Mehrfach ausgezeichnet.

Focus Markenrecht
en

NFTs: Eine urheberrechtliche Betrachtung

Ihr Ansprechpartner
NFT Urheberrecht
ArtemisDiana – stock.adobe.com

Im Jahr 2021 ist der Non-Fungible-Token-Markt (NFT) förmlich explodiert. Unter anderem konnten wir den Verkauf einzigartiger Krypto-Assets in Form von NFTs in den Bereichen Kunst und Sport beobachten. Dabei wurden wir Zeugen exorbitanter Preise – ein NFT des Digital Artist Beeple ging für umgerechnet ca. 69,3 Millionen US-Dollar über die digitale Ladentheke. Doch wie kann aus einem urheberrechtlich geschützten Werk so „leicht“ ein NFT werden, dem solch ein Wert zukommt?

Urheberrechtlich stellen sich einige Fragen, die in den Verträgen beantwortet werden müssen. Dies gibt Anlass, den Verkaufsvorgang aus urheberrechtlicher Perspektive zu beleuchten.

Tausche Leinwand gegen Zeichenprogramm

Um den oben genannten Vorgang einmal zu verdeutlichen: Leinwand und Pinsel werden immer mehr gegen Zeichenprogramm und Grafiktablett eingetauscht. Problem daran: die dann entstandenen digitalen Schöpfungen lassen sich ohne Qualitätsverlust vervielfältigen, sodass dem Original nicht mehr sein bisheriger Stellenwert zukommt. Und genau dort sollen die NFTs ansetzen, indem diese die „Einzigartigkeit des Originals“ als Zertifikat in Form eines feststellenden „Eigentumsnachweises“ sichern sollen. Doch wie genau wird dann der Urheber des ursprünglichen Werkes geschützt und welche Rechte gehen mit dem Verkauf eines NFTs auf einen Käufer über?

Angesichts der nicht unbeträchtlichen Geldsummen, die Künstler mit dem Verkauf von NFTs verdienen, fühlen sich viele Künstler nachvollziehbarerweise durch die Erstellung von NFTs in ihren Rechten beeinträchtigt und machen Urheberrechtsverletzung geltend.

Urheberrecht und NFT

Wenn es zu einer urheberrechtlichen Bewertung rund um das Thema NFT kommen soll, ist es in erster Linie unabdingbar eine urheberrechtliche Einordnung des NFTs selbst vorzunehmen. An sich unterliegen die NFTs als Dateieinheit nicht dem Urheberrecht, da sie auf einer computergenerierten Zeichenkette basieren und damit nicht die Anforderungen, die laut Urhebergesetz (UrhG) für eine geistige Schöpfung gelten, erfüllen. Sie repräsentieren also „nur“ den dahinter liegenden Vermögenswert und sollen die Eigentumsverhältnisse abbilden.

Zu beachten ist zunächst, dass es laut dem Urheberrechtsgesetz prinzipiell nur dem Urheber gestattet ist, für sein Werk ein NFT zu erstellen. Denn bereits der dafür notwendige Upload auf eine entsprechende Handelsplattform ist als Vervielfältigung gemäß § 16 Abs. 1 UrhG zu bewerten und diese Handlung steht grundsätzlich nur dem Urheber zu. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn er einem Dritten zuvor Rechte eingeräumt hat. Sofern mit dem NFT-Verkauf – wie üblich – auch eine Vorschau des Werkes präsentiert wird, liegt in dieser Vorschau die öffentliche Zugänglichmachung im Sinne des § 19a UrhG.

Erstellung eines NFT

Nicht ganz unproblematisch ist zudem die rechtliche Bewertung der Erstellung eines NFT an sich. Für die Erstellung eines NFTs kommt zunächst in Betracht, ein Recht zur öffentlichen Wiedergabe iSd. § 15 Abs. 2 UrhG zu fordern. Doch auch dann steht dies zunächst grundsätzlich dem Urheber zu. Allerdings ist diese rechtliche Einordnung nicht zwingend. Es ist ebenso gut vorstellbar, dass NFTs keine urheberrechtliche Relevanz zukommt, sondern die Inhaberschaft am NFT isoliert von etwaigen Urheberrechten zu sehen ist. Kurzer Blick ins „Real-life“: Der Käufer eines physischen Gemäldes erwirbt auch nur das Recht auf einen uneingeschränkten Werkgenuss. Danach zufolge genießen NFTs keinen urheberrechtlichen Schutz.

Folgt man der zuletzt genannten Einordnung, wirft dies jedoch ein Problem und damit folgende Frage auf: Wie kann ein Urheber dagegen vorgehen, wenn sich ein unberechtigter Dritter anmaßt, von einem urheberrechtlich geschützten Werk ein NFT zu erstellen und in den Umlauf zu bringen? Denn bei der fehlenden Anwendbarkeit des Urheberrechts wäre ein urheberrechtlicher Schutz natürlich zwangsläufig nicht gewährleistet. Zwar bleibt eine Einordnung als „sonstiges Recht“ im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB. Allerdings wurden Computerdaten bis zum jetzigen Zeitpunkt nie als „Sonstiges Recht“ anerkannt. Hier bedarf es zukünftig aber womöglich eines Umdenkens, da NFTs die Erkennbarkeit des Originals ermöglichen und so einer bestimmten Person zugeordnet werden kann.

Bewertung des Veräußerungsvorgangs eines NFTs

Etwas anders sieht es hingegen bei dem Verkauf eines NFTs aus. Grundsätzlich fällt der Verkauf urheberrechtlich geschützter Werke in den Schutzbereich des Urheberrechts und bedarf der Zustimmung eines Urhebers. Und oftmals liegt ein solches urheberrechtliches Werk den NFTs zugrunde, deren Eigentums- oder Inhaberschaftslage sie als Zertifikat darstellen sollen.

Dazu ein kurzer Blick auf den Prozess vom Erstellen bis zum Verkauf des NFT: Das Erstellen eines NFTs führt zu einem Eintrag in der Blockchain, der den Ersteller als „Creator“ und „Owner“ bezeichnet, aber eben nicht den eigentlichen Urheber des zugrunde liegenden Kunstwerks. Die Zuordnung bezieht sich unmittelbar also lediglich auf den aktuellen Status des NFTs und nicht auf den Status des zugrunde liegenden Kunstwerks. Die einzige, unmittelbare Folge der NFT-Transaktion ist also, dass ein Erwerber die Inhaberschaft am NFT zweifelsfrei vom tatsächlichen derzeitigen Inhaber des NFTs erlangt. Allerdings ist das NFT selbst nur ein elektronischer Datensatz, der außerhalb der Blockchain bis dato keinerlei rechtsbegründende Wirkungen entfaltet. Es handelt sich um einen rein virtuellen Gegenstand, den sein Ersteller mit einem bestimmten Content, wie z.B. einem urheberrechtsfähigen Kunstwerk, verknüpft hat. Diese Verknüpfung ist durch den Hashwert der Datei zwar eindeutig dokumentiert, der Sache nach aber nur virtueller Natur.

Zusammenfassend gilt: Der NFT ist nicht das Kunstwerk selbst, sondern repräsentiert leidglich das Kunstwerk, indem er durch verschiedene Verweisketten verknüpfend auf das Werk Bezug nimmt. Aus diesem Grund bleibt auch eine mögliche Verletzung von Urheberpersönlichkeitsrechten zu diskutieren. Denn zumindest, wenn Dritte einfach NFTs von fremden Werken erstellen, scheint eine Verletzung dieses Rechts nicht ausgeschlossen.

Sind vertragliche Lizenzvereinbarungen im Rahmen einer NFT-Transaktion erforderlich?

Dieser Frage bedarf es, weil NFTs meist auf urheberrechtsfähige Werke verweisen. Dazu bedarf es eines kurzen Blicks auf den Urheberrechtsschutz eines Werkes. Prinzipiell entsteht dieser bekanntermaßen mit der Schaffung des Werks, unabhängig davon, ob dieses schon veröffentlicht ist oder veröffentlicht werden soll. Urheber ist daher der Schöpfer eines Werks und kann nur derjenige sein, der an der Schöpfung selbst real und unmittelbar mitgewirkt hat. Aus diesem Grund kann im Rahmen einer Veräußerung nicht vertraglich vereinbart werden, dass jemand als Urheber angesehen werden soll, der zur Schaffung keinen unmittelbaren Beitrag geleistet hat. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass die Urheberschaft des abgebildeten assets auch beim Verkauf von NFTs nicht übergehen kann. Es gibt jedoch die Möglichkeit durch Lizenz-(Vereinbarungen) – Nutzungsrechte über das Werk – diesem Rechte einzuräumen.

Ob mit einer NFT-bezogenen Transaktion Rechtsfolgen urheberrechtlicher Natur verbunden sind, hängt letztlich also vom rechtsgeschäftlichen Willen der Parteien ab. An diesen Punkt knüpft dann die individuelle Formulierung von Lizenzbedingungen an. Denn für diese ist ausschlaggebend, auf welchen konkreten Umfang sich die Parteien hinsichtlich der Rechteeinräumung rechtsgeschäftlich einigen wollen.

Das zeigt also, dass der (Weiter)-Verkauf von NFTs aus urheberrechtlicher Sicht weitestgehend unproblematisch ist. Denn beim reinen Weiterverkauf kommt es zu keinen urheberrechtsrelevanten Nutzungshandlungen.

Praxishandbuch Anspruchsdurchsetzung im Wettbewerbsrecht

2., vollständig überarbeitete und aktualisierte Auflage

Chronologisch aufgebaut, differenzierte Gliederung, zahlreiche Querverweise und, ganz neu: Umfangreiche Praxishinweise zu jeder Prozesssituation.

Mehr erfahren

Praxishandbuch Anspruchsdurchsetzung im Wettbewerbsrecht