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Stromanbieter: Gericht verbietet Preiserhöhung für Neukunden bei Grundversorgung

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Preiserhöhung Grundversorgung
Photo by Matthew Henry on Unsplash

Nicht nur die Gas- und Benzinkosten steigen. Auch die Stromkosten schnellen in die Höhe. Es scheint so, als seien in erster Linie Neukunden von der Preissteigerung betroffen. Das Landgericht Frankfurt entschied nun, dass es Energieversorgern verboten ist, von Neukunden für die Grundversorgung oder Ersatzversorgung höhere Preise zu verlangen als von Bestandskunden. Somit dürften die höheren Strompreise bei neuen Verträgen nicht weitergegeben werden.

Tarife der Grundversorgung gelten für alle 

Vielen Stromkunden wird gerade der Stromvertrag gekündigt. Daraufhin wechseln diese häufig in die Grundversorgung der regionalen Anbieter. Doch dort erwartet sie nicht selten der nächste Schock.

Der Ökostromversorger Lichtblick hatte das Unternehmen Mainova im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes auf Unterlassung in Anspruch genommen. Denn der Energieversorger belieferte seine Kunden zu unterschiedlichen Preisen und stellte dabei auf das Datum des Vertragsschlusses ab. Das Unternehmen forderte teilweise bis zu 245 Prozent Aufschlag für Neukunden. So verlangte Mainova von Neukunden in der Grund- und Ersatzversorgung Anfang Januar 79,88 Cent pro Kilowattstunde, während Bestandskunden 32,61 Cent zahlten. Im Februar setzten sie den Preis zwar wieder auf 57,70 Cent – eine Gleichbehandlung blieb trotzdem aus.

Der Ökostromversorger Lichtblick sah darin einen Verstoß gegen das Gesetz über Elektrizitäts- und Grundversorgung (EnWG).

Preiswucher von Strom-Grundversorgern

Verbraucherinnen und Verbraucher dürfen nun auf besseren Schutz vor Preiserhöhungen in der Energiekrise hoffen. Das Landgericht Frankfurt (LG Frankfurt, Urteil v. 14.2.2022, Az. 3-06 O 6/22) entschied, dass es dem Energieversorger Mainova nicht gestattet ist, von Neukundinnen und -kunden in der Grund- und Erstversorgung höhere Preise zu verlangen, als von Bestandkunden. 

In der unterschiedlichen Behandlung der Kunden liege ein wettbewerbswidriger Verstoß gegen §§ 36 Abs. 1 S. 1, 38 Abs. 1 EnWG. Diese Vorschriften regeln die Grundversorgungspflicht und die Ersatzversorgung mit Energie, wonach das Energieversorgungsunternehmen unter anderem für Netzgebiete, in denen sie die Grundversorgung von Haushaltskunden durchführen, Allgemeine Bedingungen und Allgemeine Preise für die Versorgung […] öffentlich bekannt zu geben und im Internet zu veröffentlichen und zu diesen Bedingungen und Preisen jeden Haushaltskunden zu versorgen hat. 

Daher untersagte das Gericht dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Verfügung, für das Netzgebiet zum einen Allgemeine Preise für die Versorgung öffentlich bekannt zu machen und/ oder anzubieten, deren Höhe je nach Beginn der Grund- oder Ersatzversorgung unterschiedlich ist. Zum anderen dürften keine Preise abgerechnet und/ oder verlangt werden, die je nach Beginn der Grund- und Ersatzversorgung von den Arbeitspreisen anderer Kunden abweichen.

Ausnutzung der Zwangslage der Stromkunden

Das Landgericht stoppte den Preiswucher und wertete die Preiserhöhung als eine Ausbeutung der Zwangslage „gestrandeter“ Stromkunden. Mit der Entscheidung schoben die Richter der Selbstbedienungsmentalität des Grundversorgers einen Riegel vor. 

Jedoch muss die Preiserhöhung auch von zwei Seiten gesehen werden. Denn mehr Kunden, bedeutet auch ein teurer, kurzfristiger Einkauf von Strom. Das aus dem Grund, dass die Grundversorger von heute auf morgen zusätzliche Strom- und Gasmengen im Energiehandel einkaufen müssen. Das kann vor allem bei den Grundversorgern für einen erheblichen und vor allem ungeplanten Anstieg an Ausgaben bedeuten, was auch für das jeweilige Energieunternehmen zu wirtschaftlichen Schwierigkeiten führen kann. 

Zwar wären die Kunden benachteiligt, die zu einem späteren Zeitpunkt die Grundversorgung nutzen und dafür höhere Preise zahlen müssen. Allerdings könnte dies gerechtfertigt sein, da ansonsten die bestehenden Kunden kurz- oder langfristig erhöhte Preise zahlen müssten. Außerdem urteilte das OLG Köln jüngst, dass der Grundsatz der Preisgleichheit aus dem EnWG vielmehr dahingehend zu verstehen sei, dass die Energielieferung zu den veröffentlichten Preisen erfolgen und nicht ohne Bezug dazu angeboten werden darf. 

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