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Täuschung über die Identität eines Anbieters auf Amazon

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Identitätstäuschung Anbieter Amazon
Myriam Jessier on Unsplash

Der Staubsauger funktioniert nicht mehr? Ein neuer muss her. Der erste Gedanke? Google.  Auf der ersten Seite werden meist – werbefinanzierte – Produkte angeboten.  Amazon präsentiert: „Vorwerk Staubsauger“.

Der erste Klick – der erste Schock. Auf der Amazon Plattform sucht der Kunde vergebens nach dem angepriesenen „Vorwerk Staub-sauger“. Er findet lediglich zum Teil gebrauchte Vorwerk Staubsauger und Zubehör.

 Der BGH hat in seinem Urteil (BGH, Urteil v. 15.10.2020, Az. I ZR 210/18) festgestellt, dass eine Täuschung über die Identität eines Anbieters auf Amazon zwar kein Markenrecht verletzt, wohl aber eine irreführende Geschäftshandlung nach § 5 I 2 Nr. 1 UWG darstellt.

Kampf der Titanen

Die Klägerin vertreibt Staubsauger nebst Ersatzteilen und Zubehör sowohl im Direktvertrieb als auch über den Handel und einen eigenen Onlineshop. Zudem ist sie Inhaberin der Wort und Wort-Bild-Marke „Vorwerk“ sowie der Wortmarken „Kobold“ und „Tiger“.

Der Beklagte wiederum gehört dem Amazon-Konzern an, der eine Internetplattform betreibt. Neuwertige Vorwerk Staubsauger findet man vergebens. Um Kunden auf die Amazon Plattform zu locken, bucht der Beklagte bei der Suchmaschine Bing die Begriffe „Vorwerk“, „Kobold“ und „Tiger“. Was bedeutet das genau? Gibt der Kunde auf Bing „Vorwerk Staubsauber“ ein, so erscheint die Anzeige des Beklagten. Klickt der Kunde anschließend auf die Seite, so werden lediglich zum Teil gebrauchte Original-Produkte der Klägerin, zum Teil Produkte anderer Hersteller angeboten.

Täuschung über Identität eines Anbieters – eine Markenrechtsverletzung?

Ein solches Vorgehen hat die Klägerin nicht geduldet. Sie mahnte den Beklagten ab. Eine solche Zeichenverwendung verletze ihre Markenrechte. Doch der BGH war anderer Meinung. Die Herkunftsfunktion der Marke sei nicht berührt, auch wenn der Anbieter den Verkehr darüber täuscht, Vorwerkstaubsauger auf seiner Plattform zu verkaufen.

Doch wann ist die Herkunftsfunktion einer Marke nach Auffassung des BGH dann verletzt?

Die Herkunftsfunktion sei nur dann verletzt, wenn über die betriebliche Herkunft der mit der Marke beworbenen Produkte getäuscht werde, nicht dann, wenn die Täuschung allein die Identität des Anbietenden betreffe. Im Klartext: Da auf der Plattform des Beklagten Produkte der Marke „Vorwerk“ – hier lediglich gebrauchte Original-Produkte sowie Zubehör und Produkte anderer Hersteller – angeboten werden, habe der Beklagte nicht über die betriebliche Herkunft getäuscht. Denn nur diese sei entscheidend.

Täuschung über Identität eines Anbieters – zumindest irreführend nach § 5 I 2 Nr. 1 UWG?

Der erste Klick – der erste Schock. Auf der Amazon Plattform findet der Kunde den über die Suchmaschine angepriesenen „Vorwerk Staubsauger“ nicht mehr, sondern lediglich gebrauchte Staubsauger sowie Zubehöre anderer Hersteller. Stellt dieser Umstand zumindest eine irreführende Geschäftshandlung dar?

Der BGH: ja! Die Täuschung darüber, dass ein bestimmter Markenhersteller auf einer Online-Plattform seine Produkte vertreibe, stelle ein wesentliches Merkmal dieses Dienstleistungsangebots im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 Nr. 1 UWG dar.

Warum? Da die Auswahl und Qualität des Waren- und Serviceangebots gerade von der Zusammen-setzung des Anbieterkreises abhängt. Vergleichbar mit einem Wochenmarkt. Die Attraktivität eines Wochenmarktes sowie die Auswahl und Qualität der Waren hängt ebenfalls von der Zusammensetzung der Markthändler ab.

Praxistipp

Die Verwendung von sogenannten „Google Ads“, also der Buchung von Keywords bei Suchmaschinen ist ein probates und werbewirksames Mittel, um die Attraktivität der Plattform zu erhöhen, Kunden auf die Internetseite zu locken und sie langfristig an die Plattform zu binden.

Bei der Schaltung von „Google Ads“ o.ä. sind aber Abmahnungen nicht weit entfernt. Eine vorherige Überprüfung eines solchen Vorhabens durch eine auf das Wettbewerbsrecht spezialisierte Kanzlei ist empfehlenswert.

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