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Was ist ein „Premiummineralwasser in Bio-Qualität“?

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Irreführende Werbung Premiumwasser
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Was erwartet der Verkehr von einem als „Premiummineralwasser in Bio-Qualität“ beworbenen Mineralwasser? Jedenfalls, dass es nicht nur deutlich reiner ist als herkömmliches Mineralwasser, sondern auch unbehandelt. Das stellt das Oberlandesgericht Frankfurt am Main fest.

Ein Mitbewerber, der ein erfolgreiches Urteil erstreitet, hat zwar einen Anspruch auf Veröffentlichung der gerichtlichen Entscheidung nach dem UWG, jedoch nicht auf eine individuelle Urteils-Veröffentlichung.

Premiummineralwasser

Die Beklagte zu 1) vertreibt in Deutschland ein Mineralwasser als „Premiummineralwasser in Bio-Qualität“ mit dem von der Beklagten zu 2) vergebenen Qualitätssiegel. Sie bewirbt es unter anderem als „reines Naturprodukt, das im Vergleich zu vielen anderen Wasserarten nicht behandelt wird“. Das Wasser enthält bei Förderung aus der Quelle allerdings zu viel Arsen. Zur Reduzierung des Arsengehalts leitet der Hersteller das Rohwasser vor Abfüllung für etwa 10.30 Minute durch einen manganhaltigen Sand. Eine Konkurrentin des Herstellers hielt die Werbeaussage des Beklagten deswegen für wettbewerbswidrig und verklagte den Hersteller deswegen zunächst vor dem Landgericht Frankfurt am Main.

Das Landgericht (LG Frankfurt a.M., Urteil v. 04.09.2019, Az. 2-6 O 407/18) hatte der Klage lediglich hinsichtlich eines Teils der Unterlassungsanträge gegenüber der Beklagten zu 1) stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Gegen das Urteil ging die Klägerin in Berufung.

Strenge Vorgaben müssen eingehalten werden

Und die Klägerin hatte vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG Frankfurt a.M., Urteil v. 29.04.2021, Az. 6 U 200/19) ganz überwiegend Erfolg. Die Richter sind der Auffassung, die auf die „Bio-Qualität“ des Mineralwassers bezogenen Werbeaussagen seien irreführend. Denn nach höchstrichterlicher Rechtsprechung erwarte der Verbraucher bei einem mit dem Zusatz „Bio“ bezeichneten Mineralwasser nicht nur, dass es deutlich reiner als herkömmliche Mineralwasser, sondern auch unbehandelt sei, da es von Natur aus bestimmte Reinheitserfordernisse erfülle.

Dabei stellte das OLG genauso wie der Bundesgerichtshof (BGH) auf sämtliche Verbraucher ab, die als potentielle Käufer von Mineralwasser in Betracht kommen. Insoweit gehe der Einwand der Klägerin, der angesprochene Verkehr beschränke sich von vornherein auf diejenigen Verbraucher, die sich für Bio-Produkte interessieren, fehl. Vielmehr richte sich die Werbung an das allgemeine Publikum, da es sich um eine Ware des täglichen Bedarfs handele, die regelmäßig in jedem Getränkemarkt anzutreffen sein, so die Richter. Es sei demzufolge weder ersichtlich noch vorgetragen, dass es nur in speziellen Bioläden oder Reformhäusern angeboten oder durch entsprechende Medien beworben werde.

Unabhängig davon stehe fest, dass von einem „Premiummineralwasser in Bio Qualität“ erwartet werde, dass es auch unbehandelt sei – was hier gerade nicht der Fall ist! Ob es sich bei der Durchleitung um einen physikalischen oder – wohl naheliegender – chemischen Vorgang handele, könne offenbleiben. Jedenfalls gehe die Behandlung über bloßes Herausfiltern von gelösten Schwebeteilchen hinaus, sodass kein unbehandeltes Produkt mehr vorliege.

Kein Anspruch auf individuelle Urteils-Veröffentlichung

Doch in dem Rechtsstreit ging es am Ende nicht nur noch um die „Premiummineralwasser“-Problematik, sondern auch darum, ob das Urteil nun durch die Beklagte veröffentlich wird. Denn die Klägerin begehrte auch, dass die Beklagte die gerichtliche Entscheidung nun veröffentlichen sollte. Jedoch war das Urteil bereits in der amtlichen Rechtsprechungs-Datenbank online abrufbar und somit bereits veröffentlicht.

Für einen solchen Antrag auf Veröffentlichung des Urteils bedarf es nach § 12 Abs. 3 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) eines berechtigten Interesses der Klägerin. Ausreichend für ihre Antragsberechtigung sei, dass sie hier jedenfalls teilweise obsiege. Allerdings sei ein berechtigtes Interesse immer dann zu verneinen, wenn die Veröffentlichung des Urteils bereits durch das Gericht erfolgt, so die Richter. Daher lehnte das Gericht den Anspruch auf Veröffentlichung ab. Das vor allem, weil ach ständiger Übung des Senats alle Entscheidungen, die – wie die vorliegende – über normale Routinefälle hinausgehen, in der Landesrechtsprechungsdatenbank und Juris veröffentlicht werden. Daher sei eben kein berechtigtes Interesse der Klägerin an einer gesonderten Urteilsveröffentlichung erkennbar.

Das Gericht ist der Ansicht, dass auch der Umstand, dass die Publikation dort anonym erfolge, nichts an der rechtlichen Bewertung ändere. Vielmehr müsse die Klägerin im Rahmen der erforderlichen Abwägung der gegenseitigen Parteiinteressen hinnehmen, dass der von ihr angestrebte Effekt beeinträchtigt werden könnte.

Obsiegen und Unterliegen

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat durch das Urteil zahlreiche auf die „Bio-Qualität“ bezogenen Werbeaussagen verboten, wenn das Wasser schon den Anforderungen an die Mineral- und Tafelwasserverordnung nicht genügt und deshalb nachbehandelt werden muss.

Nicht zu vernachlässigen war in diesem Urteil jedoch auch, dass festgestellt wurde, dass ein Mitbewerber keinen Anspruch auf individuelle Urteils-Veröffentlichung hat. Insoweit stellt das Gericht fest, dass eine amtliche Veröffentlichung auf der Webseite ausreichend sei. Frei nach dem Motto „doppelt gemoppelt“ muss nicht sein!

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