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EU-Gericht: „Andorra“ kann keine Marke sein

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Das Gericht der Europäischen Union hat geurteilt: „Andorra“ darf nicht als Marke eingetragen werden, da die Bezeichnung als Hinweis auf die geografische Herkunft der betreffenden Waren und Dienstleistungen aufgefasst wird (EuG, Urteil v. 23.2.2022, Az. T-806/19).

Das Fürstentum Andorra, gelegen in den Pyrenäen zwischen Frankreich und Spanien, meldete ein Bildzeichen beim Europäischen Amt für Geistiges Eigentum (EUIPO) in Alicante (Spanien) an. Dabei wurde der Schutz in verschiedenen Klassen begehrt, unter anderem „Fotografien“, „Tabak“, „Finanzangelegenheiten“, „Organisation von Reisen“ und „Bildung“ und „Schönheitspflege“. Das EUIPO wies die Anmeldung zurück. Dabei berief sich das EuG auf die EUIPO-Entscheidung aus dem Jahr 2019.

Mangelnde Unterscheidungskraft

Das EUIPO war der Ansicht, dass das Zeichen als Bezeichnung der geografischen Herkunft der betreffenden Waren und Dienstleistungen oder als des Ortes wahrgenommen werde, an dem die Dienstleistungen erbracht werden. Zum anderen sei das Zeichen „Andorra“ nicht unterscheidungskräftig, da es lediglich über diese geografische Herkunft informiere. Hingegen gebe es keine Auskunft über die besondere betriebliche Herkunft der beanspruchten Waren und Dienstleistungen.

Der Govern d’Andorra, die Regierung von Andorra, erhob gegen die EUIPO-Entscheidung Klage bei dem Gericht der Europäischen Union. Die Klage wies das EuG (zu unterscheiden übrigens vom EuGH, dem Europäischen Gerichtshof) nun in vollem Umfang ab.

Andorra hatte in dem Verfahren geltend gemacht, dass es für die Herstellung der betreffenden Waren und die Erbringung der fraglichen Dienstleistungen nicht bekannt sei. Deshalb bestehe für Verbraucher keine tatsächliche oder potenzielle Beziehung zwischen den in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen und der angemeldeten Marke, die die Annahme zulasse, der Begriff „Andorra“ gebe eine geografische Herkunft an.

Verständnis der Verkehrskreise entscheidend

Das Gericht hatte zu ermitteln, ob der geografische Begriff, aus dem die angemeldete Marke besteht, von den maßgeblichen Verkehrskreisen als solcher verstanden und erkannt wird. Außerdem hatte es zu prüfen, ob dieser geografische Begriff mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen in Zusammenhang steht oder künftig stehen könnte.

Absolutes Eintragungshindernis

Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass es dem Govern d’Andorra nicht gelungen sei, die Beurteilungen des EUIPO hinsichtlich des beschreibenden Charakters der angemeldeten Marke in Bezug auf die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen in Frage zu stellen. Das EUIPO habe daher zu Recht die Auffassung vertreten, dass diese Marke deshalb nicht als Unionsmarke habe eingetragen werden können. Es liege ein absolutes Eintragungshindernis vor. Dieses führe dazu, dass das Zeichen nicht als Unionsmarke eingetragen werden kann.

Kein Verstoß gegen Begründungspflicht

Das EU-Gericht stellte außerdem fest, dass das EUIPO in seiner Entscheidung weder seine Begründungspflicht noch die Verteidigungsrechte verletzt habe. Auch gebe es keinen Verstoß gegen die Grundsätze der Rechtssicherheit, der Gleichbehandlung und der ordnungsgemäßen Verwaltung.

Das Außergewöhnlichste an der Entscheidung dürfte sein, dass Andorra im Verfahren vortrug, für die Erbringung von Finanzdienstleistungen nicht bekannt zu sein. Dabei ist Andorra als Finanz- und Steuerparadies mit entsprechendem Angebot bekannt.

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