schutz unfähig seien und auch keine schutzfähige Gesamtmarke darstellten. In der Zusammensetzung sei das Zeichen lediglich ein beschreibender Hinweis auf eine variable, also an die Kundenbedürfnisse angepasste (Über)Prüfung der Eigenschaften der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen. Flexcheck sei auch kein interpretationsbedürftiger Fantasiebegriff. Dazu führe weder der Umstand, dass die Bestandteile ohne binnen Großschreibung unmittelbar zusammengefügt seien, noch eine gewisse Mehrdeutigkeit des Begriffs „Flex“.

Da es sich bei der Bewerbung der Beanspruchten Dienstleistungen durchaus üblich sei, sich mit dem Angebot eines „flexiblen Checks“ der Finanzmarktprodukte an den Kunden zuwenden, sei vorliegend für die Dienstleistungen in der Klasse 36 ein Freihaltebedürfnis gegeben. Auch für die Waren der Klasse 16 (Papierwaren) sei ein Freihaltebedürfnis zu bejahen, da es sich bei flexcheck um die Themenangabe einer „flexiblen Überprüfung“ und damit um den beschreibenden Hinweis auf den Inhalt der jeweiligen Papierwaren handeln könne, um Aus- und Fortbildungsdienstleistungen (Klasse 41) und elektronische Vertriebswege der Klasse 38 zu diesem Thema.

Bundespatentgericht hebt Entscheidung des DPMA auf

Das Bundespatentgericht hat die Erwägungen des DPMA  der Argumentation der Anmelderin folgend, in seinem Beschluss erfreulicherweise weitestgehend als fehlerhaft zurückgewiesen.

Zwar sei eine mangelnde Unterscheidungskraft bezüglich der Dienstleistungen anzunehmen, bezüglich derer die Bezeichnung „Flexcheck“ wesentliche Eigenschaften beschreibe bzw. herausstelle. Dies gelte aber nur für die angemeldeten Versicherungsleistungen bzw. der Beratung im Bereich der Versicherungen oder der Maklertätigkeit für Versicherungen.

Für den weit überwiegenden Teil der angemeldeten Dienstleistungen sei die Bezeichnung jedoch ausreichend unterscheidungskräftig, auch wenn es sich auch diesbezüglich grundsätzlich um ein sprechendes Zeichen handele.

Was bedeutet „Unterscheidungskraft“?

Das Tatbestandsmerkmal der Unterscheidungskraft wird sowohl von den Instanzgerichten aber eben auch vom DPMA leider häufig fehlerhaft interpretiert. Dies führt dazu, dass Bezeichnungen zu Unrecht gelöscht oder gar nicht erst eingetragen werden.

Vereinfacht gesagt gilt: Nur wenn dem betreffenden Zeichen jegliche Unterscheidungskraft fehlt, ist ihm die Eintragung zu versagen. Dafür ist ein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt erforderlich. Eine bloße Assoziation, die dem Verkehr etwa durch ein sprechendes Zeichen einen Hinweis nicht nur auf die betriebliche Herkunft, sondern auch auf die gekennzeichnete Ware gibt, steht der Annahme einer Unterscheidungskraft nicht entgegen.

Der Bundesgerichtshof findet dafür die etwas umfangreicheren, folgenden Worte (BGH, Beschluss vom 22.11.2012, Az. I ZB 72/11):

Unterscheidungskraft im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel aufgefasst zu werden, das die in Rede stehenden Waren oder Dienstleistungen als von einem bestimmten Unternehmen stammend kennzeichnet und die Waren oder Dienstleistungen damit von denjenigen anderer Unternehmen unterscheidet (vgl. EuGH, Urteil vom 21. Januar 2010 C398/08, GRUR 2010, 228 Rn. 33 = WRP 2010, 364 Audi [Vorsprung durch Technik]; BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2011 I ZB 56/09, GRUR 2012, 270 Rn. 8 = WRP 2012, 337 Link economy).

Die Hauptfunktion der Marke besteht darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten. Da allein das Fehlen jeglicher Unterscheidungskraft ein Eintragungshindernis begründet, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, so dass jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft genügt, um das Schutzhindernis zu überwinden (BGH, Beschluss vom 4. Dezember 2008 I ZB 48/08, GRUR 2009, 778 Rn. 11 = WRP 2009, 813 Willkommen im Leben; Beschluss vom 24. Juni 2010 I ZB 115/08, GRUR 2010, 1100 Rn. 10 = WRP 2010, 1504 TOOOR!).

Allerdings ist einer angemeldeten Bezeichnung die Eintragung als Marke wegen Fehlens jeglicher Unterscheidungskraft zu versagen, wenn die Wortbestandteile einer Bezeichnung einen beschreibenden Begriffsinhalt enthalten, der für die in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen ohne weiteres und ohne Unklarheiten als solcher erfasst wird. Bei derartigen beschreibenden Angaben gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel versteht (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Januar 2009 – I ZB 52/08, GRUR 2009, 952 Rn. 10 = WRP 2009, 960 – DeutschlandCard, mwN).

Kann dagegen einem Wortzeichen für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, das vom Verkehr etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, so gibt es keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass ihm die Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (BGH, GRUR 2012, 270 Rn. 11 [BGH 21.12.2011 – I ZB 56/09] – Link economy; BGH, Beschluss vom 4. April 2012 – I ZB 22/11, GRUR 2012, 1143 Rn. 9 = WRP 2012, 1396 – Starsat).

Diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall anwendend war das DPMA der Meinung, dass das Thema der Flexibilität hier nicht so weit im Vordergrund stehe, dass ohne weitere Gedankenschritte ein sachlicher Bezug hergestellt werden könne.

Rechtsanwalt Arno Lampmann von der Kanzlei LHR:

„Die klärende Entscheidung des Bundespatentgerichts ist in zweierlei Hinsicht erfreulich. Sie zeigt neben der Rechtslage einmal mehr, dass es sich lohnt, gegen Beschlüsse des DPMA vorzugehen. Denn die Richter am Bundespatentgericht prüfen ganz offensichtlich sorgfältiger, als die Verwaltungsbeamten beim DPMA und verfügen über eine noch umfassendere rechtliche Expertise.“

Da das Bundespatentgericht die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat und gegen Entscheidungen des Bundespatentgerichts eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht eröffnet ist, kann die zugunsten unserer Mandanten ergangene Entscheidung jetzt allenfalls noch durch eine Rüge von Verfahrensfehlern gemäß § 83 Abs. 3 MarkenG angegriffen werden.

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