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Abmahnfalle bei Kennzeichnung von Haushaltsgeräten: Bei Angabe der Energieeffizienzklasse im Internet muss auch die Skala angegeben werden

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Das OLG Hamm hat in einem bereits schon länger zurückliegenden Urteil (OLG Hamm, Urteil v. 11.03.2008, Az. 4 U 193/07) zu Pflichtangaben bei Waschmaschinen in einem Internetangebot entschieden, dass  in Bezug auf die Schleuderwirkungsklasse nicht nur die Klasse als solche angeben muss, sondern auch die Skala innerhalb derer diese Klasse rangiert.

Rechtsgrundlage dafür seien §§ 3, 5 der Verordnung über die Kennzeichnung von Haushaltsgeräten mit Angaben über den Verbrauch an Energie und anderen wichtigen Ressourcen (kurz: EnVKV), Anl. 1 Ziff. 6 II, 7, Tabelle 1 Zeile 2, Spalten 5, 6 und i.V.m. Anhang III Nr. 4, II Nr. 7 der Richtlinie 95/12/EG der Kommission vom 23.05.1995 zur Durchführung der Richtlinie 92/75/EWG betreffend die Energieetikettierung für elektrische Haushaltswaschmaschinen.

Die Regelungen der Energieverbrauchs-Kennzeichnungsverordnung im Zusammenspiel mit verschiedenen Richtlinien, die wechselseitig aufeinander Bezug nehmen sind höchst kompliziert und wohl vom Laien nicht mehr zu durchdringen. In Bezug auf den Onlinehandel hat der Gesetz- bzw. Verordnungsgeber  besonders schlechte Arbeit geleistet, da sich eine unzweideutige Anleitung, wie eine Bewerbung von „nicht ausgestellen Geräten“ auszusehen hat, aus den Normen tatsächlich nicht ergibt.

Dementsprechend wurde auch die erste Instanz, das Landgericht Hagen nicht recht schlau aus den entsprechenden Vorschriften. Das Landgericht hatte den Verfügungsantrag nämlich noch mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Angabe der Skala im Internet nicht notwendig sei. Jedenfalls handele es sich dabei um einen Bagatellverstoß.

Dem erteilte das OLG eine Absage:

„Die Beurteilung des Landgerichts, das angenommen hat, dass bei einem Angebot im Internet gemäß Anhang III der Durchführungsrichtlinie 95/12/EWG zwar die Schleuderwirkungsklasse angegeben werden müsse, nicht aber die Angabe der betreffenden Skala gemäß Anlage II Ziff. 7, vermag nicht zu überzeugen. Denn bei der Angabe der Schleuderwirkungsklasse im Anhang III Ziff. 4 wird durch den Klammerzusatz „Schleuderwirkungsklasse (Anhang II Punkt 7)“ auf diesen weiteren Inhalt in dem Anhang II Punkt 7 Bezug genommen. Ferner enthält der letzte Absatz des Anhangs III auch den Hinweis, dass, wenn das Datenblatt weitere Angaben enthält, die in Anhang II festgelegte Form zu beachten sei. Vor allem würde die vom Landgericht vertretene Ansicht dazu führen, dass der Internetkäufer ein Weniger an Informationen erhielte und damit weniger schutzwürdig wäre als ein Ladenkäufer, weil beim Internetverkauf das Etikett und das Datenblatt als Orientierungshilfe für den Verbraucher fehlen. Ein solches Schutzgefälle sollte nach der systematischen und inhaltlichen Ausgestaltung der Informationsgebote auch angesichts der wachsenden Bedeutung des Internetversandhandels nicht bestehen, wie sich nach § 5 EnVKV eben daraus ergibt, dass diese Daten dem Interessenten bereits vor dem Vertragsschluss vorliegen müssen.“

Und weiter:

„Der hier vorliegende Verstoß ist auch geeignet, den Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber und Verbraucher im Sinne des § 3 UWG nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen. Dabei mag zwar davon ausgegangen werden, dass der insoweit maßgebliche informierte, verständige und angemessen aufmerksame Durchschnittsverbraucher durchaus erkennt, dass es für die qualitative Bewertung auf eine Skalierung von A an (= besser) und höher (= schlechter) ankommt. Indes ist ihm jedenfalls nicht ohne weiteres auch die Spitze der Skalierung „bis G (schlechter)“ geläufig, so dass durch die fehlende Skala und die fehlenden nachfolgenden Erläuterungen im Einzellfall tatsächlich eine Beeinflussung seiner Kaufentscheidung erfolgen kann. Unabhängig davon lassen die europarechtlichen Vorgaben eine Einstufung als bloßen Bagatellverstoß nicht zu. Das Gericht darf sich in diesem Zusammenhang nicht über den Gesetzgeber erheben. Wenn dieser die Angaben für erforderlich hält, darf dies nicht unter dem Gesichtspunkt einer Überfrachtung mit Verbraucherinformationen negiert werden.“

Obwohl das Urteil schon älter ist, auf eine Richtlinie aus dem Jahr 2003 Bezug nimmt und sich nur mit Waschmaschinen und deren Schleuderwirkungsklassen befasst, wird es in Händlerkreisen unseres Erachtens völlig unterschätzt. Denn allen Angeboten von „weißer Ware“ ist gemein, dass diese in eine Energieeffizienzklasse eingeteilt werden, die im Angebot zwingend anzugeben ist. Auch hierbei rangieren die Klassen auf einer Skala von A (wobei dem A teilweise eine bestimmte Anzahl von Pluszeichen nachgestellt ist) bis G. Daher dürften auch für diese Angaben die Grundsätze gelten, die das OLG Hamm zu Schleuderwirkungsgraden von Waschmaschinen aufgestellt hat. Es ist durchaus denkbar, dass andere Gerichte dies anders sehen, bei Gerichten im Oberlandesgerichtsbezirk Hamm ist die Wahrscheinlichkeit jedoch groß, dass ein Unterlassungsanspruch dort angenommen wird. Da sich der Abmahnende den Gerichtstand aussuchen kann, fällt der Rat eindeutig aus. Alle EnVKV-Anagben sollten vorsichtshalber nochmals auf ihre Richtig- und Vollständigkeit überprüft werden.

Wenn man sich unter den Onlinehändlern umschaut, bemerkt man, dass die meisten zwar die Energieeffizienzklasse angeben, aber nicht die dazugehörige Skala.

Uns liegt nun bereits die erste Abmahnung eines auf diesem Gebiet besonders aktiven Händler vor, die unser Mandant uns mit dem Hinweis überreichte, dass er gar nicht verstehe, was von ihm verlangt werde. Muss er glücklicherweise nicht, dafür sind ja Anwälte da ;-). (la) Zum Urteil

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