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Irreführung durch Unterlassen: Rechtsformzusatz – Pflicht für Unternehmen im Falle einer „Aufforderung zum Kauf“

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Rechtsformzusatz Aufforderung zum Kauf GbR
N. Theiss – stock.adobe.com

Jeder kennt es: Sucht man in Prospekten nach etwas Bestimmten, so tauchen bei der Suche unzählige Werbeanzeigen auf.

Sie sollen zum Kauf animieren. Kurz und präzise formuliert – das beworbene Produkt, sowie das vertreibende Unternehmen deutlich zu erkennen.  Doch welcher Angaben bedarf es bei solch einer Werbeanzeige wirklich?

Muss jedes Unternehmen die Unternehmensbezeichnung nennen? Wenn ja; welche Anforderungen gibt § 5 a Abs. 3 Nr. 2 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) vor?

Das Oberlandesgericht Hamm entschied kürzlich: die Veröffentlichung einer Werbeanzeige durch einen Unternehmer bedarf neben der Nennung des Namens auch der Nennung seiner Rechtsform – es handele sich dabei um eine wesentliche Information.

Printwerbung ohne Rechtsformzusatz „GbR“ unzulässig?

Der Beklagte – Gesellschafter einer GbR – schaltete eine Werbeanzeige für den Verkauf von Reifen unter der Bezeichnung „Reifen-Zentrale S. & R.“.

Daraufhin versandte der Kläger ein Abmahnschreiben an den Beklagten. Die Werbeanzeige verkörpere eine „Aufforderung zum Kauf“ im Sinne des § 5 a Abs. 3 UWG und daher sei der werbende Unternehmer dazu verpflichtet, seine Identität anzugeben. Diesen Anforderungen sei der Beklagte, mangels Nennung seines Rechtsformzusatzes, gerade nicht nachgekommen.

So ließe die reine Aufführung des Namens nicht erkennen, ob es sich um eine natürliche Person oder um eine Gesellschaft handele. Die Klage wurde zunächst abgewiesen, die dagegen gerichtete Berufung hatte hingegen Erfolg.

Identität und Anschrift als wesentlicher Bestandteil einer „Aufforderung zum Kauf“

Eine „Aufforderung zum Kauf“ gem. § 5 a Abs. 3 UWG setze voraus, dass sich der Verbraucher anhand der Mitteilung/Werbung ein Bild über die Beschaffenheit und die Merkmale der angebotenen Leistung machen könne. Nur so sei eine geschäftliche Entscheidung zu treffen.

Die geschäftliche Handlung – das Veröffentlichen der streitgegenständlichen Werbeanzeige – sei unlauter, da sie dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthält. Doch welche Informationen können tatsächlich als wesentlich angesehen werden?

Darunter seien vor allem solche Angaben zu verstehen, die für die informierte geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers von herausgehobener Bedeutung sind. Die Wesentlichkeit habe eine Doppelfunktion – sie solle einerseits gewährleisten, dass der Verbraucher für seine Entscheidung notwendige und unverzichtbare Informationen erhält, ohne dass er sich andererseits einem „Informationsüberfluss“ unterziehen müsse.

So sei eine Information letztendlich als wesentlich anzusehen, wenn es sich dabei um einen bestimmenden Faktor für die geschäftliche Entscheidung handele und eine Angabe unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen vom Unternehmer erwartet werden kann.

Das zeige, dass der Anknüpfungspunkt für die Bestimmung der Wesentlichkeit primär die informierte geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers sei und nicht bereits jedes mögliche Interesse eines kritischen Verbrauchers.

OLG Hamm: Die Identität eines Unternehmers

Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm (OLG Hamm, Urteil v. 18.2.2020, Az. 4 U 66/19) sah die Klage als zulässig und begründet an. Es handele sich bei der streitgegenständlichen Werbeanzeige um eine „Aufforderung zum Kauf“ im Sinne des § 5 a Abs. 3 UWG.

Im Rahmen dessen sei über die Identität des Unternehmers nach § 5 a Abs. 3 Nr. 2 UWG hinreichend zu informieren – dazu gehöre neben seinem Namen auch die Rechtsform. Denn Angaben zur Identität sind alle Informationen, um den Unternehmer für den Verbraucher tatsächlich erkennbar zu machen. Dies stehe auch mit dem Schutzzweck der genannten Regelung in Einklang: Der Verbraucher solle den Ruf des Unternehmens sowie seine wirtschaftliche Bonität und Haftung einschätzen können.

Unabhängig von der gesellschaftsrechtlichen Pflicht, einen Rechtsformzusatz zu tragen, bestehe jedenfalls auf lauterkeitsrechtlicher Ebene die Pflicht, dass die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) in den Fällen des § 5 a Abs. 3 UWG zusätzlich zu ihrem Namen auch auf ihre Rechtsform hinweise.

Konkretisierung des Begriffs der „Identität“

Durch die Entscheidung des Oberlandesgericht Hamm werde die Auslegung des Begriffs der „Identität“ eines Unternehmens im Sinne des § 5 a Abs. 3 Nr. 2 UWG in Bezug auf die Gesellschaft bürgerlichen Rechts konkretisiert.

Da es für GbRs, anders als für Personenhandels- uns Kapitalgesellschaften, bis jetzt an einer ausdrücklichen gesellschaftsrechtlichen Pflicht zur Angabe des Rechtsformzusatzes fehle, stelle die aus lauterkeitsrechtlicher Sicht festgelegte Pflicht eine wichtige Konkretisierung dar.

Das zeige, dass es nicht ausreiche bei Werbeanzeigen ausschließlich die gesellschaftsrechtlichen Pflichten im Auge zu haben.

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