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Jugendschutz bei E-Zigaretten und Liquids: 5 Dinge, die Online-Händler wissen müssen

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@ kiri – Fotolia.com

Seit dem 01.04.2016 gilt das Gesetz zum Schutz von Kindern und Jugendlichen vor den Gefahren des Konsums von elektronischen Zigaretten und Shishas.  Damit wurden wichtige Änderungen u.a. in das Jugendschutzgesetz (JuSchG) eingearbeitet und vor allem die Vorgaben bzw. die Verbote des § 10 JuSchG auf die besagten Produkte entsprechend erweitert. 

Um sicherzustellen, dass die nach dem JuSchG verbotenen Produkte an Kinder und Jugendliche weder verkauft noch abgegeben werden, sind Online-Händler nun auch im Bereich elektronischer Zigaretten und Shishas verpflichtet, ein besonderes Altersverifikationsverfahren durchzuführen.

Die Vorgaben zur Altersverifikation sind von Bedeutung, da Verstöße bußgeldbewährt sind, und der Verletzer darüber hinaus auch mit wettbewerbsrechtlichen Konsequenzen – vor allem Abmahnungen verbunden mit Aufforderung zur Abgabe von strafbewehrten Unterlassungserklärungen – zu rechnen hat. Im Folgenden erläutern wir 5 Dinge, die Online-Händler zur Altersverifikation beim Verkauf von E-Zigaretten und Liquids wissen müssen.

1. Welche Produkte sind von der Neuregelung erfasst?

Nach dem neu angefügten § 10 Abs. 3 JuSchG dürfen Tabakwaren und andere nikotinhaltige Erzeugnisse und deren Behältnisse Kindern und Jugendlichen weder im Versandhandel angeboten noch an Kinder und Jugendliche im Wege des Versandhandels abgegeben werden.

Nach § 10 Abs. 4 JuSchG gilt dieses Verbot auch für nikotinfreie Erzeugnisse, wie elektronische Zigaretten oder elektronische Shishas, sowie für deren Behältnisse.

2. Altersüberprüfungssystem beim grenzüberschreitenden Online-Handel

Online-Händler, die grenzüberschreitenden Fernabsatz von Tabakerzeugnissen, E-Zigaretten oder Nachfüllbehältern an Verbraucherinnen und Verbraucher in der Europäischen Union betreiben, sind zudem gem. § 22 Abs. 1 Nr. 1 TabakerzG verpflichtet, ein Altersüberprüfungssystem zu verwenden.

Letzteres soll beim Verkauf kontrollieren, ob der bestellende Verbraucher das für den Erwerb von diesen Erzeugnissen vorgeschriebene Mindestalter hat, das in dem jeweiligen Mitgliedstaat der Europäischen Union gilt, in dem die Erzeugnisse in den Verkehr gebracht werden sollen. Es muss sich dabei um ein Datenverarbeitungssystem handeln, das im Einklang mit nationalen Vorschriften auf elektronische Weise zweifelsfrei das Alter des Verbrauchers feststellt.

3. Zweistufige Altersverifikation erforderlich

Damit gewährleistet werden kann, dass die betroffenen Produkte an Kinder und Jugendliche weder verkauft noch abgegeben werden, sind Online-Händler in Erfüllung der besagten Vorgaben verpflichtet, ein zweistufiges Altersverifikationsverfahren zu implementieren und durchzuführen. 

  • Alterskontrolle während des Bestellprozesses
    -> keine Bestellungen durch Kunden unter 18 Jahren zulässig
  • Auslieferung nur an Personen über 18 Jahren
    -> keine Herausgabe an Personen unter 18 Jahren

4. Beispiele für unzureichende Altersverifikation

Klarzustellen ist, dass nicht alle Altersverifikationssysteme den strengen Anforderungen des Jugendschutzes genügen.

Beispielsweise stellt die Übermittlung eines Scans oder einer Kopie des Personalausweises unzureichende Altersverifikation dar, da bei diesem Verfahren ein hohes Fälschungsrisiko besteht. Diese Vorgehensweise wäre darüber hinaus auch aus datenschutzrechtlicher Perspektive kritisch zu betrachten.

Ebenfalls nicht ausreichend ist die bloße Abfrage gesonderter Bestätigungen (z.B. Checkboxen im Bestellprozess), wenn keine Überprüfung der jeweiligen vom Kunden getätigten Erklärung erfolgt.

Auch eine Eingrenzung mithilfe von Zahlungsarten kann den Anforderungen des Jugendschutzes nicht genügen, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich etwa auch Jugendliche im Besitz von Kreditkarten befinden.

5. Rechtliche Konsequenzen

Bei Verstößen gegen das JuSchG und das TabakerzG drohen erhebliche rechtliche Konsequenzen.

Zum einen können Verstöße gem. § 28 JuSchG mit Bußgeldern bis zu 50.000 € geahndet werden. Wer entgegen § 22 Abs. 1 Nr. 1 TabakerzG (im grenzüberschreitenden Fernabsatz an Verbraucher) ein Altersüberprüfungssystem nicht oder nicht richtig verwendet, mach sich darüber hinaus strafbar: Mit § 34 Abs. 1 Nr. 12 TabakerzG wird für diesen Fall eine Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder eine Geldstrafe angedroht.

Zum anderen drohen – und sind in der Praxis viel häufiger anzutreffen – wettbewerbsrechtliche Beanstandungen nach §§ 3, 3a UWG: Abmahnungen mit entsprechenden Aufforderungen zur Abgabe strafbewehrter Unterlassungserklärungen, Auskunftserteilung, Schadensersatz und Kostenerstattung sowie ggf. auf die Durchsetzung dieser Forderungen gerichtete einstweilige Verfügungsverfahren vor Gericht.

Vor diesem Hintergrund raten wir dringend dazu, sich mit den einschlägigen Regelungen des JuSchG  und des TabakerzG eingehend auseinandersetzen und die dortigen Vorgaben sorgfältig zu beachten. Dies gilt insbesondere mit Blick darauf, dass etwaige Verstöße zum einen mithilfe von Testkäufen leicht festgestellt werden können und zum anderen mit durchaus hohen Streitwerten korrespondieren, die die Gerichte aufgrund der insoweit betroffenen Schutzgüter mit guten Argumenten ansetzen. Beide Aspekte rücken die Einhaltung der Pflichten zur Altersverifikation immer häufiger in das Blickfeld der Konkurrenz und erhöhen damit das Risiko einer rechtlichen Auseinandersetzung.

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