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Focus Markenrecht
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Es ist Bewegung im internationalen Persönlichkeitsrecht

 BGH entscheidet in Sachen eDate Advertising

Zunächst einmal hat der BGH sein letztes Urteil zur Klage in Sachen des Mordes am Schauspieler Sedlmayr gefällt (Urteil vom 8. Mai 2012 – VI ZR 217/08, bisher nur als Pressemitteilung veröffentlicht). In einem von verschiedenen verwandten Verfahren hat einer der beiden wegen des Mordes Verurteilten und nun Entlassenen ein österreichisches Unternehmen (die besagte eDate-Advertising GmbH) verklagt, es zu unterlassen, über ihn im Zusammenhang mit dem Mord unter Nennung des vollen Namens zu berichten. Darin sei eine Persönlichkeitsrechtsverletzung zu sehen.

Der BGH hatte das Verfahren ursprünglich ausgesetzt und dem EuGH die Frage vorgelegt, wann und in welchem Umfang ein deutsches Gericht für Persönlichkeitsrechtsverletzungen von Medienunternehmen aus anderen Mitgliedsstaaten nach Art. 5 Nr. EuGVVO zuständig ist.

Der EuGH hatte damals entschieden, dass neben dem Ort, an dem die Verletzungshandlung (also das Einstellen des Berichts in das Internet) begangen wurde auch das Gericht in dem Land, in dem der Verletzte den Schwerpunkt seiner Interessen hat, über den Schaden vollumfänglich entscheiden kann. Regelmäßig wird dies der Wohnort des Verletzten sein. Daneben tritt nach ständiger EuGH-Rechtsprechung auch die Zuständigkeit aller weiteren Orte, in denen die Persönlichkeitsrechtsverletzung bestimmungsgemäß zugänglich ist (EuGH, Urteil vom 25. Oktober 2011 – Rs. C-509/09 und C-161/10, C-509/09, C-161/10).

Unter Anwendung dieser Grundsätze hat der BGH nun die Zuständigkeit deutscher Gerichte für die Klage gegen das österreichische Medienunternehmen bejaht, „da sich der Mittelpunkt der Interessen des Klägers in Deutschland befindet.“

Der BGH hat darüber hinaus entschieden, „dass der vom Kläger geltend gemachte Anspruch nach deutschem Recht zu beurteilen ist, weil der Erfolgsort in Deutschland liegt.“ Es werde die Achtung, die der in Deutschland wohnhafte Kläger in seinem Lebenskreis in Deutschland genießt, gestört. In der Sache hatte die Klage allerdings keinen  Erfolg, da nach deutschem Recht eine Persönlichkeitsrechtsverletzung zu verneinen war. Zu dieser Abwägung des BGH lässt sich ohne Vorliegen der schriftlichen Urteilsgründe von unserer Seite nichts sagen (andere sind da natürlich schneller, sich eine Meinung zu bilden).

Europäisierung des internationalen Persönlichkeitsrechts

Wenn es nach dem Europäischen Parlament geht, war dies aber eine der letzten großen Entscheidungen zum „deutschen“ internationalen Persönlichkeitsrecht, also der Frage, wann nach der deutschen Rechtsordnung die Frage einer Persönlichkeitsrechtsverletzung entweder deutschem oder ausländischem Recht entschieden wird.

Größtenteils sind die wesentlichen Fragen des internationalen Deliktsrechts nämlich durch die Rom II-VO der EU europäisiert worden, nur das internationale Persönlichkeitsrecht wurde als großer Block nach Art. 1 Abs. 2 lit. g Rom II-VO ausgeklammert.

Der Rechtsausschuss des Europäische Parlament hat nun aber einen finalen Entwurf für einen neuen Art. 5a Rom II-VO vorgelegt. Dieser Entwurf wurde bereits vom Plenum des Parlaments angenommen. Der Spielball liegt nun bei Kommission und Rat der EU, diese Ergänzung auch zu verabschieden.

Der geplante Art. 5a setzt die bereits angesprochene EuGH-Entscheidung zur internationalen Zuständigkeit auch für das internationale Privatrecht um. Regelanknüpfung ist nach Art. 5a Abs. 1 Rom II-VO der Ort, an dem der Schaden größtenteils eingetreten ist oder einzutreten droht, was nach der EuGH-Entscheidung eben im Regelfall der Wohnort des Verletzen sein wird. Damit wird den Interessen des Opfers von Persönlichkeitsrechtsverletzungen genüge getan.

Aber auch Medien mit möglicherweise ausnahmsweiser internationaler Wahrnehmbarkeit müssen nicht fürchten, nun auf einmal fremden Rechtsordnungen ausgesetzt zu sein. Abs. 2 wird nämlich vorsehen, dass „Dagegen das Recht des Staates anzuwenden ist, in dem der bzw. die Beklagte seinen bzw. ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat, wenn er bzw. sie erhebliche Folgen seiner bzw. ihrer Handlung in dem in Absatz 1 bestimmten Staat vernünftigerweise nicht voraussehen konnte.“

Der Entwurf des Rechtsausschusses des Europäischen Parlaments gleicht somit die Interessen beider möglichen Seiten aus, und berücksichtigt dabei sogar die neuesten Entwicklungen. Ist die EU gar besser als ihr Ruf? Dieser Autor glaubt ja. (JJB)

(Bild: © Patrikeevna – Fotolia.com)

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