OLG Nürnberg stärkt Unternehmerrechte: Was das aktuelle Urteil für Coaching-Anbieter bedeutet
In der Coaching-Branche herrscht oft Unsicherheit darüber, ob und in welchem Umfang Coaching-Verträge gesetzlichen Vorgaben unterliegen, insbesondere dem Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG).
Eine aktuelle Entscheidung des Oberlandesgerichts Nürnberg stellt nun klar, dass das FernUSG nicht automatisch auf Verträge zwischen Unternehmern anwendbar ist. Das Urteil setzt damit neue Maßstäbe für die rechtliche Bewertung von Coaching-Verträgen und bietet Coaching-Anbietern wertvolle Orientierung.
Der Fall: Rückforderung der Vergütung wegen angeblicher Nichtigkeit
Im zugrunde liegenden Fall forderte die Klägerin, ein Unternehmen, die Rückzahlung der gezahlten Vergütung für eine Coaching-Dienstleistung, da sie den Vertrag nach FernUSG als nichtig betrachtete. Der Coaching-Vertrag enthielt zahlreiche Leistungen wie wöchentliche Einzelgespräche und E-Mail-Support zur Unterstützung im Marketing- und Vertriebsbereich. Die Klägerin argumentierte, dass es sich um einen Fernunterrichtsvertrag handle, der einer Zulassung bedürfe. Zudem wurde der Vertrag wegen einer angeblichen Täuschung über die Identität des Vertragspartners angefochten.
Das FernUSG ist nicht auf Verträge zwischen Unternehmern anwendbar
Das OLG Nürnberg lehnte die Anwendbarkeit des FernUSG auf Unternehmerverträge ab und betonte, dass das Gesetz vorrangig dem Verbraucherschutz dient. Auch die Argumentation der Klägerin hinsichtlich des Fernunterrichts wies das Gericht zurück. Es stellte fest, dass für die Anwendung des FernUSG spezifische Voraussetzungen wie eine räumliche Trennung und die Überwachung des Lernerfolgs gegeben sein müssten – Anforderungen, die in diesem Fall nicht erfüllt waren.
Was bedeutet das Urteil für Coaching-Unternehmen?
Für Coaching-Anbieter, die ihre Leistungen vorwiegend an Unternehmen verkaufen, schafft das Urteil Klarheit: Das FernUSG gilt grundsätzlich nicht für B2B-Verträge. Anbieter sollten jedoch sicherstellen, dass ihre Verträge eindeutig formuliert und die Leistungen klar beschrieben sind, um Missverständnisse und Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden. Zudem ist es ratsam, sich abzusichern, dass im Rahmen des Coachings keine unzulässige Überwachung des Lernerfolgs erfolgt, die das Vertragsverhältnis als Fernunterricht qualifizieren könnte.
Rechtliche Konsequenzen und Empfehlungen
Das Urteil des OLG Nürnberg zeigt, dass gut strukturierte und präzise formulierte Coaching-Verträge die rechtlichen Risiken für Anbieter erheblich minimieren können. Anbieter sollten ihre Verträge regelmäßig überprüfen lassen, insbesondere wenn sie komplexe Betreuungsleistungen oder langfristige Programme anbieten. Ein erfahrener Anwalt kann dabei helfen, etwaige rechtliche Stolperfallen zu identifizieren und den Vertrag rechtssicher zu gestalten.
Fazit
Das Urteil stärkt die Rechte von Coaching-Anbietern im B2B-Bereich und bietet zugleich wertvolle Orientierung in der Vertragsgestaltung. Unternehmen, die Coaching-Dienstleistungen anbieten, sollten diese Entscheidung als Anlass nehmen, ihre Vertragsstrukturen zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen, um rechtlich auf der sicheren Seite zu sein.
Update: BGH bestätigt Anwendbarkeit des FernUSG auch auf Unternehmer
Mit Urteil vom 12. Juni 2025 (Az. III ZR 109/24) hat der Bundesgerichtshof grundlegende Fragen zur Anwendung des Fernunterrichtsschutzgesetzes (FernUSG) höchstrichterlich entschieden – mit erheblichen Auswirkungen für Anbieter von Online-Coaching-Programmen.
Zentrale Aussage: Auch Verträge mit Unternehmern (B2B) unterfallen dem Anwendungsbereich des FernUSG, wenn die formalen Voraussetzungen nach § 1 Abs. 1 FernUSG erfüllt sind. Der BGH stellt klar, dass der Gesetzeszweck des Verbraucherschutzes keine Einschränkung der Rechtsfolge des § 7 FernUSG darstellt. Die dort normierte Nichtigkeit eines nicht zugelassenen Fernunterrichtsvertrags greift objektiv und unabhängig vom Status des Teilnehmers. Damit hat der BGH die zuvor umstrittene Rechtsfrage der Anwendbarkeit auf Unternehmer eindeutig beantwortet und der Auffassung des OLG Celle ausdrücklich zugestimmt.
Zudem bestätigt der BGH, dass es nicht auf die tatsächliche Durchführung oder den Erfolg des Coachings ankommt, sondern allein auf die Struktur des Angebots im Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Ist das Programm nach Art und Ablauf als Fernunterricht einzustufen und liegt keine Zulassung der ZFU vor, ist der Vertrag ex tunc nichtig – mit der Folge, dass etwaige Vergütungsansprüche entfallen und bereits gezahlte Entgelte zurückgefordert werden können.
Die Entscheidung hat nicht nur rechtliche, sondern auch praktische Relevanz: Zahlreiche Legal-Tech-Kanzleien greifen das Urteil aktuell auf, um auch Unternehmer zu Rückforderungsforderungen zu motivieren – selbst bei erfolgreich absolvierten Programmen.
Für Coachinganbieter bedeutet dies: Die rechtliche Bewertung ihrer Programme kann nicht mehr auf eine vermeintliche „Sicherheitszone“ im B2B-Bereich gestützt werden. Struktur, Vermittlungsform und vertragliche Ausgestaltung müssen nun in jedem Fall rechtssicher geprüft und gegebenenfalls angepasst werden.
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