Der Streit der Fotografen: LG Neuruppin entscheidet zugunsten Social Media-Werbung mit Presseartikeln
Im Zeitalter des Selfies, in dem (fast) jede und jeder mit ihrem oder seinem Smartphone ständig eine Kamera bei sich trägt (und davon auch rege gebraucht macht), haben es professionelle Fotografen nicht leicht. Entsprechend umkämpft sind die Marktanteile.
In einem Verfahren vor dem Landgericht Neuruppin wollte ein Fotograf seinem Konkurrenten per einstweiliger Verfügung untersagen lassen, bestimmte Presseartikel in den einschlägigen Social Media-Kanälen zu posten, Berichte, in denen über diesen neuen Konkurrenten wohlwollend berichtet und behauptet wurde, er, der Konkurrent, sei der „neue Stadtfotograf“, mehr noch: „einziger professioneller Fotograf“ in der Stadt.
Das wollte der alteingesessene Fotograf nicht hinnehmen und verlangte Unterlassung. Das LG Neuruppin wollte ihm jedoch nicht folgen und wies die Klage ab (LG Neuruppin, Urteil vom 28.7.2022, Az. 2 O 130/22, nicht rechtskräftig).
Unterlassen kann man nur, was man zuvor getan hat
Inhaltlich wies der Antrag erhebliche Mängel auf. Der neue Fotograf hatte lediglich den Artikel aus dem „Wochenspiegel“ auf seinen Social Media-Konten veröffentlicht, nicht aber den aus dem „Prignitzer“. Insoweit kann sich die beantragte einstweilige Verfügung gar nicht auf die Veröffentlichung von Aussagen erstrecken, die im „Prignitzer“-Artikel stehen, nicht aber in dem Beitrag des „Wochenspiegel“. Weiterhin hatte der Fotograf den „Wochenspiegel“-Artikel so gekürzt, dass Teile des Textes, die Gegenstand des Unterlassungsbegehrens gewesen sind, graphisch abgeschnitten wurden und somit gar nicht zu lesen waren. Er hatte also schon bei der Veröffentlichung dafür gesorgt, dass diese Passagen gerade nicht Teil der Werbewirkung werden konnten. Unterlassen kann man nur, was man zuvor getan hat – der Antrag läuft ins Leere. Und: Soweit die Aussagen den Tatsachen entsprechen, seien sie ohnehin nicht zu beanstanden, so das Gericht. Was wahr ist, darf man sagen – und posten. Eine Irreführung durch die Wahrheit gibt es nicht.
Erst mal Urlaub! – Doch nicht so eilig?
Auch formal konnte der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nicht überzeugen, setzt diese doch eine besondere Dringlichkeit voraus. Diese könne zwar, so das LG Neuruppin, in dem vorliegenden Fall grundsätzlich angenommen werden, allerdings widerspreche ihr der klagende Fotograf selbst mit seinem Verhalten, das erheblich zur Verfahrensverzögerung beitrug. So hatte er einen Antrag auf Terminsverlegung gestellt, weil er am Tag vor der angesetzten Verhandlung erstmal in den Urlaub fahren wollte. Daraus schlossen die Neuruppiner Richter folgerichtig, dass es ihm wohl doch nicht so eilig war: „Vor diesem Hintergrund kann eine Dringlichkeit nicht mehr angenommen werden“. Da kann man wohl nur noch sagen: Bitte lächeln!
Der Beitrag stammt von unserem freien Autor Josef Bordat. Er ist Teil unserer Reihe “Berichte aus der Parallelwelt”. Dort werfen Autoren aus anderen Fachbereichen einen Blick auf die Rechtswissenschaft in Theorie und Praxis. Die Beiträge betrachten, anders als unsere sonstigen Fachbeiträge Begebenheiten und Rechtsfälle daher auch nicht juristisch, sondern aus einem völlig anderen Blickwinkel. Aus welchem, das soll der Beurteilung der Leser überlassen bleiben. Interessant wird es, wie wir meinen, allemal.