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AGB-Klauseln im Geschäftsverkehr: Langjährige Geschäftsbeziehung genügt nicht für Einbeziehung in Vertrag

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Das BGB regelt in den §§ 305 ff. BGB die Einbeziehung und Geltung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB).

Hierbei wird grundsätzlich zwischen dem geschäftlichen Geltungsbereich und dem Geltungsbereich gegenüber Verbrauchern unterschieden – wobei letzterer einen höheren Schutz bietet. Denn bei Verträgen zwischen Unternehmen gelten manche Einbeziehungsregeln gerade nicht.

Nichtsdestotrotz ist auch im unternehmerischen Verkehr eine rechtsgeschäftliche Einbeziehungsvereinbarung erforderlich, wenn auch unter wesentlich erleichterten Voraussetzungen.

Das AG Frankenthal entschied diesbezüglich, dass auch im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern Allgemeine Geschäftsbedingungen nur durch entsprechende Vereinbarungen in den Inhalt eines geschlossenen Vertrages einbezogen werden.

Streit über Schadensersatzansprüche

Die Parteien stritten um Schadensersatzansprüche aus einem Vertrag über die Anmietung einer Maschine. Der Beklagte, der bereits mehrfach bei der Klägerin Geräte angemietet hatte, mietete erneut zwei Geräte für seinen Weinbaubetrieb. In dem Mietpreis war auch ein Betrag in Höhe von 20,00 € für eine Versicherung des angemieteten Baggers enthalten. Bei der späteren Abholung des Gerätes stellte die Klägerin einen Schaden am Hydraulikkolben fest, den sie anschließend reparierte und daraufhin dem Beklagten das beschädigte Bauteil aushändigte.

In der Folgezeit mietete der Beklagte erneut einen Bagger desselben Typs bei der Klägerin. Er zahlte der Beklagten in diesem Zuge einen Gesamtbetrag für die Anmietung, wobei zunächst noch ein Restbetrag aus den beiden Rechnungen verblieb. Die Klägerin war der Ansicht, über den noch offenen Rechnungsbetrag hinaus schulde der Beklagte ihr Ersatz für den Schaden an dem Hydraulikkolben. Die abgeschlossene Versicherung entlaste den Beklagten nicht, weil die Schadenshöhe 2.000, – € nicht übersteige und die Reparaturkosten daher aufgrund des gemäß ihrer „Allgemeinen Mietbedingungen“ vereinbarten Selbstbehalts vom Beklagten zu tragen seien. Sie ist weiter der Ansicht, die Allgemeinen Mietbedingungen sowie ihre Allgemeinen Haftungsbeschränkungen seien auch vereinbart worden. Zum einen seien dem Beklagten die Bedingungen aufgrund der langjährigen Geschäftsbeziehungen bekannt. Zum anderen lägen diese bei dem für die Anmietung zuständigen Mitarbeiter, bei dem der Beklagte vor Anmietung persönlich vorgesprochen habe, aus und seien zusammen mit der Preisliste ausgehändigt worden.

In diesen „Allgemeinen Haftungsbeschränkungen“ der Klägerin heißt es u.a.:

„2. Haftungsbeschränkung

Sofern der Mieter über keine eigene Maschinenversicherung verfügt, welche die üblichen mit dem Betrieb der Maschine verbundenen Risiken im Sinne einer Vollkaskoversicherung abdeckt, ist er zum Abschluss einer Haftungsbeschränkung über unser Haus verpflichtet, der aktuelle Preis beträgt 10 % des Mietpreises. Die Berechnung der Gebühr für die Haftpflichtversicherung erfolgt kalendertäglich. […]

6. Umfang der Haftungsbeschränkung

6.1 Auch wenn der Mieter in den Genuss einer Haftungsbeschränkung nach dieser Vereinbarung gelangt, trägt er den nachstehenden Selbstbehalt: Bei Diebstahl und Unterschlagung: 10 % des Netto-Wiederbeschaffungswertes der beschädigten Mietgegenstände, pro Schadensfall, mindestens aber 2.000,00 €. Bei Einbruchsdiebstahl, Raub und sonstigen Schadensfällen beträgt der Selbstbehalt bei einem
– Einsatzgewicht bis 6 t: 2.000,00 € […] pro Schadensfall; maßgeblich ist das Gesamtgewicht der jeweiligen Mietmaschine.“

Eine parallele Regelung findet sich zusätzlich in den „Allgemeinen Mietbedingungen“ der Klägerin.

Der Beklagte argumentierte sodann, dass er aufgrund der abgeschlossenen Versicherung ohnehin nicht für etwaige Schäden an der Mietsache hafte. Die Klausel wonach der Mieter unabhängig vom Wert des gemieteten Gegenstandes einen Selbstbehalt in Höhe von 2.000, – € zu tragen habe, sei überraschend und unangemessen benachteiligend. Im Übrigen sei das Bedingungswerk schon gar nicht wirksam in den Mietvertrag einbezogen worden.

Keine automatische AGB-Einbeziehung im B2B-Bereich

Das Amtsgericht Frankenthal (AG Frankenthal, Urteil v. 26.02.2021, Az. 3c C 167/20) wies die Klage ab. Aus gutem Grund! Unabhängig davon, ob ein Anspruch auf Schadensersatz aus mietrechtlichen Regelungen bestehen würde, müsse hier ein solcher abgelehnt werden, so das Gericht. Denn der Mietgegenstand war unstreitig gegen Schäden versichert. Der Verweis auf die „Allgemeinen Mietbedingungen“ sowie die „Allgemeinen Haftungsbeschränkungen“ und die darin enthaltene Selbstbeteiligung könne hier nicht berücksichtigt werden.

Denn AGB gelten trotz der Einschränkung in § 310 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) für Verträge mit Unternehmen jedoch nur, wenn sie durch entsprechende Vereinbarung Vertragsinhalt geworden sind. Dabei könne weder eine längerfristige Geschäftsbeziehung noch ein entsprechender Hinweis bei früheren Geschäften für eine Einbeziehung genügen. Vielmehr sei jeder Vertrag dahingehend einzeln zu prüfen. Es bedürfe dann bei jedem konkreten Vertrag neben der zumutbaren Möglichkeit der Kenntnisnahme des Inhalts der AGB zumindest eines Hinweises auf die beabsichtigte Einbeziehung.

Unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners

Letztlich komme es aber auf die Einbeziehung der AGB in diesem Fall gar nicht an. Die in den Allgemeinen Haftungsbeschränkungen sowie den Allgemeinen Mietbedingungen enthaltenen Klauseln über den zu übernehmenden Selbstbehalt, trotz des Bestehend einer Versicherung, benachteiligen den Beklagten unangemessen und seien daher nach § 307 Abs. 1 BGB unwirksam. Zweck des § 307 Abs. 2 BGB sei es, das in § 307 Abs. 1 BGB niedergelegte Verbot „unangemessener Benachteiligung“ dadurch zu konkretisieren, dass typische rechtliche Kriterien angegeben werden, bei deren Vorliegen im Zweifel eine solche Benachteiligung anzunehmen ist. Demnach ist eine unangemessene Benachteiligung unter anderem dann anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Mit diesem Grundsatz seien die in den AGB der Klägerin enthaltenen Regelungen hinsichtlich des Abschlusses einer Schadensversicherung mit Selbstbehaltsklausel aber gerade nicht in Einklang zu bringen.

Auf der einen Seite würde jeder Vertragspartner der Klägerin verpflichtet, eine Versicherung abzuschließen, welche Risiken im Sinne einer Vollkaskoversicherung abdecken – was nicht zu beanstanden sei, weil sie grundsätzlich sowohl den Mieter als auch den Vermieter vor hohen Kosten bewahrt. Andererseits ergebe sich dann aber durch die Regelung über den vom Mieter stets zu tragenden Selbstbehalt der „Allgemeinen Haftungsbeschränkung“ eine relativ offensichtliche unangemessene Benachteiligung des Mieters und damit die Unwirksamkeit der entsprechenden Klausel. Denn aufgrund der Regelungen zur Selbstbeteiligung des Mieters bei Eintritt des Versicherungsfalls, wonach dieser einen Schaden von bis zu 2.000, – € in jedem Fall zu tragen hat, erweise sich die Versicherung für ihn in dieser Konstellation als vollkommen wertlos. Der Zwang eine Versicherung abzuschließen biete dem Vertragspartner im Schadensfall im Enddefekt keinerlei Schutz, so die Richter. Dies widerspreche dem Grundgedanken der Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung in besonderer Weise.

Langjährige Geschäftsbeziehung genügt nicht für Einbeziehung in Vertrag

Das Ende vom Lied: Jeder konkrete Vertrag muss einzeln geprüft werden. Dies nahmen sich auch die Richter am AG Frankenthal zu Herzen und kamen zu dem Entschluss, dass auch im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern Allgemeine Geschäftsbedingungen nur durch entsprechende, im Einzelfall darzulegende und zu beweisende Vereinbarung in den Inhalt eines geschlossenen Vertrags einbezogen werden.

Der Umstand, dass zwischen den Parteien langjährige Geschäftsbeziehungen bestehen und die AGB bei früheren Geschäften Bestandteil des jeweiligen Vertrages war, könne als Nachweis eben nicht ausreichen.

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